Kapitel 39 - Wartebereich

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Mal wieder wirbeln Gedanken wie wild durch meinen Kopf. Was ist nur los hier? Seit dem ersten Arbeitstag ist nichts wie vorher. Kurz habe ich Gewissensbisse, weil ich nicht zur Arbeit gekommen bin. Ich hatte ja nicht einmal Bescheid gesagt, dass ich nicht mehr komme. Das ich kündigen müsste. Oh man, es hatte alles so gut angefangen. Ich hatte eine super Wohnung gefunden. Das Krankenhaus war super, medizinisch sehr gut ausgerüstet, die Leute nett. Gut, da kannte ich Schwester Glanz auch noch nicht. Die hatten sie in weiser Voraussicht bestimmt irgendwo eingesperrt, damit sie niemanden vergraulen kann.

Was würde ich dafür geben, jetzt mit ihr richtig schön zu zanken! Vor allem da es bedeuten würde, dass mein Leben wieder in festen und gerichteten Bahnen verläuft. Abgesehen von dem sonstigen, alltäglichen Chaos.

Da der Gang vor mir endet, wirbele ich auf meinen Fußballen herum und setze meinen Weg in umgekehrter Richtung fort. Bis ich wieder eine Wand vor Augen habe, die mich dazu zwingt, mich umzudrehen.

Ich beschließe in Gedanken meinen Chaosstatus zu aktualisieren. Gut, also:

 Punkt  1: Ich bin ein Vampir!! (Verdammte scheiße, es klingt noch immer ziemlich komisch, das nur zu denken. Auch wenn ich jetzt mit Bestimmtheit weiß, dass es so ist.)

Punkt 2: Ich kann nie wieder als Ärztin arbeiten, da ich aufgrund des neu erworbenen Blutdurstes jeden Patienten aussaugen würde wie eine Packung Capri-Sonne.

Punkt 3: Ich habe irgendwie einen Vampirfreund mit einem wirklich, wirklich mies gelaunten Vater.

Punkt 4: Im Moment bin ich in einem Krankenhaus, das von Kreaturen wie Vampiren, Werwölfen, Dämonen, Geistern und was weiß ich noch alles betrieben wird!

Kurz bleibe ich stehen. „Oh ja, das hast du in kürzester Zeit wirklich sehr gut hinbekommen, Keira!“, murmel ich vor mich hin und setze meinen Weg wieder etwas energischer fort. Da habe ich mal wieder schön in die AA-Schüssel gegriffen. „Prima, einfach nur prima!“, rufe ich laut und schleudere meine Hände vor Verzweiflung in die Luft. Dummerweise erwische ich auch gleich jemanden mit meinem weit ausgeholten Arm. Knurrend drehe ich mich schon um, bis mir der Laut plötzlich im Hals stecken bleibt. Vor mir steht ein verdammter rotfarbener Dämon mit hässlichen schwarzen Streifen am ganzen Körper. Mit jeder Sekunde die verstreicht, wird er in seinen Farben eindrucksvoller. Anfangs waren sie nur blass, er könnte als ein sonnenverbrannter Mann durchgehen. Jetzt aber wird mir mit Schrecken bewusst, dass das ganz und gar kein normaler Mann sein kann! Er hat nicht mal etwas an! Aus Angst trete ich gleich mal ein paar Schritte zurück. Doch der Dämon ist schnell und setzt mir nach. Mit einem panischen, weibischen Aufschrei (über den ich mich übrigens selbst ärgere!) renne ich davon.

Dummerweise ist der Eingangsbereich mit allen möglichen ähm Nicht-Menschen vollgestopft, die darauf warten, an die Reihe zu kommen. Ich kann die kehlige Sprache nicht verstehen, die der rote Dämon vor Wut knurrend hinter mir ausstößt. Ich kann schon seinen Atem auf meinen Nacken spüren, deswegen entschließe ich mich rasch dazu ein paar Haken zu schlagen. Panisch suche ich nach einem Ausweg. Es gibt nur 5 Türen, die von hier ausgehen. 2 sind Toiletten, in denen ich in der Falle wäre. Was also ausscheidet. Der dritte ist Tür die für die Notaufnahme, da habe ich keinen Zutritt. Die vierte ist der Ausgang, doch die elektrischen Schiebetüren bewegen sich so langsam, dass mich das tollwütige Vieh dann erwischen würde. Die fünfte ist die Schwingtür, in die in regelmäßigen Abständen die Patienten gerufen werden, immer von einer Schwester begleitet. Aber ich habe Angst davor, diesen Weg zu gehen, weil ich dann ebenfalls diese nicht sichtbare Schranke überwinden müsste, die die wahre Gestalt offenbart. Was natürlich auch bei der Tür auf der „Zutritt nur für Personal“ steht, passieren würde. Dafür bin ich wahrlich nicht bereit. Ich will mich nicht auch in so ein gruseliges Monster verwandeln!! Gut, rein theoretisch bin ich es jetzt schon. Aber meine wirkliche neue gruselige Gestalt will ich echt nicht sehen.

The HospitalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt