Kapitel 36

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Ich bin unter Wasser wieder in der Dunkelheit und meine Atemluft weg. Panisch schlage ich um mich. Ich kann nicht atmen, nicht denken. Vor mir glaube ich Seth zu erkennen, wie er sinkt. Ich kann nicht mehr länger, atme ein und alles in mir droht zu platzen. Ich schreie mit meiner letzten Kraft um Luft und sinke dann selbst. Ich bin wieder in der endlosen Dunkelheit. Nichts. Nichts, aber ich bin da. Und dann der rettende Schlag auf meine Brust.

Ich wache mitten in der Nacht auf. Meine Hände an meinem Hals. Ich schaue zu den Gardienen und weiß, dass ich in meinem Zimmer, in meinem Bett bin. Mein schnelles und hektischen Atmen verlangsamt sich ganz langsam wieder und ich setze mich an den Rand des Bettes. Auf dem Boden liegt meine Decke, die ich im Schlaf von mir geworfen haben muss. Ich stehe auf, gehe zum Fenster und öffne es. Die eiskalte Nachtluft ist erfrischend und die Gänsehaut, die sich sofort bildet, stört mich auch nicht. Ich stütze mich auf meinen Handballen und schaue in den Himmel. Wie kitschig. Denke ich mir. Das Mädchen, was sich nachts den Sternenhimmel anschaut, fehlt nur noch der starke Mann, der sie dabei küsst.

Der Himmel ist klar, keine Wolken zu sehen, aber viele Sterne leuchten heute Nacht nicht. Ich suche nach dem Sternzeichen Steinbock, das Zeichen meines Vaters. Ich suche den Himmel danach ab, bis ich eine Anordnung von Sternen entdecke, von denen ich glaube, sie sind es. Ein Stern von ihnen sticht besonders hervor. Der Stern ganz links, außen leuchtet heller als alle anderen. Ich muss an meine Worte denken, die ich mir für die Beerdigung der fremden Mutter und ihrer Tochter, zusammengedichtet hatte. Mögen eure Sterne besonders hell scheinen. Ich weiß, dass es verrückt ist, aber ich lache den strahlenden Stern zu. "Leuchte weiter", flüstere ich ihm zu.

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Es ist kälter, als ich angenommen habe. Meine Finger und Zehen sind steif, ich spüre sie kaum noch, und meine Nasenspitze, so befürchte ich, fällt gleich ab. Ich laufe im angenehmen Tempo durch den Wald, um mich aufzuwärmen, bevor die Anderen kommen. Der Boden unter mir knistert, weil ich den Frost zertrete, und öfters zerbricht unter meinem Gewicht ein Stock oder Ähnliches. Die Sonne scheint hell, und trotzdem fühlt es sich so an, als würde keinerlei Wärme von ihr ausgehen. Mit mir habe ich, wie gewohnt, zwei Dolche, auf Pfeile und Bogen habe ich verzichtet. Beides wäre mir jetzt nur im Weg gewesen. Vor mir erscheint die Lichtung, auf der wir uns alle treffen wollen. Ich bremse ab und laufe, mit meinen Händen auf den Hüften ein paar Mal im Kreis, dabei bilden sich in der Luft kleine Wölkchen, wegen meines warmen Atems in der kalten Luft. Ich schrecke auf, als plötzlich Lerya aus einem der Bäume springt, dabei sollte ich mittlerweile wissen, wie gut und gerne, sie sich anschleicht.

"Heilige Scheiße", keuche ich und fasse mir dabei auf Brust, an die Stelle, wo mein Herz, wie wild pocht. "Es ist echt zu leicht und zu lustig dich zu erschrecken." Ich strecke ihr die Zunge als Reaktion auf ihre Worte und ihr Lachen raus. "Wann kommen die Restlichen? Wenn sie noch länger auf sich warten lassen, werden sie nur meine gefrorene Leiche finden." Sie schaut sich um. "Ich bin mir sicher, dass sie um dich trauern werden.". sagt sie noch immer leicht lächelnd. Man kann mit ihr gut reden und Spaß haben, wenn sie nicht grade wütend ist oder arbeitet und das hätte ich bei unseren ersten Begegnungen nie für möglich gehalten. Leryas lockige Haare hat sie mit einem Band nach hinten gebunden, ihre Haare platzen förmlich hinten heraus, so voluminös, wie sie sind. Sie hat eine enge Hose an, ihr sonstiges Top hat sie durch einen enganliegenden Pullover ersetzt und über diesen liegt ein etwas dünnerer, knielanger Mantel. All ihre Klamotten sind in grau, schwarz Tönen, wie auch die Kleidung von Seth. Ravan und Xarish trauen sich manchmal auch an andere Farben ran.

Endlich tauchen die fünf Männer auf, die beiden Frauen hingegen lassen noch ein paar Minuten auf sich warten. Ihre Ausrede ist wieder ihre Arbeit, ich frag nicht weiter nach. Lerya teilt uns ein, sie bestimmt Gruppen, und was diese lernen oder lehren können. Da ich nicht so viel Erfahrung habe, wie zum Beispiel Lerya, kann ich nicht wirklich viel beibringen. Bogenschießen hätte ich noch hingekriegt, aber den habe ich nicht dabei, und auch kein anderer. Lerya bringt den Neuankömmlingen etwas schwierigere Übungen in Bereich des Kampfes mit Dolch und Messer bei. Sie ist so flink und elegant mit ihren Waffen unterwegs, dass das ganze wie ein Tanz wirkt, ein tödlicher Tanz wohlbemerkt. Ich mische mich zu Xarish, der mit Messern um sich wirft und erstaunlicherweise, fast mit jedem Wurf das Ziel, ein nicht allzu weitentfernter Baum, trifft. Er erklärt mir, dass er eine höhere Treffsicherheit hat in Gebieten, die er kennt, logisch. Aber es reicht ihm schon sich vorher etwas erkundigt zu haben, um etwas zu treffen.

Die Farben der Macht - Schwarz und Lila |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt