Kapitel 11- die Trance des Blutes 2

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Ich kann fühlen, wie mir das Blut aus dem Arm gesaugt wird. Die Haut rund um die Stelle, an dem sein Mund aufliegt kribbelt, und wird taub. Dieses Gefühl breitet sich mit jedem Zug des Assistenzarztes weiter aus. Fasziniert und gleichermaßen erschreckend merke ich, wie langsam jedes Gefühl aus meinem Körper weicht. Mein Kopf wird schwerer, die Ränder meines Sichtfeldes werden schwarz (nicht dass ich in dem dunklen Zimmer schon sonderlich viel gesehen hätte!) Ich bemerke, dass ich vor Schreck noch an die Wand heran gerutscht bin. Toll, dann kann ich mich wenigstens noch anlehnen und in einer halbwegs gemütlichen Position schlafen…, denkt mein beduseltes Hirn glücklich. Wehr dich!, ruft mir die dunkle, männliche Stimme zu. Doch ich habe keine Lust, mich zu wehren. Ich bin doch gerade dabei einzuschlafen. „Jaja, mach ich morgen!“, antworte ich ihr und beobachte die schwarzen Ränder meines Sichtfeldes, die immer kleiner werden. Bald ist alles schwarz und ich kann noch besser schlafen!, denke ich weiter.

Mach die Augen auf, sag mir wo du bist!, knurrt die Stimme. Wieso klingt sie nur so ängstlich und panisch? Ich bin doch nur dabei gerade tief einzuschlafen! So ein Stressmacher! Ich rolle mit meinen Augen. Plötzlich kann ich fühlen, wie etwas in meinen Kopf eindringt. Es ist wie eine kleine, warme Blase, die sich schnell vergrößert. Ich muss komischerweise an den Patienten aus Zimmer 232 denken. Könnte ich eine die kleine Blubberblase mit einem Menschen vergleichen, ich würde sagen, sie hat eine große Ähnlichkeit mit ihm, denke ich belustigt und muss grinsen. Wie absurd dieser Gedanke ist, kommt mir nicht in den Sinn. Die Blase hat sich mittlerweile schon in meinem Kopf ausgebreitet. Sie erfüllt mich mit Wärme und Zuversicht. Ich komme zu dir, bleib wach! Ich bin gleich bei dir!, ruft sie. Kurz war es mir so, als würde ich einen Gang entlang rennen. Hey, der Gang kommt mir bekannt vor! Der sieht aus wie der von vorhin. Da ist auch die Partylampe, die so flackert!, ich lache glucksend. Meine Sicht wabert und plötzlich sehe ich da wieder die schwarzen Ränder. Was heißt schwarze Ränder, eigentlich sehe ich nur noch einen kleinen weißen Punkt in der Mitte. Mmh, ist es ein großes schwarzes Bild mit einem kleinen weißen Punkt oder ein weißes Bild mit einem schwarzes Rand? Ernsthaft denke ich über diese beiden Möglichkeiten nach. Frustriert seufze ich. Das ist genau wie mit den Zebras. Sind es weiße Tiere mit schwarzen Streifen oder schwarze mit weißen Streifen?

Plötzlich höre ich ein lautes Knurren und die Tür geht auf. Was ist denn jetzt schon wieder los? Hier kann man nicht in Ruhe schlafen! Der saugende Mund verschwindet. Die Taubheit, die sich von meinem Arm ausgebreitet hatte, verwandelt sich in ein schmerzhaftes pochen. Zuerst ist es nur wenig schmerzhaft, wird dann immer stärker. Ich keuche überrascht auf. Mir entfährt ein stöhnen. Auf meinem Arm scheinen zwei Eisenstangen zu stecken. Die Schmerzen breiten sich von dort wellenförmig in meinem ganzen Körper aus.  Wie die Taubheit es vorher auch schon getan hatte. Die Schmerzen lassen meinen Körper zittern und zusammenkrampfen. Meine Muskeln zucken. Ich kann nichts mehr tun. Noch immer wird das Pochen immer schlimmer. Wieder stöhne ich. Bitte hilf mir., rufe ich in meinem Kopf und hoffe, dass es die Stimme hört, die ich vorhin schon gehört hatte. Keine Antwort.

In meinem Kopf herrscht Stille. Aber um mich herum nehme ich Lärm war. Ich kann tiefes, wütendes knurren hören. Angestrengt versuche ich etwas zu sehen. Eine weitere heftige Schmerzwelle überrollt mich und ich ziehe mich in Embryonalstellung zusammen. Als die Schmerzwelle sich langsam zurückzieht, hebe ich erneut den Kopf um zu sehen, was um mich herum vor geht. Ich weiß dass da jemand ist, der mir helfen will. Zu gern würde ich aufstehen und mit kämpfen. Aber meine unkontrolliert zuckenden Muskeln und die heftigen Schmerzen machen es mir unmöglich. Ich spüre gerade die nächste, noch größere Schmerzwelle anbahnen, als ich ein lautes Fauchen hören. Dann ein ekelerregendes Knacken.

Ich höre nichts mehr. Ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren als auf die Schmerzen. Wieder ziehe ich mich zu einer Kugel zusammen, in der Hoffnung somit alles besser aushalten zu können. Ich höre jemanden laut stöhnen. Irgendwie klingt es mir vertraut. Bin ich das etwa?

The HospitalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt