Kapitel 26

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Viez ist irgendwann in der Zeit, von Idas Geburt, gegangen, was mich erleichtert hat. Am Morgen wurde ich von den heulenden Geschrei von Ida wach, woran ich mich wohl gewöhnen sollte. Phileas und Hellen tragen sie abwechselnd durch die Gegend, in der Hoffnung, die Bewegung und Schwingung würde sie zur Ruhe oder sogar in den Schlaf bringen, bis jetzt offensichtlich erfolglos. Ich bin noch immer in meinem Zimmer, in meinem Nachthemd und suche mir grade meine Kleider für heute raus. Da ich grade keine Korsetts trage, brauche ich Sinjas Hilfe nur für das Einsalben meiner Wunden. Meine Wahl fällt auf ein Kleid, mit einem leichtverblassten Rotton. Beim Umziehen stehe ich vor dem großen Spiegel in meinem Ankleidezimmer und stoppe kurz. Hellen hat mir versucht zu helfen, Mut zu machen, aber noch habe ich meinen Rücken immer noch nicht gesehen, und ich beschließe, dass heute dafür auch nicht der Tag sein muss.

Angezogen gehe ich nach unten und lasse mir eine Schüssel Obst bringen, die ich dann alleine im Speisesaal verzehre. Heute würde ich keine Tagespläne haben und nichts besonderes machen, außer meine Nichte zu bewundern. Ich weiß jetzt schon, dass Ida der Mittelpunkt in unserer Familie ist und bleiben wird, wofür ich sicher auch sorgen werde. Ich starre auf das Obst in meiner Schüssel, mein Kopf auf meiner Handfläche abgestützt. Wer hat Zea und den Anderen von der Misshandlung erzählt? Die Frage stelle ich mir jetzt nicht zum ersten mal. Ist es vielleicht wirklich eine oder einer unserer Angestellten? Oder würde ich das bemerken? Aber wie? Zu viele Fragen, die ich nicht beantworten kann und die mich frustrieren.

Nach meinem kleinen, verspäteten Frühstück gehe ich zu Hellen, die mittlerweile wieder in ihrem eigenem Schlafzimmer ist. "Wie geht's?", frage ich sie während ich mich an den Türrahmen lehne. Ich hoffe natürlich, dass ich Ida halten darf, die grade bei ihrer Mutter an der Brust hängt, aber ich bin auch für Hellen da. "Oh mir geht's gut, etwas müde aber gut. Daran muss ich wohl gewöhnen, bei dem Schreihals." Sie guckt runter zu ihrer Tochter. Ida hat einen blonden Flaum auf ihrem Kopf und weiße Haut, die gestern noch mit schmierigen Weißen Schleim überzogen war, sie wurde heute wohl gebadet. "Das musst du wohl, ja. Darf ich?" Sie nickt und klopft mit ihrer freien linken Hand auf den Platz neben ihr auf dem Bett und ich setzte mich neben sie. "Sie ist ein Engel"

"Ein schreiender.", lacht sie leise. Als Ida die Augen geschlossen hat und nicht mehr saugt, gibt Hellen mir die Kleine und packt ihre Brust wieder ein. Ich sauge den lieblichen Baby Duft ein, der von ihr ausgeht und wiege sie leicht. "Wo ist Phileas eigentlich?", frage ich und gucke zu Hellen. Sie zuck leicht mit den Achseln. Ich wusste, dass mein Bruder irgendwann wieder an die Arbeit muss, sich um andere Dinge kümmern, aber ich hätte auch gedacht, er würde sich mehr Zeit nehmen für seine Tochter, als ein paar Stunden. "Er musste etwas wichtiges erledigen, hat er gesagt." Ich schüttle sanft den Kopf. Wie kann man sich von diesem kleinem Geschenk nur lösen? Die Antwort kommt nur etwa zehn Minuten später, als Ida sich sehr ins Zeug legt, zu versuchen unsere Ohren zum bluten zu bringen. "Ist schon gut geh, ich mach das." Schon sind ihre Brüste wieder entblößt. "Ich komme später nochmal und bringe dir was zu essen."

"Gerne, ich wurde zwar schon gut gefüttert, aber ich sage nicht nein zu noch etwas."

Nachdem ich in meinem Zimmer sage und schreibe vier Bücher angefangen habe, die ich aber alle wieder zurück gelegt habe, ziehe ich mir meinen Mantel und Handschuhe über und gehe eine Runde raus. Aus Gewohnheit, nehme ich auch meinen kleinen Dolch mit. Es wird immer kälter und mich würde es nicht wundern, wenn nächsten Monat schon Schnee vom Himmel fällt. An den Gärten vorbei, dann stehe ich auf der großen Wiese, ein paar Meter von der Grenze zum Wald entfernt. Ich starre mit leerem Blick in die Richtung des Waldes. So in Trance, wie ich bin, merke ich fast nicht, wie ich mein Armband, wieder mal, hin und her reibe, über mein rechtes Handgelenk. Ich reiße meinen Blick los, schaue auf meine Füße und gehe weiter.

Die Farben der Macht - Schwarz und Lila |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt