Kapitel 35 - Licht und Schatten

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Er spürte seine Kraft schwinden. Seine Schritte waren unsicher und seine Knie drohten nachzugeben, doch sein Gegenüber merkte nichts davon. Der hatte die schwarzen Augen weit aufgerissen und seine Züge waren durch und durch von Furcht geprägt.

Beinahe sah er aus wie der kleine Junge, den er vor so vielen Jahren zurück gelassen hatte. Ja, er hatte ihn alleine gelassen mit nichts außer Trauer und Hass, aber so war der Plan gewesen und er war aufgegangen.

Vor ihm stand nicht mehr das kleine, verängstigt Kind, welches immer zu ihm mit einem Blick voller Bewunderung aufgeschaut hatte, sondern ein junger Mann, der zu vieles auf seinem Weg hatte opfern müssen.

Hatte er damals richtig gehandelt? War es eine kluge Entscheidung gewesen das größere Gut über die Leben seiner Lieben zu stellen? Er würde es nie erfahren.

Während er ihm so gegenüber stand, sah er Erinnerungen an ihre gemeinsame Kindheit an seinem inneren Auge vorbei ziehen. Wie sehr er sich nach dieser Zeit sehnte wo die Welt noch in Ordnung gewesen war.

Seine letzten Gedanken widmete er seiner Familie und seinen Freunden. An seine Eltern, dessen Herzen mit Stolz und Liebe für ihre Söhne gefüllt waren. An seinen jüngeren Bruder, den er selber vom rechten Weg abgebracht hatte.

Auch Bilder von seinem verstorbenen besten Freund blitzten in seinem Kopf auf mit dem er so viele Stunden verbracht hatte. Der Pfad seines Clans war eine einzige, große Tragödie. Allem Anschein nach wollte das Schicksal, dass jedes einzelne Mitglied litt.

Seine letzten Gedanken wanderten zu einer jungen Kunoichi in dessen Augen ein Feuer brannte. Bei ihrem ersten Zusammentreffen war sie ihm feindlich gesinnt gewesen, doch hinter dieser Maske befand sich nichts als Güte.

Er streckte die Hand nach dem Gesicht des jüngeren Mannes aus. An der Situation gab es eigentlich rein gar nichts zu lachen, doch dennoch konnte er sich ein Lächeln unterdrücken.

"Vergib mir, Sasuke.", sprach er mit müder Stimme. "Es wird kein nächstes Mal geben."

Als seine Fingerspitzen die Stirn seines Gegenübers berührten, gaben seine Beine nach und er fiel. Dann wurde er von der Dunkelheit verschluckt.


Eine Unruhe nistete sich in meinem Körper ein und breitete sich rapide aus. Es war als stünde ich unter Strom und Tenjins sorgenvoller Gesichtsausdruck half mir nicht sonderlich. Den ganzen Weg über tauschten wir kein einziges Wort aus, sondern sprangen in höchster Geschwindigkeit von einer Baumkrone zur nächsten.

In solchen Momenten wünschte ich mir das Tempo des vierten Hokage für das er so berüchtigt gewesen war. Womit hatte er es nochmal gemacht? Falls ich mich richtig erinnerte hatte er sich von einem Kunai zum nächsten teleportiert. Der gelbe Blitz.

Meine Augen waren fest auf Tenjins Rücken gerichtet und ich wagte es nicht einmal zu blinzeln aus Angst, dass ich ihn verlieren könnte. Seit einer halben Ewigkeit bewegte er sich zielsicher in eine einzige Richtung und ich zweifelte nicht eine Sekunde daran.

In der Gaststätte hatte er mir gesagt, dass die Uchiha für ihn direkt auffallen. Wenn es dann sogar noch zwei waren, die gegeneinander kämpften, musste ihn das ja regelrecht umhauen. Zu meiner Verwunderung blieb er auf einem Ast stehen und beinahe wäre ich gegen ihn gekracht, hätte ich es nicht rechtzeitig bemerkt.

"Was ist los? Wieso bleiben wir stehen?", fragte ich sofort und schaute ihn an.

Doch er schüttelte nur den Kopf und setzte seinen Weg fort. Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? Die Sorgenfalte auf meiner Stirn wurde tiefer mit jeder Minute und ich redete mir ein, dass schon alles gut werden würde.

Tiefes Rot (Naruto Shippuden x Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt