56. Goodbye

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„Seid ihr euch sicher, dass ihr nicht noch länger bleiben wollt? Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt... irgendwie.", spricht Owen zu mir und Ren, als er Kaffee aus seiner 'Don't Mug Me'- Tasse sippt. „Ihr könntet euch hier frei bewegen, oder euch Seattle und andere Städte anschauen, dann wieder zu mir kommen. Außerdem hab ich den Wolf lieb gewonnen." Er krault Kuros Kopf, der auf seinen Beinen ruht. „Möchtet ihr nochmal dieses Album anschauen? Oder dieses hier? Das ist ganz besonders schön. Es ist das, wo Ori schwanger ist! Guckt sie euch nur an! Ich will diese Alben nicht hergeben, aber ihr könnt euch ein paar Bilder ja kopieren oder scannen?", fragt er wieder in unsere Richtung.
Ich seufze, er tut mir irgendwie Leid.
„Ich weiß zwar nicht wie das läuft auf so einer Militärbase, aber komm uns doch mal besuchen in Japan. Du bist in unserer Familie herzlich Willkommen! Schließlich bist du nun ein Teil davon! Du könntest dir vielleicht ja frei nehmen oder deinen Urlaub bei uns verbringen?" Seine Augen leuchten auf, sein Gesicht erhellt sich, was seine kleinen Sommersprossen zu betonen scheint.
Owen sitzt in seinem Hawaiizimmer vor uns auf dem Boden. Etliche Fotoalben liegen vor uns ausgebreitet, viele Kisten sind halb leer und manche vollkommen ausgeräumt. Es herrscht ein riesiges Chaos. Ren scheint jedes Bild aufzusaugen. Hat einen Stapel vor sich aufgeteilt, welche Bilder er nur schnell kopieren möchte und welche, die er richtig scannen und später ausdrucken möchte.

Als wir heute morgen im Hotel gefrühstückt haben, habe ich Ren von meiner Idee erzählt, nochmal weiter nach Kanada reinzufliegen und Rob und Fumie zu besuchen. Er hat sich riesig gefreut. Das ich aber noch mehr Überraschungen geplant habe, habe ich ihm natürlich noch nicht erzählt, auch nicht, dass Rob und Fumie längst wissen, dass wir kommen werden und Fumie jetzt schon anfängt, einen Jahresvorrat Nanaimo-Bars für ihn zu produzieren. Und ein Grillfest noch oben drauf soweit ich weiß...

„Habt ihr überhaupt genug Platz für mich? Ich bin so neugierig Haru. Übrigens Haru, gestern hatte Ren noch nicht so viel Farbe im Gesicht, es ist, als sei er plötzlich ein neuer Mensch, wenn du da bist." Ich lächle leicht, genau wie Ren, der unser Gespräch neben dem Fotos anschauen mitverfolgt. „Danke, Owen. Ich bin auch ein anderer Mensch, wenn Ren bei mir ist. Ich höre da heraus, dass du findest, dass es Ren gut bei mir geht? Das ehrt mich sehr.", sage ich weiter.
„Wer wohnt denn noch alles bei euch? Ren sagte, ihr hättet Brüder. Was machen die denn so? Oder du? Wobei ich schon sehr gerne kommen würde, so gerne, dass ich auch auf dem Sofa oder dem Boden schlafe. Das wäre kein Problem für mich. Ich bin anderes gewohnt! Ein Sofa wäre perfekt!" Owen strahlt. „Nein, alles gut, wir haben genug Platz. Wir haben vor einem Jahr erst Umbauten abgeschlossen. Mein Bruder Shima hat vor zwei Jahren im September geheiratet. Er und seine Frau leben nun mit ihrem fünf Monate altem Baby Nanami in der unteren Etage meines ehemaligen Hauses. Er ist trotz anders eingeschlagener ersten Wege Programmierer geworden und das ist jetzt ihre Wohnung. Dann haben wir eine Einliegerwohnung aus dem oberen Teil des Hauses gemacht, in dem unser Bruder Aki zeitweise wohnt. Er hatte sich damals dazu entschlossen eine Journalismusschule zu besuchen, nachdem er mit dem Studium fertig war. Er reist von Zeit zu Zeit um die Welt und ist ein richtiger Weltenbummler geworden. Bringt alles mögliche von seinen Reisen mit und schickt uns regelmäßig neue Kühlschrankmagnete aus etlichen, verschiedenen Städten. Und ich habe ein eigenes Café, das 'White Fang', dass ich seit einigen Jahren erfolgreich betreibe. Abends wird dieses Café zu einer coolen Bar mit kleinen Events. Oben, über diesem Café, haben wir den vorhandenen Raum zu einer eigenen Wohnung umgebaut, in dem Ren und ich wohnen. Wir haben sogar ein kleines Gästezimmer.", sage ich fröhlich zu ihm. Und ich meine es auch so. „Haruko, meine Mutter, wohnt eigentlich in der Schweiz und besucht uns hin und wieder. Wir haben festgestellt, dass ein eigenes Zimmer für sie ein Muss sein würde....", ich lache etwas. Und erinnere mich, als sie nach der Gerichtsverhandlung plötzlich drei Monate blieb. Ren scheint sich auch zu erinnern. „Ja, so sehr wir sie lieben, sie nimmt Raum in Anspruch. Aber das Zimmer wäre definitiv auch für dich frei, Owen. So wie du zu mir sagst, dass ich wie Familie bin, bist du es auch für mich und uns." „Das klingt großartig, Junge!", sagt Owen mit leicht feuchten Augen. „Kühlschrankmagneten finde ich toll. Ich habe auch welche, aus Hawaii. Ich liebe Hawaii, wisst ihr? Dein Dad hat die Strände ebenfalls geliebt, Junge. Ich hab irgendwo noch einen verpackten Magneten. Moment. Den könnt ihr eurem Aki mitbringen." Owen steht auf und verschwindet in einen kleinen Nebenraum, wo noch ein Regal steht.
„Das Owen Hawaii mag, hätte ich gar nicht vermutet.", flüstere ich zu Ren, der danach lacht und durch den Raum zeigt und WIRKLICH?! lautlos mit seinen Lippen formt. Wir lachen beide leise auf. „Ist euch eigentlich aufgefallen, dass dein Name Frühling bedeutet und Aki heißt doch Winter oder? Mein japanisch ist eingerostet. Ich bin froh, dass ihr beide so gut englisch sprechen könnt." „Ach, das macht doch nichts. Wir freuen uns, mal wieder englisch zu sprechen. Mein Großvater ist auch Amerikaner, der Geburtsname meiner Mutter ist Dieckmann. Sie ist in Amerika geboren und aufgewachsen. Und Aki bedeutet Herbst. Wir haben die Namen von unserem Vater bekommen. Warum Shima so heißt wie er heißt, wollen wir irgendwie gar nicht so genau wissen, vielleicht hat das was mit der Zeugung zu tun und nur einer konnte Herbst heißen." Owen schaut mich amüsiert an. „Wieso, bedeutet es Küchentisch?", lacht er und wird nun deutlich eher dem Smiley seines Kaffeebechers ähnlich. „Nein, Insel.", kichere ich. „Schön, ihr klingt alle sehr interessant. Ich würde euch gerne alle besser kennenlernen. Auch wenn ich lange mit Ren reden konnte die letzte Zeit, so gibt es bestimmt auch über dich noch viel zu erfahren.", sagt er weiter.

Es klopft plötzlich. „Corporal Schmidt und Private Welsh hier, Sir." kommt es durch die Tür. „Eintreten." Owen dreht sich zur Tür. Es ist faszinierend, wie sein Ausdruck und sein Körper sich verändern, obwohl er noch in dem Fotohaufen sitzt.
Ein junger Mann, den ich aus dem Wachhaus vom Eingang kenne, kommt zusammen mit diesem Assistenten von Owen herein, der sofort zusammenfährt, als er sieht, dass Ren und ich auch hier sind. Er wird sofort rot, bleibt etwas weiter zurück hinter Schmidt stehen und schaut die Luft an. Ich verdrehe die Augen.
Ren hatte Recht und als ich ihn neben mir stumm grinsen sehe, verdrehe ich die Augen nur noch mehr.
„Wir haben alles in die Wege geleitet, Sir. Es waren nur ein paar Telefonate." „Sehr gut. Und haben Sie mir auch das andere Dokument besorgen können?", Ren wird aufmerksam und richtet sich weiter auf. Er schaut auf mich und dann auf den Assistenten. Ren lächelt leicht und greift meine Hand. Schmidt schaut Owen und dann Ren an. „Jawohl, Sir. Wir haben die Geburtsurkunde von Mr. Kaidô beantragt, es wird mit Einschreiben an die Base gesendet, Sir! Den Mietwagen von Mr. Kaidô konnten wir auch erfolgreich zurückbringen, alles geklärt, Sir. ", sagt er und stellt sich kerzengerade vor uns auf. Der Assistent tut es ihm gleich. „Sehr gut. Vielen Dank, wegtreten.", sagt Owen froh, aber streng und schroff, woraufhin beide zu uns nicken und direkt gehen, oder eher rausstolpern.
„Ihr scheint den jungen Welsh zu beeindrucken.", sagt Owen. „Na, ihr seid ja auch ein außergewöhnliches Paar.", kichert er und widmet sich Ren.

„Die Urne von Ori wird aus dem anonymen Grab entfernt. Ich möchte, dass du entscheidest, ob sie nach Japan oder zu Will gehen soll. Zu Will wäre kein Problem. Du musst dich auch nicht jetzt entscheiden." „Zu Dad.", sagt Ren sofort und drückt meine Hand fester. „Definitiv zu ihm. Ihr muss es furchtbar gegangen sein, nachdem Dad gegangen ist, also werden wir sie zu ihm bringen. Da ist ihr Zuhause. Bei ihm." „Okay. Ich bin froh, dass du das so siehst.", sagt Owen sichtlich erleichtert. „Das mit meiner Familie in Japan, muss sich auch erstmal alles als richtig herausstellen.", meint Ren weiter und ich schrecke auf. „Familie in Japan?!", frage ich erstaunt. „Ja, Owen glaubt, dass der Bruder meiner Mutter und deren Vater noch leben und in Japan wohnen. Entschuldige. Ich werde dir das alles im Detail erzählen. Aber ich möchte erst mit Mikiko darüber reden. Ich möchte mich glaube ich noch nicht allzu sehr darüber freuen." Er streichelt mein erstauntes Gesicht, was von Freude zu Realismus wechselt und schiebt mir eine Strähne hinter mein Ohr. „Okay.", sage ich hypnotisiert und belasse es dabei. Er lächelt sein Ren-Lächeln. Okay, denke ich mir erneut und durchwuschel seine Haare. Alles, was er möchte.

Nach weiteren vielen und langen Gesprächen, viel lachen und schmunzeln, vielen Geschichten über die japanische Küche und über japanische Strände, Magneten, Laufbahnen eines Sergeants, Assistenten und Hawaii, sowie einem von bewaffneten und begleiteten Spaziergang mit den Hunden über das Militärgelände der Base, haben wir unsere Sachen gepackt, Fotos kopiert und gescannt und sind nun auf dem Sprung, zurück zu unserem Hotel und laufen gemeinsam Richtung Parkplatz.

„Unser Flug geht morgen früh von Seattle nach Calgary. Dort habe ich auch ein wieder ein Mietauto zur Verfügung. Danach sind es nur ein paar Stunden Fahrt bis zu unserem alten Zuhause. Wir haben dank euch ja nun genug Verpflegung.", sage ich und hebe die Brote, Getränke und Obststücke an. Fraglich, ob wir so überhaupt nach Kanada einreisen dürfen. Owen schüttelt mir liebevoll und kräftig die Hand und geht freudestrahlend auf Ren zu, hält ihm die Haare aus der Stirn und bekommt wieder feuchte Augen. Innerlich zucke ich etwas zusammen, weil ich Angst habe, Ren würde zurückweichen auf Owens Versuch ihn anzufassen. Angst, dass Owen dann traurig wäre, aber Ren tut es nicht und ich freue mich. Er hat sich so sehr verändert... „Würdest du sie kurz schneiden, könntest du als er durchgehen.", lächelt er und umarmt Ren. „Oh mein kleiner Wolfiwolf, komm her du Großer. Und Tschüss du Waschbär, passt gut auf die beiden auf, ja?" Ren grinst und Owen zückt sein Handy. „Haru, würdest du von mir und Ren und den Hunden ein Bild machen? Und können wir auch ein Selfie machen? Ich möchte eine neue Tasse mit dem Foto bedrucken lassen, als Erinnerung!" „Ähm, ja, sicher, natürlich.", sage ich und lege all unsere Sachen in den Kofferraum. Ich fotografiere die beiden mehrfach. Ein normales Bild, ein Bild wo beide lächeln, ein Bild wo Ren sich selbst die Haare aus dem Gesicht hält und Owen salutiert, ein Bild von uns allen zusammen. „Ich schicke sie dir alle, Haru. Deine Nummer habe ich ja!", sagt er freudestrahlend, woraufhin Ren mich diesmal fragend anguckt. „Danke!!", strahlt er erneut. „Wir werden uns bald sehen. Glaubt mir! Ihr werdet mich nun nicht mehr los!", sagt er nochmals. „Gut!", grinse ich und gebe Ren einen Ruck. „Irgendwie musste ich doch herausfinden wo ihr seid, daher habe ich hier angerufen und nach Owen gefragt und meine Nummer hinterlassen. Wie hätte ich sonst am Friedhof sein können?", frage ich ihn. „Du hast einen großartigen Mann in Haru, Ren. Dein Dad wäre stolz auf dich. Und auch auf Haru. Genau wie deine Mum. Sie hätte sich auch in Haru verliebt. Stattliche, große Amerikaner sind euer Ding!", lacht Owen und umarmt Ren erneut.
„Okay, los. Wegtreten!", kommt es väterlich aus ihm hervor, als wir ins Auto steigen und uns anschnallen.
„Danke für alles. Wirklich. Wir hören bald voneinander. Danke. Danke, dass du meinem Vater so ein großartiger Freund bist und all das für mich machst." „Passt auf euch auf. Und nun los. Guten Flug und gute Fahrt!"

Ich starte den Motor und wir rufen nochmals Tschüss und etliche weitere Goodbyes aus den heruntergelassenen Fensterscheiben und winken, bis wir nicht mehr für ihn zu sehen sind. Ren legt wieder seine Hand auf mein Oberschenkel. Er wirkt erleichtert und froh.
„Bin ich auch.", sagt er zu meinen Gedanken. „Ich bin sehr, sehr erleichtert!", wiederholt er nochmal. Ich strahle und funkele ihn an.
Ich möchte diese ganzen Backsteine auf seinem Rücken mittragen, und Kanada wird uns dabei helfen. „Also dann, auf geht's nach Kanada!"


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Hochgeladen am 25.05.2020
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Super Lovers / Mein Leben mit RenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt