Kapitel 31

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Meine frischen Narben sind stark genug, dass ich mich wieder, fast, rücksichtslos bewegen kann und so beginnt auch wieder das Training mit Viez. In nur einer Woche kommt er drei Mal zu mir und trainiert wieder ganz genau wie vorher. Morgen steht schon das nächste Treffen mit Lerya und den Anderen an und zwei Tage danach reist Clarissa ab. Gestern ereilte uns die Nachricht, dass die Schiffe mit der Teeladung ankamen und das Geld bereits ausgezahlt wurde. Über all das denke ich nach, solange Viez und ich unsere Schwerter gegeneinander knallen lassen und dabei immer das unangenehme Geräusch von Metall auf Metall erklingt.

Den Schwertkampf kann ich zwar gut, aber hasse ihn. Ich hasse es einem gegenüber zu stehen, der die gleichen Chancen auf einen Sieg hat, wie ich, wenn nicht sogar bessere. Ich halte zwar lange durch, aber schließlich liege ich mit dem Rücken auf dem Boden und Viez hält sein Schwert auf meine Brust. "Wenn ich es wollte, würdest du tot vor mir liegen." Ich verdrehe genervt die Augen. "Freut mich, dass es nicht so ist." Er zieht das Schwert weg, aber ich bleibe liegen und senke den Kopf auch auf den Boden. "Komm Aufstehen!" Ich reagiere nicht wirklich, schüttle nur meinen Kopf. Ich bin ausgelaugt. Drei Tage haben wir hintereinander trainiert und ich brauche eine Pause. Ich lausche den Blättern der Bäume, die, die noch da sind, im Wind und jetzt, wo ich mich nicht mehr bewege, habe ich das Gefühl ich könnte mich gar nicht mehr bewegen vor Kälte.

"Ich fahre nächste Woche mit Quirin nach Matz." Ich fahre hoch, bleibe aber sitzen. "Wir begleiten eins der Gewürzschiffe." Also gibt es schon die nächste Fracht, die verschifft werden muss. "Aber warum müsst ihr mit?" Er schaut ins Nichts. "Quirin meint einfach, ich solle mal sehen, wie das Geschäft wirklich läuft und auch mal was Anderes sehen als unser Land." Für mich gab es auch nie was Anderes, als unser Land, Boditez. "Du musst bestimmt gespannt sein." Er nickt, aber ich kaufe ihm das nicht wirklich ab. "Schon, aber ich weiß nicht, ich würde lieber hier bleiben. Das Schmuggeln ist nichts für mich." Ich habe ihn noch nie gefragt, was er eigentlich von dieser Arbeit hält, bin davon ausgegangen er steht dazu, wie Quirin, sein Stiefvater und Onkel. "Und du? Ist das Schmuggeln, was für dich?" Nein.

"Ich weiß nicht recht.", sage ich stattdessen. "Und was würdest du sonst machen?" Einen Mordanschlag auf den König planen, mit einer Assassin, dem Vapas Jungen und noch zwei anderen ernsten Typen. Natürlich antworte ich wieder nicht das, was ich eigentlich denke, was eigentlich die Wahrheit ist. "Keine Ahnung. Erstmal bleibe ich wohl dabei. Und du?" Auch er zögert etwas. "Keine Ahnung." Seine Antwort klingt komisch ernst. Er legt sich still neben mich. Ich gucke in den Himmel, und die Sonne tut mir in den Augen weh. Wir liegen einfach da. Kurz denke ich, er würde versuchen sich mir körperlich zu nähern, aber wir liegen nur reglos dar. Ich friere unglaublich und halte es nicht lange aus.

"Ich bin in der Stadt, dauert etwas länger!", rufe ich, bevor ich das Haus verlasse. Ich würde reiten, aber ich denke es hat seine Gründe, dass keiner angeritten kommt und so begebe ich mich zu Fuß auf den Weg zur Hauptstadt. Ich gehe durch die Straßen zu dem Stall, und öffne die Luke um die Treppen hinunter zu steigen. Unten sind bereits Ravan und Seth da, Lerya und Xarish fehlen. Bomben Stimmung. Seth liegt auf dem Sofa, ein Arm über seinem Kopf. Von der Seite sieht man, die kleine Spitze seiner Nase deutlich, die wegen dem Licht des Feuers scheint. Ravan sitzt auf der Lehne des Sofas und bindet sich seine kleine armbrustartige Erfindung um sein Handgelenk. Ich lehne mich an die Wand und überkreuze meine Füße. Ich streiche über meinen Daumen, an dem noch immer eine kleine Linie zu spüren ist, von dem ersten Treffen, bei dem ich mir in den Finger geschnitten hatte. Sie beweist mir, dass alles wirklich passiert ist, dass ich hier in einem geheimen Raum, einer geheimen Organisation mit zwei jungen, gefährlichen Männern stehe.

Von oben kommen Geräusche und ich blicke die Treppe hoch, die Xarish und Lerya grade runter kommen. Ich bin beeindruckt, wie problemlos, Xarish jeden Schritt sicher setzt. Wir versammeln uns um den Tisch herum, ohne dass Lerya etwas sagen muss. "Ich habe mit mehreren Schwalben gesprochen und wir haben für heute zwei Termine. Einer in Ankur, am Hafenversteck und einen hier in der Hauptstadt, aber etwas weiter auf dem Land, in einem gut organisierten Dorf. An beiden Orten warten vertrauenswürdige Schwalben, die uns helfen können." Wie viele Verstecke gibt es wohl?

"Seth und Alec ihr geht zusammen zum Haven." Bei den Worten grinst sie etwas hämisch in sich rein und zwinkert mir zu. Sie ist gut gelaunt, was für uns alle ein gutes Zeichen ist. "Und wir drei Restlichen begeben uns zu dem anderem Versteck, dort warten um die dreizehn Leute, viele mögliche Kämpfer und Kämpferinnen, die wir uns genauer ansehen müssen." Dann schaut sie zu Seth. "Hat alles gekappt mit der Verschiffung?" Er hat seinen Linken Arm wieder um sich herum geschwungen und antwortet Lerya laut und mit hochgezogenen Mundwinkeln. "Alles lief nach Plan, sie werden auf den Inseln in ein paar Wochen ankommen." Das lässt Lerya noch mehr grinsen. Und auch mich ein wenig, denn der Gedanke, dass Zea sicher auf einem Schiff ist erleichtert mich. Mein Kleid, hat sie gesagt, lässt sie mir zukommen, wann oder wie genau, weiß ich nicht. "Ich würde sagen, wir treffen und bei Sonnenuntergang wieder hier und tauschen Namen aus." Ravan nickt und die Anderen sind auch alle einverstanden. Lerya, Xarish und Seth gehen schon die Treppen hoch, aber ich schaue noch einmal zu Ravan, der seinen Mantel nimmt und mir zulächelt. Er sieht wirklich freundlich aus mit seinem niedlichen Lachen und ich tue ihm den Gefallen und lächle vorsichtig zurück.

Draußen wartet Seth auf mich und Lerya und Xarish auf Ravan, dann trennen sich unsere Wege wieder einmal. Ich mache meinen Mantel zu und laufe still neben Seth her, der wieder Staub aufwirbelt. "Wann werden wir erwartet?", frage ich ihn nach einer Wiele des Schweigens. "Ich glaube eine genaue Uhrzeit gibt es da nicht. Kann sein, dass wir Stunden warte müssen oder sie." Wunderbar.

Nach langem Laufen, kann ich das Wasser hören, was gegen Stein prallt und die Möwen über den Häusern kreischen. Seth geht grade aus und irgendwann stehen wir ganz nah am Wasser und den ganzen großen Handelsschiffen. Vor über einem Monat war ich hier, um die Schiffe seines Vaters zu zerstören. Jetzt stehe ich hier mit ihm und soll Leute finden, die mit uns den König ermorden. Wir laufen zu einem wirklich kleinem Häuschen, es ist so klein, das in ihm nur ein Stuhl und ein Regal steht. Die kleine Hütte gehört zum Haven, hier sitzt eigentlich ein Mann, der Auskunft geben kann über Überfahrten und Anfahrten und alles protokolliert, was hier ankommt und wegfährt, doch jetzt ist es leer und wir stehen hier eingeengt drinnen.

"Geh einen Schritt zurück." Ich gehe so weit ich kann zurück, was aufgrund der engen Wände, wirklich nur ein Schritt ist. Er schiebt den Teppich zur Seite und sichtbar wird eine Klappe, genauso eine wie im Stall. Er zieht an dem Griff und zeigt in die Tiefe. "Nach dir", sagt er höflich und ich gehe runter. Er folgt mir, schließt die Luke und zündet eine Fackel an, die an der Wand hängt. "Wie es aussieht sind wir es, die warten müssen." Meine Worte schallen den Flur runter. "Mhm", macht er nur. Ich gehe die Treppen runter, es sind mehr, als bei unserem Quartier und sie drehen sich auch nicht, sondern gehen grade ich eine Richtung. In die Richtung des Meeres. Ich bilde mir ein, Wasser über mir zu hören und werde etwas nervös. Wir sind unter Wasser.

"Mach dir keinen Kopf, die Wände sind über einen Meter dick." Wirklich beruhigen tut mich seine Information nicht. Unten im Raum angekommen, geht Seth rum und zündet an jeder Wand die angebrachten Fackeln an. Ich schaue mich um und sehe, dass die Decke unteranderem von fetten Holzsäulen getragen wird. Auch dieses Versteck ist unserem sehr ähnlich, in der Mitte steht ein großer Tisch, der hier aber rund ist, und an den Wänden stehen statt einem Sofa nur ein paar Hocker. Ich tigere durch den Raum, während Seth angespannt am Tisch steht.

Das Knatschen der Luke lässt mich aufhören, doch ich höre keine Stimmen. Seth schaut misstrauisch die Treppen hoch, aber er kann den Ausgang nicht sehen. Seine Hand fährt unter seinen Mantel, an die Stelle wo seine Pistole ruht. Sann höre ich, wie etwas auf den Treppen immer wieder aufkommt und sich runter zu uns rollt. Seth reißt die Augen auf, rennt drei Schritte auf mich zu und zieht mich zu den Treppen. "Wir müssen hier raus!", sagt er laut und befehlend, aber dann hören wir beide, wie die Luke geschlossen wird, und auch, ein Klicken, was sich wie ein Schloss anhört. Seth rennt in die hinterste Ecke des Raums und da sehe ich das Ding, was die Treppen runtergerollt ist. Eine kleines Paket, mit einer leuchtenden Zündschnur. In dem Moment, in dem Seth sich auf mich wirft und wir zu Boden fallen, explodiert es schon. Die Welle, die und nach hinten wirft ist so stark, dass ich heftig mit dem Kopf gegen die Steinwand hinter mir knalle. Ich verliere das Bewusstsein.

Die Farben der Macht - Schwarz und Lila |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt