Kapitel 37 - Error vs. Orschwerbleede

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Ziellos renne ich herum. Ich vermeide tunlichst alle menschenvollen Straßen. Stattdessen nutze ich die engen, dunklen Gassen, die ich früher immer gemieden habe. Aus Angst, welches Pack sich wohl darin versteckt und mir schaden könnte. Nun, jetzt gehöre ich zu dem gefährlichen Pack. Und ich bin mir noch nicht ganz so sicher, wie ich das finden soll. Was hat mir das Ganze bis jetzt auch gebracht? Ich bin in diese Stadt gekommen, um vor meiner Vergangenheit zu fliehen und mir ein neues Leben aufzubauen. Was hat es mir am Ende gebracht… Probleme, so weit das Auge reicht.

Kein Zuhause, zu dem ich gehen kann, wo ich mich geborgen fühle. Keine Freunde oder Familie, die mich trösten könnten. Allein.

Kommt mir verdammt noch mal wie ein Déjà vu vor. An diesem Punkt war ich auch die letzten Jahre schon gewesen. Ein Grund, warum ich hierher gekommen bin. Ich habe mich erfolgreich im Kreis gedreht und bin wieder auf Punkt Null zurück gekehrt. Nicht, dass es mir hier besonders gefallen würde. Meine Schicksalsgöttin scheint mich nicht allzu sehr zu mögen…

Bei jedem Schritt pocht mein Kopf schmerzhaft. Er ist randvoll mit Rätseln und Situationen, die ich nicht lösen kann. Hätte ich irgendwo ein Display, würde wohl ERROR OVERLOAD drauf stehen. Oder wenn man ein Sachse ist: Orschwerbleede.

Ich verlangsame meine Schritte und bleibe in der Mitte zweier Gänge stehen, die sich kreuzen. Nebenbei registriere ich, dass mich das schnelle Rennen der letzten 15 Minuten nicht einmal meinen Puls beschleunigt hat. Wenigstens etwas Positives an der ganzen Lage. Sofort stürmen Fragen in meinen Kopf, die sich durch die körperliche Aktivität etwas zurück zurückdrängen lassen konnten. Was meinte Sebastians Vater mit: Sie fällt im Moment nur noch nicht über dich und dein Blut her, weil sie randvoll mit anderen Gefühlen ist, um Blutdurst zu empfinden. Was den Blutdurst angeht, bin ich wirklich abgelegt mit dem Chaos in meinem Kopf. Doch ich möchte lieber nicht allzu viel über mein neues Verlangen nach Blut nachdenken. Ich bin zu weit von jemand entfernt, der mich davon abhalten könnte, Menschen anzufallen. Kommen wir zur nächsten Frage. Was empfindet Sebastian wirklich für mich? Was war das vorhin in der Gasse? Wieso konnte ich ihnen Schmerzen zufügen? Bin ich dabei mich in ein Monster zu verwandeln?

Eine Sirene holt mich aus meinen Gedanken. Meine Beine laufen wie von selbst los. In die Richtung, aus der dieses seltsame Geräusch kommt. Es klingt ähnlich dem der Krankenwagen und dennoch anders. Ich muss mich nicht anstrengen, um das Gesuchte zu finden. Blitzschnell befinde ich mich am richtigen Ort, ich musste mich nicht mal dafür konzentrieren.

Was ich sehe, ist tatsächlich ein Krankenwagen. Nur unterscheidet sich dieser von denen die ich kenne, genauso wie die seltsame Sirene. Der Wagen strahlt in einem seltsamen, schimmernden mitternachtsblau. Flackerndes, gelbes Licht kommt von zwei Lampen auf dem Dach. Nur sehen diese aus wie kleine Hörner. Meine menschliche Seite rät mir, mich schnellst möglichst zu entfernen. Meine neue, vampirische Seite zieht dieser Wagen magisch an. Während ich noch überlege, was ich tun soll, bemerke ich, dass meine menschliche Seite, nicht gänzlich abgeneigt ist. Eher ist es so, dass auch diese den Sog verspürt, und sich vor diesem starken Gefühl fürchtet.

Blinzelnd bemerke ich, dass ich nun genau vor dem Wagen stehe, ohne dass es mir bewusst gewesen war, dass ich darauf zu gelaufen bin. Fasziniert von der Farbe, streiche ich über den mir neuartigen Krankenwagen. Es ist sogar ein rotes Kreuz darauf abgebildet. Nur ist dieses in einem so dunklen rot, dass ich es erst jetzt sehe.

Leise Befehle und das rascheln wohlbekannter Instrumente lassen mich um den Wagen herum gehen. Was ich vor mir sehe, habe ich schon zu oft gesehen. Ich sehe zwei Menschen in einer Uniform, die sich über einen dritten Beugen, der gerade heftig zittert und stark aus einer Wunde am Hals blutet. Sie sind so mit dem Patienten beschäftigt, dass ich es riskiere näher zu treten. Ich muss den Drang unterdrücken, mich nicht dazu zu setzten und zu helfen. Auch meine neu erworbenen Sinne warnen mich erst einmal zu beobachten, ob auch keine Gefahr von dieser Situation ausgeht. Die Überlebensinstinkte scheinen bei Vampiren deutlicher ausgeprägt zu sein, als bei Menschen.

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