Kapitel 51

58 4 0
                                    

Wir kommen der Grenze immer näher, laut Lerya brauchen wir nicht mehr ganz drei Wochen. In den Tagen, die dahinziehen falle ich wieder in mein selbst gegrabenes Loch und an anderen Tagen lache ich wieder und strahle meine Freunde an. An einem Abend ist es wieder etwas schlimmer und ich ziehe mich zurück. Immer so, dass ich das Feuer noch sehen kann. Der Boden, auf dem ich sitze ist kalt und die Kälte zieht sich durch meinen ganzen Körper bis zu meinen Kopf.

Meine Tränen fangen grade an zu trocknen und meine Haut spannt sich unter den weißen Salzpunkten, die sich bilden, als Seth sich erhebt und auf mich zukommt. Ich will in dem Zustand mit keinem reden, ich rede über sie nicht, mit niemanden. Die schwarze große Gestalt kommt näher, bis ich sein Gesicht wieder erkennen kann. Er setzt sich, ohne ein Wort zu sagen neben mich. In mir ist eine Barriere, die verhindert, dass ich mich meinen Gefühlen vollkommen hingebe, die auch jetzt wirkt. Er legt mir nach ein paar Minuten seine große, starke Hand auf dem Rücken, von der sofort Wärme ausgeht. Die Wärme ist stärker als die Kälte und wärmt meinen ganzen Rücken und auch die restlichen Teile meines Körpers fühle ich wieder richtig. "Es ist in Ordnung", flüstert er grade in die kalte Luft. Seine warme Stimme löst etwas in mir aus und die Brücke, die ich aufrecht halten wollte, bricht. Sie bricht aber nicht nur einfach, ich senke sie. Ich lasse los und vergrabe meinen Kopf zwischen meinen Knieen, die ich fest umschlungen habe. Und dann kommen erneut die Tränen, die ich nicht zurück halten kann. Er beginnt mir leicht mit seinem Daumen über eine Stelle an meinen Rücken zu streicheln. Er streichelt dabei immer wieder eine meiner verheilten Narben. Ich schrecke nicht zurück, nicht wie ich es bei Viez getan habe. Seine Berührung ist tröstend. "Ich vermisse sie.", jammere ich leise und an meiner zittrigen Stimme hört man, wie es mir geht. "Ich auch." Er meint nicht meine Familie. Er meint seine Familie, wer das auch immer für ihn sein mag.

Ich lehne mich etwas zurück und senke meinen Kopf auf seine Schulter. Dieser Moment fühlt sich intimer an, als alles andere. Ich zeige ihm meine Gefühle, meine Schwächen und einen winzigen Teil kriege ich auch von ihm zu Gesicht. Er schließt seinen Arm um mich und so sitzen wir da und trauern gemeinsam.

--

Es ist wieder Zeit für mich und Lerya in das Dorf, was vor uns wartet, zu gehen. Ich nehme mir vor nach einer Art Apotheke oder Laden für Kräuter zu gehen, um etwas für Verhütung, aber auch etwas für ruhigen Schlaf zu holen. Das Dorf, was wir heute besuchen ist größer als die sonstigen, aber es ist das einzige, was uns auf dem Weg zur Grenze noch entgegen kommt und so bleibt uns nichts anderes übrig. Da bis jetzt bei unseren kleinen Ausflügen nie was schief gelaufen ist, mache ich mir auch jetzt keine Sorgen. Wir trennen uns von Seth, Ravan und Xarish und reiten in den Kern des Dorfes, das man schon fast als kleine Stadt bezeichnen könnte. Nachdem wir die Pferde untergebracht haben, gehen wir auf den großen Marktplatz, die vielen Stände steigern meine Hoffnung auf einen Laden oder Stand, der heilende Sachen verkauft. Nach und nach gehen wir zu jedem Stand und kaufen Essen mit unserem letzten Geld, welches wir zum Glück noch in Mengen haben.

Meine Augen lasse ich suchend über jede Ecke streifen, bis ich tatsächlich ein Schaufenster entdecke, in dem mehrere Kräuter und Dosen ausgestellt sind. Ein Ladenschild kann ich nicht erkennen, weshalb ich mich von Lerya entferne und zu besagtem Fenster laufe. Im Inneren sehe ich einen Tresen und dahinter große Regale in denen alles Mögliche verstaut ist. Von Gläsern mit fragwürdigen schleimigen Teilen, getrockneten Kräutersträuchern, Tuben in denen ich Salben und Cremes vermute bis hin zu Stoffteilen, Bandagen und Tabletten in Gläsern ist alles dabei. Ich drücke die Tür auf und über mir klingelt ein Glöckchen, der Ton erinnert mich an die Schneiderei von Zea, die auch eine Glocke verwendete, um Kunden anzukündigen. Ein kleiner, dicker Mann erscheint aus einer Tür, hinter dem Tresen. Er lächelt mich freundlich an. "Was kann ich für sie tun, meine Dame?" Ich lächle zurück. "Ich suche nach etwas, was vor der Schwangerschaft schützt." Der Mann schüttelt den Kopf und schnalzt mit der Zunge.

Die Farben der Macht - Schwarz und Lila |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt