Kapitel 52

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Die ganze Nacht halten wir uns mit Albernheiten wach. Wir reiten durch einen sehr dichten Part in einem Wald, als mich plötzlich ein unglaublicher Schmerz durch fährt. Ich schreie schmererfüllt auf und verliere das Gleichgewicht. Ich falle einfach zu Boden, zwischen meinem und Seths Pferd. Ich schreie noch einmal auf, auf den Schrei folgt mein Name. Seth kniet neben mir und auch Xarish ist abgestiegen. "Wir müssen weiter schnell!", ruft Lerya laut. Ich taste meinen eignen Körper ab und treffe auf Seths Hände, die einen Pfeil umschließen, der mir in meiner Seite steckt. "Was ist los?" Die Frage stammt von Ravan, der sich uns nähert. Dann kommen weitere Pfeile auf uns zu, sie treffen keinen, landen nur mit den Spitzen im Boden. "Hebt sie hoch, wir müssen weg!" Und dann höre ich die Pferde, die auf uns zu kommen. Meine Hände umklammern den Pfeil und Seths Hände gleichzeitig. "Fuck.", flucht er und hebt mich plötzlich hoch. Beim Hochheben zieht es unglaublich und ich ziehe scharf Luft ein.

Er setzt mich aufs Pferd und bevor ich zur Seite kippen kann, sitzt er hinter mir und hält mich. "LOS!" Leryas Stimme schallt laut durch den Wald und wir setzen uns in Bewegung. Mich wundert es, dass der oder die Schützen uns noch nicht erreicht haben. Aber nicht lange, denn ich höre die rasenden Hufe der Pferde nah hinter uns. Unser Pferd galoppiert schnell und das auf und ab Wippen, rüttelt unangenehm an meiner Wunde. Neben uns reitet meine Stute, die jetzt zusammenbricht und laut wirrt. Sie wurde getroffen. Ich kann nicht zurück gucken, denn Seths breiter Oberkörper versperrt mir die Sicht. Ich spüre, wie ich immer mehr Blut verliere und ich kurz davor bin, das Bewusstsein zu verlieren. Die Dose mit den Pillen in meiner Manteltasche raschelt im Takt des Pferdes und ich schließe die Augen, die immer schwerer werden. Meine Nackenmuskulatur gibt nach und mein Kopf fällt nach vorne. "Nein. Wach bleiben." Sagt Seth laut und tätschelt mir die Wange, wofür er mit einer Hand die Zügel loslassen muss. Ich höre einen Pfeil durch die Luft schießen und Seth stöhnt auf. "Was?"

"Alles gut, nur die Schulter" Noch ein Pfeil, jetzt höre ich den Schrei von Vorne. Xarishs Stimme vibriert und lässt den Boden beben. Kann auch sein, dass ich mir das nur einbilde. "Wie viele", bringe ich über die Lippen, die sich seltsam trocken anfühlen. "Nicht viele. Es sind keine Soldaten. Sie haben keine Schusswaffen. Wahrscheinlich dein Freund aus der Stadt." Seths Stimme sorgt dafür, dass ich mich entspanne und mir wieder die Augen zu fallen. "Alec. Bleib bei mir. Bleib wach." Wieder spüre ich seine Hand im Gesicht. Ich fühle meine Füße nicht, auch meine Finger fühlen sich taub an, aber ich spüre den Pfeil und das Blut, das sich verteilt und vom Stoff aufgesogen wird, der Pfeil in der Wunde stoppt die Blutung glücklicherweise zum Großteil, aber allein die Schmerzen rauben mir Kraft.

Wir biegen ab, vor uns reiten Lerya und Xarish in die andere Richtung, wir folgen Ravan. Wenn es nicht viele sind, müssen sie sich jetzt noch aufteilen. Xarish hatte einen Pfeil in seinem Bein, ich in meinem seitlichen Bauch, auch wenn keine lebenswichtigen Organe beschädigt sind, werde ich hier gleich auf dem Pferd verrecken. Ravan, der vor uns reitet schaut nach hinten und zeigt Seth einen Finger. Nur noch einer folgt uns. Dieser jemand wird in dem Tempo hoffentlich nicht in der Lage sein weiter zu schießen. Dann trennen wir uns nochmal von Ravan. Der Reiter hinter uns, folgt Ravan, der kurz vorher an Tempo abgelassen hat um auf unserer Höhe zu sein. Seth reitet noch ein wenig weiter, als er langsamer wird, verliere ich wieder das Bewusstsein.

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Nasse, warme Hände in meinem Gesicht lass mich wieder aufschauen. "Alles wird gut.", versichert er mir. Ich versuche meinen Kopf zu heben, habe aber keine Kraft mehr dazu. Ich stöhne laut auf, als Seth Druck um die Wunde ausübt. "Lerya wird bald kommen." Scheiß auf Lerya, mach was! Nicht mal ihn anschreien kann ich mehr. Ich hebe meine Hand, das kann ich noch, und führe sie zitternd zu seinen, die an meiner Seite liegen. Ich drücke seine Hand und schlinge meine Finger um seine. "Es tut kaum weh." Ich versuche zu lächeln, was nicht gut funktioniert. Er kann auch nicht grinsen. Dann höre ich wieder Pferde, Seth bleibt neben mir. Ravan kann ich jetzt auch in die Augen schauen. Er kniet sich auch neben mich. "Hey", sagt er freundlich und drückt meine andere Hand. Beide haben nicht das Wissen über Medizin und Heilung, wie es Lerya hat, sie weiß viel über den menschlichen Körper. "Lerya kommt." Ich schließe die Augen zur Zustimmung. Nur, dass meine Augen geschlossen bleiben, ich schlafe nicht ein und höre die ganze Zeit über, wie Seth und Ravan, versuchen mich zu wecken und sagen ich solle die Augen wieder öffnen.

Ich kreische und keuche auf, als jemand in mein Fleisch schneidet. "Ich bin's.", knurrt Lerya angestrengt. "Ich muss die Wunde sauber erweitern, um die Spitze rausziehen zu können.", erklärt sie. Sie hätte mir alles erzählen können und ich hätte nicht reagiert außer mit einem Aufschrei, denn sie zieht den Pfeil aus meinem Fleisch. "Scheiße", fluche ich. "Du kannst ja schon wieder fluchen." Ravan hat eine komische Art in solchen Situationen zu reden oder zu versuchen andere aufzumuntern. Seth kniet neben Lerya, über meinem Kopf und hält meine Hand. Mein Arm ist zu ihm geknickt, damit ich Lerya nicht im Weg bin, die jetzt Alkohol über die Wunde schüttet. Wieder schreie ich und drücke Seths Hand, so fest ich kann, was nicht sehr doll sein kann, denn mir wird schon wieder schwarz vor Augen, wegen der Anstrengung. "Halt still." Ich drücke weiter zu und dann spüre ich die Nadel, die immer wieder aufs Neue durch meine Haut und Fleisch sticht.

Bei jedem Stich zische ich. "Hast Glück. Du hast keine inneren Blutungen. Viel Blut hast du trotzdem verloren." Ich nicke sanft, wozu ich viel Kraft brauche. Lerya beißt den Faden ab, steht wieder auf und geht zu Xarish, der vor meinen Füßen sitzt, etwa zwei Meter entfernt. Erst als ich mich nicht mehr so beobachtet fühle, lege ich beide Hände auf Seths Gesicht. Er senkt sich und küsst mich auf meine trockenen Lippen. Dabei schließe ich die Augen und halte ihn weiter. Dann fällt mir ein, dass auch er getroffen wurde ich drücke sein Gesicht von mir und schaue ihn besorgt an. "Der Pfeil... deine Schulter..." Er lächelt zärtlich. "Halb so wild, wird nur längere Zeit weh tun, beim Bewegen." Er senkt sich wieder und unsere Lippen treffen sich wieder. Dann das Nächste was mir einfällt. Ich schiebe ihn wieder weg. "Xarish?"

"Auch ihm geht's gut, der Pfeil hat sein Bein getroffen." Ich bleibe liegen, mir bleibt nicht viel übrig, und erst nachdem Lerya Xarish und dann auch Seth versorgt hat, kann ich mich einigermaßen wieder fühlen. "Sind sie tot?", frage ich, als sie sich alle bei mir versammelt haben, da ich nicht aufstehen kann. Sogar Xarish ist hier hin gerutscht. "Ja alle. Es waren nur drei. Sie waren keine Soldaten, wahrscheinlich Bürger aus der Stadt, die sich ein bisschen was verdienen wollten. Der Heiler ist bestimmt auch dabei gewesen." Über all das unterrichtet mich Ravan. "Wir müssen weiter. Es tut mir leid, aber wir müssen. Sie werden Freunde und Familie erzählt haben, was sie vorhaben. Nach ihnen wird gesucht werden nach uns wird gesucht werden."

"Ich kann sitzen, alles gut.", teile ich den anderen mit, die mich skeptisch betrachten, aber uns bleibt nun einmal keine andere Wahl. Lerya geht zurück zu ihrem Pferd und Ravan stützt Xarish etwas, damit auch er aufsteigen kann. Der Anblick ist witzig, der schlanke Ravan, als Stütze für den Riesen Xarish. "Du musst mir glaube ich hoch helfen." Und das tut Seth auch. Ich kann nicht stehen, und trotz seiner Verletzung hebt er mich auf sein Pferd. Toll, jetzt werde ich von einem schönen Mann gerettet und auf ein Pferd gehoben. Obwohl.. Gerettet hat mich Lerya. Ich nehme mir vor, ihr zu danken, wenn sich die Gelegenheit bietet. Beim Reiten hält mich Seth mit seinem linken Arm fest, an dem er noch eine Wunde von einem Schuss trägt und jetzt weiter oben, an der linken Schulter auch noch eine Wunde, von einem Pfeil. Mit dem Rechten führt er das Pferd. Ich lehne mich an ihn an und atme schwer, denn die Wunde tut noch immer höllisch weh. Ich weiß, dass ich eigentlich Ruhe bräuchte, weiß aber auch, dass das nicht geht. Seths Körperwärme und Geruch umhüllt mich und ich schlafe, trotzt der Schmerzen ein.

Die Farben der Macht - Schwarz und Lila |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt