Sebastian
Ich stehe noch immer wie angewurzelt an der Scheibe. Keira bewegt sich nicht. Es sieht aus, als würde sie schlafen. Ich lasse sie. Sie sieht so friedlich aus, dass ich es nicht über das Herz bringe sie zu wecken. Schon bald genug wird sie die nächste Schmerzwelle packen. Wer wäre ich, dass ich ihr diese kleine Atempause nicht gönne?
Seufzend setze ich mich auf den Stuhl, den ich mir aus der Küche mitgebracht habe. Bisher hatte ich noch keine Ruhe gehabt, mich auf das Möbelstück zu setzen. Erst jetzt kann ich mich ebenfalls ein wenig ausruhen bis die nächste Welle kommt. Zum Glück ist bis dahin noch ein wenig Zeit. Zumindest wenn es dieses Mal normal verläuft.
Ich raufe mir mal wieder meine Haare, als ich bemerke, dass jemand neben mir steht. „Apurva?", schrecke ich ein wenig zusammen. Sie nickt nur, legt ihre Hand beruhigend auf meine Schulter und lässt ihren Blick durch das Zimmer schweifen. „Ihr habt gute Vorkehrungen getroffen.", nickt sie anerkennend. „Danke, das war überwiegend das Werk meines Vaters." „Schmälere dich nicht, ich weiß von deinem Vater, dass du einige gute Ideen zur Verbesserung hattest." Ich nicke nur abewesend und kontrolliere wie schon tausend mal zuvor Keiras Atmung. Sie ist tiefer und ruhiger als sie es wäre, wenn sie wach ist. Sie schläft also noch und erholt sich. Apurva und ich schweigen eine Weile. „Du machst dir Sorgen.", stellt sie fest. „Natürlich mache ich mir Sorgen! Nach all dem was schon vorgefallen ist!" Apurva nickt verstehend ohne den Blick von Keira zu nehmen. „Ihr geht es gut, sie erholt sich." Das hatte ich zwar schon geahnt, aber es noch aus dem Mund von Apurva zu hören, lässt ein wenig der Anspannung aus meinem Körper. „Gut zu hören."
Ich höre, wie Apurvaleise ächzend ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagert. Sofort springe ich vom Stuhl auf. „Tut mir Leid. Ich habe nicht nachgedacht. Bitte setze dich doch!", biete ich ihr meinen Stuhl an. Sie bedankt sich und lässt sich langsam nieder. Ich beobachte sie dabei. Sie sieht schlecht aus.
„Was ist eigentlich passiert, Apurva?", frage ich direkt nach. Sie seufzt, schaut mich kurz an und dann gleich wieder zu Keira. „Ich ging gerade aus dem Krankenhaus, als mich jemand überfiel. Mir wurde etwas injiziert, dass mich fast bewegungsunfähig machte. Mein Verstand wurde durch dieses Zeug vernebelt. Ich weiß nicht mehr viel. Nur an den Schmerz und an diesen ekelhaften Raum mit dem vermoderten Gestank kann ich mich erinnern." Sie rümpfte die Nase. „Ich kann dir nicht sagen wer es gewesen ist. Ich habe niemanden gesehen. Wenn du mir einen gefallen tun willst, dann quetsche Frau Glanz aus. Ich vermute, dass sie es weiß und ihn sogar kennt. Aber es ist nichts aus ihr heraus zu bekommen. Sie versteckt alles hinter einer dicken Maske um niemandem zeigen zu müssen, dass es ihr schlecht geht." „Apurva, ich habe gerade wirklich besser zu tun, als diese Frau auszuquetschen." „Das weiß ich. Meinst du nicht, ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht wirklich wichtig wäre? Etwas großes braut sich zusammen und ich will wissen, womit wir es zu tun haben. Hast du nicht von den stümperhaften Angriffen auf die Kreaturen gehört?" „Doch, natürlich.", nicke ich beschwichtigend. „Ich bekomme das Gefühl nicht los, dass unsere Entführung und diese Angriffe irgendwie zusammen passen.", meint sie nachdenklich. „Wie kommst du darauf?", frage ich interessiert nach. „Weil mich dieser jemand nicht zum Spaß gefoltert hat. Er wollte eine Information. Sogar eine ziemlich wichtige. Niemand außer den Hütern weiß davon." „Hat er sie aus dir heraus bekommen?" Apurva zeigt zum ersten Mal seit ich sie kenne Sorgen und Angst. „Dummerweise ja. Was meinst du wohl, warum er nicht da war, als ihr kamt? Er hatte sein Ziel schon erreicht." „Welche Information war es?", frage ich eindringlich nach. Apurva mustert mich ebenfalls so stark, dass es mir vor kommt, als würde sie in meinen Kopf schauen. Sie nimmt mir den Schwur ab, diese Information höchst vertraulich zu behandeln und beschwört mich, diese niemals einem Außenstehenden, sprich niemals einer Person, die kein Hüter ist, preiszugeben. Da dieser Schwur bindend ist, mache ich mir keine Sorgen. Es wird niemals aus meinem Mund kommen, selbst wenn ich es wollte.
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The Hospital
FantasyKaum hat Keira ihre Arbeitsstelle angetreten, passen merkwürdige Dinge. Dinge, die sie schon einmal erlebt und verdrängt hat. Dinge, die sie nie wieder zu erleben gehofft hat. Dazu kommt, dass ihr erster Patient sie wie magisch anzieht und sie nich...