Haru
„Haaaa... Zuhause! Ich habe mich so wahnsinnig gemacht, als wir heute morgen gegangen sind, und jetzt? Ich fühle mich so gut! So frei! So erleichtert! So unfassbar gut! Ich könnte Bäume ausreißen!", ich lasse mich rücklings auf mein Bett fallen und strecke alle Viere von mir. Ich atme tief durch, grinse an die Decke und freue mich. „Komm her.", strahle ich immer noch an die Decke, meine aber Ren, der noch im Türrahmen steht. „Glaub mir, das tut gut. Komm schon." Ich strecke meinen Hals leicht nach oben und versuche seinen Blick zu finden und werde etwas nachdrücklicher. „Komm schon her.", klopfe ich zwei Mal mit der Hand auf das Bett. Endlich kommt er zu mir. Irgendwie habe ich ein Déjà-vu.
Ich schmiege mich an ihn, drehe mich dabei auf die Seite. „Ren... lass mich nicht immer so zappeln." Ich strahle und lächle ihn an. Lange kann er sich nicht mehr gegen mich wehren, mein Blick wird intensiver.
„Das wird schon wieder. Es ist Haruko. Sie liebt dich, sie kommt heute Abend her. Mach dich jetzt nicht verrückt." Ich lächle ihn weiter an, fange an ihn zu kitzeln. „Man! H-Haru.. hö- Hör auf!", er lacht genervt. „Geht doch.", strahle ich wieder. Ich höre auf und werde ernster. „Möchtest du jetzt darüber reden, oder noch nicht?"
Sanft schiebe ich ein Kissen unter seinen Kopf, während ich ihn leicht hochhebe. Ich schaue ihn weiterhin an, erwarte seine Antwort, richte mich aber auf und öffne ihm die Schuhe, ziehe sie aus und beginne auch selbst damit, mich auszuziehen. Raus aus diesen Anzugklamotten! So schnell wie möglich! „Mh.", höre ich ihn nur kurz. „Komm zieh' dich aus, ich hole uns Kleidung."
Einen kurzen Moment später, bin ich zurück in meinem Zimmer, beladen mit einem frischen Packen aus Kleidung. Etwas angestrengt schubse ich die Tür mit meinen Füßen zu und lege den Stapel auf meinem Schreibtisch ab. „Kurze Hose, Flip Flops, T-Shirt für dich; kurze Hose, Flip Flops, Hemd und Zopfgummi für mich. Mh?" Ich drehe mich wie ein Supermodel um und halte mir Rens T-Shirt an. „Neueste Kollektion. Was hälst du davon? Bauchfrei." Als er mich endlich anschaut, zwinkere ich ihm zu. Er muss erneut auflachen und wirft mir ein Kissen entgegen. Er seufzt.
„Sie wollte mich gar nicht verstehen! Irgendwas war da los! Ich hab nichts falsches gesagt, ... glaube ich. Es ärgert mich, dass sie das alles so missverstanden hat! Und es ärgert mich, wie sie gegangen ist. Ich hab überhaupt nicht verstanden, was los war!", fängt er auf einmal wütend an zu sprechen. Blick wieder Richtung Decke. Er seufzt erneut laut. Ich setze mich an den Rand des Bettes und halte seinen Fuß fest, schaue ihn an. „Weißt du noch, wie es mir im Urlaub ging? Ich war irgendwie einen kurzen Moment überfordert, wie sehr wir uns in welcher Zeit entwickelt haben, wie schnell du dich entwickelst. Ich war im Gegensatz zu Haruko live dabei, Schatz - und trotzdem ist es manchmal schwer zu begreifen. Nicht negativ gesehen, sondern auch mit ganz vielen positiven Gefühlen und Stolz. Schau mal, sie hat dich nach Jahren das erste Mal wieder gesehen. Euer letztes Skype-Gespräch ist auch schon etwas länger her... und nun sitzt ihr da. Du bist da, selbstbewusst, groß, mental so unfassbar stark. Es ist neu!", spreche ich sanft und freundlich zu ihm. Ich lächle ihn an. Er liegt nun wie ein brummiges Kind da, er erinnert mich sehr an früher gerade. Stur, bockig, starr. Ich streichle seinen Fuß nochmal auf und ab.
„Ja, aber es ist doch nicht schlecht? Ich bin doch nicht schlecht, nur weil ich mich verändert habe? Sie weiß von uns, Haru. Ich habe es ihr gesagt. Oder ihr gesagt, das ich glaube, dass sie weiß... ach ist ja auch egal. Beim Essen ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ihr Blick zu uns. Es war plötzlich so offensichtlich, dass sie es weiß. Und Haru, Mikiko-san habe ich es auch schon gesagt. Sei nicht böse. Bei Mikiko-san musste ich sicher gehen, dass sie auf unserer Seite ist. Und Haruko ist meine Mutter. Ich wollte eben, dass sie es weiß. Juuzen meinte zwar, ich bin verrückt, aber ich wollte es schon die ganze Zeit... und heute war es offensichtlich, dass sie es weiß. Es tut mir Leid. Es ist so kompliziert. Dabei ist es überhaupt nicht kompliziert. Warum bin ich also so genervt? Man. Ich wiederhole mich. Ich nerve mich selbst."
Ich lächle ihn erneut sanft an.
„Was?!", motzt er mich an und ich muss erneut grinsen.
„So ist es eben mit Eltern. Ich kenne das von Mum und Dad. Was sich neckt, das liebt sich. Bei Haruko ist es vielleicht noch einmal anders. Sie hat es auch nicht leicht. Ich denke aber, dass sie es früher oder später akzeptiert. Sie liebt dich zu sehr. Und mich vielleicht auch ein bisschen. Da du Mikiko auf deiner Seite hast, wird sie auch ihren Beitrag dazu sagen. Sei dir da ruhig sicher. Es wird schon alles gut werden. Fokussiere dich auf das, was wichtig ist. Gib' ihr etwas Zeit. Vielleicht merkt sie ja selbst, dass sie etwas überreagiert hat und kommt nochmal auf dich zu? Wer weiß? Und Ren... hör' auf dich zu entschuldigen. Ist schon alles in Ordnung. Ich liebe dich, ich vertraue dir - und ich bin stolz auf dich, dass du so für uns arbeitest und kämpfst. Danke. Und Ren, du bist nicht falsch. Du bist perfekt."
Langsam beuge ich mich doch zu ihm rüber, umfasse sein kleines, wütendes und bockiges Gesicht. „Ren...", ich lächele ihn noch einmal sanft an. „Glaube mir, okay? Es bringt nichts, hm?" „Ja.", motzt er nochmals, mit einem Todesblick in meine Richtung. „Argh. Mein Herz.", ich kichere und lasse mich fallen. „Fall Eins in Japan. Headline: Ja, Blicke können töten!" „Hihihi, Haru, du bist albern gerade." „Haru?! The person you have called is temporarily not available. And you can't try again-, cause he died. Occurred by an evil glance of his beautiful boyfriend.", murmele ich tot spielend in das Kissen.
Ren kichert erneut. Er beugt sich rüber, setzt sich auf mich und umfasst mein Gesicht. „Sorry. Revival will be initiated.", lacht er leise und beginnt, mich zu küssen.
Shima
Gott, es ist so heiß. Mit dem Kopf im Nacken, sitze ich auf unserem Sofa und starre an die verschwommene Decke. Ohne Brille bin ich wirklich blind. Ich schließe meine Augen und spüre im selben Moment, wie Aki sich neben mich setzt. „Bleib bloß weg von mir. Du bist eine wandelnde Heizung.", sage ich erschöpft. „Gleichfalls.", sagt er und setzt sich genauso hin, wie ich.
Alle Rollläden sind heruntergelassen und alle Fenster seit heute morgen geschlossen, die Sonne hatte heute nicht eine Gelegenheit in unser Haus zu dringen und dennoch ist es unfassbar heiß. „Auf den Terrassenplatten könnte man bestimmt ein Spiegelei braten.", sage ich laut zu meinen Gedanken. „Auf mir könntest du ein Spiegelei braten.", kommentiert Aki entnervt. „Ich war eben so berauscht wegen unserem Sieg, ich hab' die Hitze gar nicht mehr gespürt. Aber hätte ich eben auch nur noch ein Maki essen müssen, wäre ich gestorben. Ich wollte einfach nur nach Hause. Aber hier ist es nicht besser." Ich lache kurz auf. „Der Vorteil hier ist, du hast kein Anzug mehr an und kannst dich gehen lassen." Aki richtet sich auf und trinkt einen kräftigen Schluck aus seiner Wasserflasche.
„Ich meine was ist los in Japan? Erst ist es ist arschkalt, dann blühen die Kirschblüten etwas hübsch, danach regnet es 100 Jahre am Stück, danach ist es so heiß, dass man nichts machen kann, außer zu existieren und dann wird es für eine kurze Zeit super toll. Bevor alles von vorne anfängt." Er motzt und trinkt danach einen weiteren, kräftigen Zug, aus seiner Flasche. „Bruder.", sage ich leise. „Was?", fragt er kurz ab. „Du liebst Japan.", erinnere ich ihn mit einem schmunzeln. „Ja... Mit Herz und Seele. Reine Selbstfolter sage ich dir.", schmunzelt er ebenfalls und lehnt sich wieder zurück.
„Wo sind eigentlich Ren und Haru? Sollen wir morgen schwimmen fahren? An den Strand? Oder zum See?", fragt Aki in den Raum hinein. „Und was machen wir jetzt eigentlich heute Abend?" „Ich glaube, sie sind oben, sich umziehen und keine Ahnung was noch... naja es ist jetzt gleich 16 Uhr. Heute Abend sind wir im Café eingeladen. Kiyo macht erneut geschlossene Gesellschaft, aber diesmal nur Drinks und Snacks. Und auch erst gegen 21 Uhr. Da freue ich mich eigentlich schon drauf. Ich hätte Lust auf Kiyos eiskalte, selbstgemachte Limonade. Haruko-san und Mikiko-san wollten auch kommen, Ikuyoshi und Juuzen-kun ebenfalls. Das wird bestimmt ganz nett." Ich lächle ihn an. „Klar, gerne können wir morgen schwimmen. Mit, oder ohne die Lovebirds?", frage ich und verdrehe die Augen, als unverfälschliche Geräusche zu uns vordringen.
„Es ist viel zu heiß, wie funktioniert das?", stöhnt Aki genervt auf und schaltet den Fernseher ein und direkt ein paar Stufen lauter. „Man, die sollen sich 'ne eigene Bude suchen. Oder wir suchen uns eine eigene Bude. Wird ja immer schlimmer... Und das möchte ich mir echt nicht immer reinziehen. Ich liebe die beiden abgöttisch, aber alles hat seine Grenzen."
Kurz bleibt mir das Herz stehen. „Wie, ehrlich? Denkst du über so etwas nach?", frage ich ernst gemeint.
Heimlich habe ich vielleicht auch schon darüber nachgedacht, wie unsere Zukunft aussieht und wie es weiter gehen könnte, aber noch nie habe ich weiter gesponnen, oder es so frei formulieren können, wie Aki gerade. „Klar, wie soll es denn sonst weiter gehen? Wenn wir den Schritt nicht machen und es demnächst mal ansprechen, werden wir noch zusammen wohnen, wenn wir 50 Jahre alt sind. Die beiden sind endlich zusammen, das wird sich auch nicht mehr ändern. Im Prinzip sind die beiden schon ewig zusammen. Haru wollte uns immer alles Recht machen, uns alle gleichwertig behandeln. Und dazu noch wieder gut machen, dass wir damals getrennt leben mussten, nachdem Mum und Dad gestorben sind. Aber wir entwickeln uns alle gerade wahnsinnig schnell weiter. Wenn es weiterhin so gut läuft, sind wir in zwei Jahren schon mit unserem Studium fertig und können arbeiten gehen. Wenn wir uns zusammen eine kleine Wohnung zulegen würden, wäre das vielleicht gar nicht so verkehrt und sogar machbar.", plappert Aki weiter. „Also, ob das so einfach ist, weiß ich nicht. Das klingt, als würdest du schon länger darüber nachdenken. Was ist, wenn er überhaupt nicht so denkt? Was ist, wenn er sich diese Wohnung gar nicht alleine leisten kann? Ich meine, er hat alles für uns umgebaut und das noch, direkt neben dem Café? Was soll er alleine mit so vielen Zimmern? Das kann er doch nicht aufgeben?" Meine Stimme klingt besorgt, voller Gedankengänge. „Bruderherz, hier sind zwei Haushälften. Hier wohnen wir, auf zwei Etagen. Nebenan ist unten das Café drin, aber oben drüber die Räume, sind noch nicht ausgebaut. Er könnte zum Beispiel vorfinanzieren, den Mittelgang zu machen, diese Wohnung verkaufen oder vermieten und nebenan, oben ausbauen. Theoretisch könnten wir beide auch da oben ausbauen... mit unserem Geld, nach und nach? Haru und Ren bleiben hier. So eine Wasserleitung und Anschlüsse für eine Küche, lassen sich doch da oben wohl legen?" „Willst du denn über einer Bar wohnen, in der Kiyo abends Karaoke und Party macht?", frage ich ihn ungläubig. „Gut, die Pläne sind noch ausbaufähig. Jedenfalls, will ich mir nicht mehr allzu lange vorstellen, wie meine Brüder... rummachen, alles klar?", guckt er mich erst ernst an, prustet und lacht dann aber laut los.
„Wer macht rum?" Plötzlich steht Haru hinter dem Sofa und kneift uns in die Nase. „Eine Woche Hausarrest für's lauschen, tuscheln und spekulieren.", lacht er auf und lässt unsere Nasen los. „Hach, ich wünsche mir gerade die Regenzeit zurück. Herrlich kühl war es immer. Macht mal Platz da." Haru kommt um das Sofa herum und macht eine Handbewegung zwischen uns, lässt sich schließlich genau dort ins Sofa fallen, lehnt sich zurück und guckt wie wir, mit dem Nacken nach hinten gelehnt, an die Decke.
Haruko
Absolut nicht dafür in der Stimmung, stehe ich nun doch hier. Das "White Fang". Mein Abgang eben war mehr als unangemessen und doch unaufhaltsam. Ren ist so erwachsen geworden. Alles hat mich überrannt. Alles, was ich nicht konnte und alles, was ich verpasst habe. Im Hotelzimmer packte mich dann aber doch das schlechte Gewissen und nach zwei großen und vollen Gläsern Weißwein, haben mich meine Beine hierher getragen. Fast eine Stunde habe ich dazu noch mit Mikiko telefoniert. Ich wollte unbedingt laufen und nicht mit dem Taxi fahren und das, obwohl Harus Wohnung oder eher schon Haus, wenn ich mir das gerade so anschaue, in der ganz anderen Richtung liegt. Also habe ich die Zeit genutzt um mit ihr zu telefonieren. Und auch als Grund, nicht wieder umzudrehen.
Ich schaue auf die Uhr. Gleich halb elf. Mittlerweile ist es stockfinster und ich bilde mir ein, es würde etwas Sauerstoff zurückfließen. Zurück in die Luft, mit mehr Kraft, ohne dass die Sonne alles vereinnahmt und verbrennt.
Mehrmals gehe ich einen Schritt vor zu der Glastür, die den Haupteingang darstellt, kehre dann aber wieder um. Die große Glasfront ist mit gut gepflegten Pflanzen dekoriert und von innen ist ein leichter, seidiger Vorhang zugezogen. Außen an der Tür hängt ein Schild, das auf eine geschlossene Gesellschaft hinweist. Mein Herz klopft wie wild, nur noch eine Zigarette, dann aber rein, denke ich mir und stecke mir schon wie verloren, eine an. Müde und gereizt laufe ich vor der Fensterfront auf und ab. White Fang. Man Haru. White Fang. All die Jahre. Aber warum machst du es mir so schwer? Ich inhaliere erneut den Rauch, versuche ruhig zu bleiben, schaue auf den Boden, laufe anschließend wieder hin und her. Wie ein Tier...
Ich habe nichts gegen schwule Menschen. Oder doch? Aber warum er, naja, warum die beiden? Miteinander? Seit wann geht das so? Ist das mein Problem? Ist es denn ein Problem? Ich kann mir das nicht vorstellen. Die beiden gehen so flüssig und vertraut miteinander um... Das muss doch schon länger gehen, als Harus Geburtstag im Juli. Niemals kann man sich so einspielen, in so einer kurzen Zeit? Ich werde nervöser und dieser Kloß macht sich wieder breit. 'Frag sie doch einfach. Rede mit ihnen.' Mikikos Stimme taucht in meinem Unterbewusstsein auf. Ach Mi-chan. Wenn das so einfach wäre. "Wenn das so einfach wäre!!", sage ich lauter als ich wollte zu mir selbst, während ich meine Zigarette auf dem Boden austrete.
Als ich hoch schaue, zieht sofort etwas meine Aufmerksamkeit auf sich. Mein Blick bleibt förmlich kleben. An einem Spalt zwischen dem Sichtschutz der Gardine und dem Raum, der sich dahinter offenbart.
Direkt dort, stehen beide. Klar und präsent.
Es ist, als würde ich von außen in eine andere Welt schauen. Eine Welt, die mich nicht braucht. Ich schleiche mich wie gesteuert näher an den Spalt zum Fenster und beobachte sie heimlich. Meine Hände zittern, mein Magen grummelt. Je länger ich schaue, desto mehr wird mein Wunsch größer, Teil dieser Welt zu sein. Ich wünschte diese Welt in dem Café dort, wäre eine, in der ich auch willkommen bin.
Ren steht neben Haru, und beide schauen in eine Richtung, die ich nicht weiterverfolgen kann. Sie sprechen zu Zuhörern, die ich nicht sehen kann.
Es ist, als würde ich einen Kinofilm anschauen.
Sie stehen einfach da. Indirektes und warmes Licht erhellt den Raum. Beide haben sommerliche und fröhliche Kleidung an, das Café lädt mit freundlichen Farben ein. Im Hintergrund sehe ich Pflanzen und einen Bilderrahmen, der ohne Zweifel Kanada zeigt. Beide lachen, beide sehen unfassbar glücklich aus. Ich sehe, wie ihre Münder sich bewegen, ihr Lächeln auch ihre Augen erreicht. Ich sehe, wie sich sich anschauen und gleichzeitig nicken, sich zustimmen. Ich höre gedämpften Applaus und fröhliche Stimmen. Ren greift zu Harus Hand. Haru schaut erstaunt zu Ren. Ren nickt und sieht entschlossen aus, hält seine Hand mit Harus Hand nach oben und lacht, Haru verdreckt sich die Augen, lächelt und weint. Ich habe keine Ahnung worüber sie reden, aber eines wird mir gerade bewusst.
Es ist einfach.
'Du musst die beiden nur sehen, das ist alles Haru-chan. Sieh' hin.' Ja! Es ist tatsächlich einfach, Mikiko. Es fühlt sich plötzlich einfach an! Ich werde hingehen. Sie sehen. Sie fragen. Warum immer diese Standards? Warum immer vergleichen? Wie kann man überhaupt vergleichen? Wie konnte ich mich zu solch dämlichen Gedanken hinreißen lassen? Ja fast schon zerreißen lassen!? Sie sind meine Söhne. Ich habe vielleicht viel Zeit verloren und vielleicht war das Schicksal mir nicht immer wohlgesonnen. Aber alles, was jetzt folgt, nachdem ich es in meinem Herzen spüre und wirklich realisiere, wäre nur noch meine Schuld, wenn ich es nicht mitbekomme. Meine Schuld, nicht hinzusehen, meine Schuld, diese Welt nicht kennenzulernen, meine Schuld, die Beobachterin, draußen vor einem Café zu bleiben. Es reicht.
Wie magisch scheinen mich meine Beine zu tragen, denn plötzlich und wie in Trance, ist meine Hand am Türknauf, mein Schritt schon in den Raum hinein und meine Arme um Ren und Haru geschlossen.
„Es tut mir alles so Leid. Es tut mir Leid, dass ich von euch beiden so viele Jahre verpasst habe. Es tut mir Leid, dass ich nicht für dich da war, als dein Vater und Ruri gestorben sind. Es tut mir so Leid, dass ich mich zurückgezogen habe. Es tut mir so Leid, dass ich so wenig Zeit mit dir verbracht habe, Ren. Es tut mir so Leid, dass ich so ungerecht und gemein war. Es tut mir so Leid, wie ich heute reagiert habe. Und Haru, es tut mir so unfassbar Leid, was ich in den Toilettenräumen des Gerichts zu dir gesagt habe! Ich kann mir selbst nicht glauben... Gerade eben noch vor der Tür, war ich verwirrt und schlecht drauf. Dann habe ich euch gesehen. Und es ist, als wäre eine negative Brille weggefallen, als hätte ich nun eine klare Sicht auf euch. Als hätte sich irgendetwas gelöst. Ihr habt mich gerade wahnsinnig berührt! Es tut mir so Leid. Ich liebe euch. Bitte verzeiht mir, dass ich euch Probleme bereitet habe! Es waren Probleme, die ich mit mir selbst austragen muss. Ich war einfach nur unfair, verwirrt und mit mir selbst überfordert! Bitte verzeiht mir! Ich will ein Teil eurer Welt werden!"
„Willkommen im White Fang, Mum.", höre ich Harus liebevolle Stimme.
Mit Tränen in den Augen schaue ich zu ihm hoch, immer noch ihn und Ren im Arm, die restlichen Gäste hinter uns. Diesmal sehe ich warme Augen. Warme, grüne und wunderbare Augen - und ich fühle mich das erste Mal wertvoll genug, um darin gespiegelt werden zu dürfen. „ Ja, willkommen, Mum.", höre ich nun auch Rens Stimme, die mich nun vollends in Tränen ausbrechen lässt.
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Hochgeladen am 16. 10. 16
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