21. Dunkelheit

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Ein dumpfer Kopfschmerz weckt mich zum wiederholten Male aus meinen süßen Träumen, zusammen mit Ren am Meer zu sein. Ich will Luft holen, aber das Tape auf meinem Mund lässt mich ihn nicht öffnen. Meine Augen kann ich ebenfalls nicht öffnen, ein Tuch scheint darüber fest gebunden zu sein. Die Dunkelheit umhüllt mich. Meine Hände scheinen auch verbunden zu sein. Ich werde hin und her geschaukelt und ich höre ein metallisches Prasseln über mir.
Es fällt mir wahnsinnig schwer meine Situation zu realisieren oder mich überhaupt zu konzentrieren. Wo zum Teufel bin ich? Das Geschaukel stoppt und beginnt erneut - alle paar Minuten von neuem. Bin ich in einem Auto? Es hat geregnet... ist das etwa das metallische Geräusch? Regen? Argh. Mein Kopf tut so unfassbar weh. Es erinnert mich an meine Kopfverletzung von dem Autounfall damals...
Mir ist wahnsinnig kalt. Ich liege hier, auf hartem Holzboden, bestehend aus Spanplatten? Es ist kratzig und fühlt sie wie das Holz an, dass wir für die Verkleidung der Theke benutzt haben... Vielleicht bin ich in einem Lieferwagen... wie viel Zeit ist vergangen?

Oh mein Gott Aki und Shima. Ren! REN! Ich bin weg! Ich bin nicht zu Hause! Wo bin ich? Meine Familie. Wie viel Zeit ist vergangen? REN!? Ich strample hin und her, meine Augenbinde löst sich nicht. Meine Hände ebenfalls nicht. Scheiße! Ich hyperventiliere, mir wird schwindelig. Ich muss mich beruhigen. Ich bekomme nicht genug Luft und es fühlt sich wie ersticken an, da ich meinen Mund nicht öffnen kann. Alles wird wieder schwarz.

„Was willste jetzt mit dem machen?" Ich werde erneut wach.
„Sprich gefälligst nicht in so einem normalen Ton mit mir." Da ist sie. Die Stimme aus dem Hinterhof. „Was glaubst du, wer du bist? Meine Güte. Man, er hat mir mein Jacket versaut. Bäh. Alles vollgeschmiert. Dafür wird er bezahlen." Ich höre ein reibendes Geräusch. „Denken Sie, der ist wach, Akito-dono?
„Quatsch. Ich habe ihn vollständig ausgeknockt. Ich bin zwar nicht so groß wie er, aber ich bin immerhin noch athletisch aus meiner alten Kendo Zeit."

Es ruckelt einmal kräftig und der Wagen in dem ich zu liegen scheine, würgt vollständig ab. Mein Puls drückt heftig gegen meine Schläfe, er scheint förmlich aus meinem Kopf herauszuspringen. Ich muss mich dringend beruhigen.
„Mein Gott, Uyeda. Ich habe dich für diesen Job ausgesucht, da du der dümmste und gehörigste bist, den ich gefunden habe... aber das du noch nicht mal einen Lieferwagen vernünftig fahren kannst, übertrifft selbst meine Vorstellungen."
„Hehe. Danke Akito-dono."
„Meine Güte, das war gewiss kein Kompliment."
„Jawohl, entschuldigen Sie bitte."

Akito. Ich habe diesen Namen schon häufiger gehört. Er kommt mir total bekannt vor. Woher nur? Die Tür öffnet sich und die zwei Männer steigen aus.
Okay. Fokus.
Meine Sinne sind plötzlich geschärft, mein Herz macht einen Sprung. Der Schmerz ist weg. Ich muss einen klaren Kopf bewahren. Was wollen die beiden von mir? Adrenalin fließt durch meinen ganzen Körper.
Die Türen öffnen sich und ein Windzug kommt herein. Einer der Männer packt mich an den Beinen und einer an der Schulter. Von draußen ertönt wieder die Stimme von diesem Akito. Oh. Wenn er draußen steht, müssen es insgesamt drei Männer sein?
„Bringt unser Träumerlein in mein Büro."
„Alles klar, Chef.", kommt es von beiden Männern fast zeitgleich.
Ist er eine Art Boss? Aber wovon? Er wird ja wohl nicht so dumm sein und mich in seine Firma bringen? Er muss doch mindestens bedenken, dass ich seinen Namen gehört haben könnte? Oder etwas mitbekommen könnte?
Oder... hat er vor, mich nicht mehr gehen oder entkommen zu lassen?
Mir wird schlecht. Ich mache mich schwer und versuche so weggetreten wie möglich zu erscheinen. Da ich mich nicht wehren kann, versuche ich Informationen mitzubekommen, die nicht für mich gedacht sind. Nur mit freien Beinen wegrennen bringt mir nichts. Ich weiß nicht wo wir sind, ich sehe nichts, meine Hände sind verbunden. Mindestens drei Männer sind in meiner unmittelbaren Umgebung. Ich hätte keine Chance.
Ich werde rabiat in eine Ecke geworfen. Die zwei Männer müssen mich mit Leichtigkeit ein paar Stufen und in ein Zimmer hinunter getragen haben. Der eine hat eine piepsige Stimme. Der andere ist der aus dem Auto. Uyeda...
Dieser Akito ist nicht hier. Ich habe niemanden gehört, der uns gefolgt ist. Nur die zwei Männer sind da.

„Meinste, der hat wirklich so heftige Alien-Augen, wie Akito meinte?", fragt dieser Uyeda. „Ey sei vorsichtig. Wenn der dich hört, bringt der dich um. Akito- 'dono'.", korrigiert der andere.
„Jaja. Der alte Sack hat keine guten Ohren mehr... Haha!! Aber viel Geld. Wir machen, was er will und dann gibt es Cash!" „Aber gleich einen entführen?", der andere klingt verunsichert.
„Als wenn der Alte Fehler macht! Der Geldsack hat einen zu hohen Namen. Der quält den etwas, wir schaffen ihn weg und dann gibt es die Bezahlung. Besser für so'n Kerl wie Akito, als für jemand andern, der nich' viel zu verlieren hat. Glaub' mir Cousin. So dämlich bin ich auch nicht. Hahaha!"
Was für eine dreckige Lache. Ekelhaft. In mir baut sich Wut auf.
„Ich will seine Augen sehen.", sagt der Uyeda wieder.
Ich bleibe ganz still liegen. In bin immer noch in der verrenkten Position, wie die beiden mich hier hingeworfen haben.
Nichts – anmerken – lassen.
Ich spüre, wie jemand näher kommt und meine Augenbinde herunterzieht. Mit zwei rauen Fingern spreizt er mein Auge.
Nichts – anmerken – lassen.
Ich wiederhole mein Mantra und versuche, ihn nicht anzugucken, mein Auge entspannt auf irgendeinen Punkt gucken zu lassen. „Boah ekelhaft heftig. Hahahaha!!! Voll gruselig. Haha."
Ich habe Gänsehaut. Der Ekel ist so groß, dass ich augenblicklich erbrechen könnte. Ich versuche mich zu beruhigen. Das Erstickungsgefühl baut sich wieder in mir auf, da mein Körper sich wieder gegen das Tape auf meinem Mund wehren will. Ganz ruhig. Tränen rinnen mir die Wange herunter, als er sich von mir entfernt.

Vorsichtig blinzle ich in den Raum. Die beiden Männer scheinen sich hingesetzt zu haben und leises Gerede kommt aus einem tragbaren Fernseher. Sie sitzen mit dem Rücken zu mir. Durch eine streifende Bewegung schaffe ich es, die Augenbinde komplett herunterrutschen zu lassen.

„Der ist voll weg haha. Wir brauchten das Zeug nichtmal. Können wir ja einsacken und für ne Puppe gebrauchen haha." Reden die beiden über mich? Ich blinzle und versuche zu erkennen, über was die beiden sprechen. Sie scheinen ein Fläschchen in der Hand zu halten.
„Akito wollte ihm lieber eine braten, als ihn zu betäuben. Er meinte, er könne das Aliengesicht nicht ertragen. Aber das Zeug wird ja nicht schlecht.", lacht der piepsige Mann. Ekelhaft, er ist genau so wie dieser Uyeda.
„Gon-Gon.. das wird super. Ich weiß das. Er hat uns so viel Cash geboten!!!"„Pscht. Das Spiel geht weiter."

Ich bin in einem kleinen Lagerraum. Überall stehen Kisten und Kartons. Einige türmen sich bis unter die Decke, andere sind umgefallen. Zerknüddelte Papierbälle, Pappe und Plastikfolie liegen herum. Ich liege auch auf einer ausgebreiteten Plastikfolie. Die Wand ist schmutzig, Tapete hängt herunter. Die Männer sitzen auf einem alten Sofa, an dem hinten der Stoff abgeranzt ist und ein großer Teil der Füllung heraus guckt. Der kleine TV ist vielleicht so groß wie ein Tablet, allerdings mit einer langen Antenne. Ich liege in der Ecke hinter dem Sofa. Da ich keine Tür sehe, muss sie neben mir auf der linken Seite sein. Ein gedimmtes Licht lässt alles zwielichtig erscheinen. Auf dem Tisch stapeln sich DVD's zu hunderten. Ich sehe etliche nackte Frauen auf den Titelbildern. Als ich mich genauer umschaue, sehe ich auch nackte Frauen in Form von Postern an den Wänden und weitere CD's und DVD's sowie Verpackungsmaterial. Handeln die mit Pornographie? Was wollen die von mir??? Die beiden Männer kann ich nur von hinten sehen. Ich kann nicht viel erkennen. Das Licht ist zu trübe, meine Schmerzen zu groß. Die Mützen, die die beiden tragen, helfen auch nicht gerade.

Die Tür geht auf.
„Sooo. Etwas Zeit ist vergangen. Zeit, das Schätzchen mal aufzuwecken. Wieso ist seine Augenbinde ab?" Die Tür schlägt zu. Er geht mit hastigem Schritt auf die Männer zu. „Zieht eure Maske runter. Ihr seid echt so dumm wie ein Stück Brot – unfassbar!"
„Du bist also wach, ja?" Er kommt auf mich zu. Ich öffne meine Augen nun ganz und schaue ihn an. „Einmal Ihren Milchkaffee, .... - du Wichser." Er richtet diese Worte an mich und schüttet brühend heiße Flüssigkeit auf mich hinab. Es brennt den Nacken und die Schulter herunter. Ich stöhne und schreie ins Tapeband hinein. Meine Augen fangen an zu tränen.
Es ist der Mann aus dem Café.

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Hochgeladen am 25.06.16
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