Kapitel 28

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Heute war Viez wieder da, seine letzten Annäherungsversuche haben wir einfach vergessen und strickt aus unseren Gesprächen verbannt. Mir geht es physisch wieder so gut, dass ich mit ihm jagen war. Beim Spannen des Bogens, zieht es zwar immer noch, aber es ist alles erträglich, und ich war einfach wieder glücklich, mich körperlich richtig anzustrengen. Beim Tragen der Beute, ein Reh, hat Viez mir geholfen, beziehungsweise, er hat das Tier getragen. Ich kann leider nicht viel über Viez und seine inneren Vorgänge sagen, was nicht daran liegt, dass er etwa besonders verschlossen wäre, er ist einfach schwer zu verstehen. Ich kann nie, nur ansatzweise, voraussagen, was er als nächstes sagen oder tun wird und wenn ich recht darüber nachdenke, weiß ich nur sehr wenig über ihn.

Ich lade ihn ein, mit uns zu essen, er nimmt an, was mich wieder Mal ein wenig überrascht. Während das Essen zubereitet wird, sitze ich mit ihm in dem Raum mit dem Sofa und dem Kamin, es ist wie ein Wohnzimmer oder Gesellschaftszimmer. Ich habe eine Frage, die ich gerne von ihm beantwortet käme. Warum hast du Clarissa geküsst? Aber ich stelle diese Frage nicht und werde es auch nicht tun, denn es geht mich nichts an. Er ist mir nichts schuldig, eigentlich bin ich es ihm sogar eher, einmal hat er mich in der Stadt gerettet und einmal hat er mir geholfen, seinen Vater zu hintergehen und die Schiffe zu zerstören. Also bin ich leise und erwähne auch das Thema nicht.

Das stellt sich später, als richtige Entscheidung raus, als Clarissa persönlich das Zimmer betritt. Sie setzt sich in eine gegenüberliegende Ecke, auf einen großen dunkelgrünen Sessel. "Ihr könnt ruhig weiter reden." Dabei haben wir nicht wirklich ein Gespräch geführt und ich wüsste auch nicht worüber wir jetzt noch reden könnten. "Wie geht es dir Viez?" Sie fragt nur Viez, mich behandelt sie so, wie sie es mir gesagt hatte. Sie mag mich nicht, und das merkt jeder, der uns beide zusammen in einem Raum erlebt, aber grade jetzt kann ich sie nicht mehr öffentlich anstacheln. Viez und sie wechseln ein paar Worte, dann verstummt auch ihr Gespräch. "Ach übrigens Alec" Ich bin äußerst überrascht, als sie mich dann doch anspricht. "Ich habe Nachrichten, die dich erfreuen werden. Ich reise Ende des Monats ab, mein Vater hat eine passende Ehe arrangiert." Sie sagt es kalt, emotionslos und desinteressiert, aber ich glaube ihr das nicht. Eine arrangierte Ehe ist selten schön, besonders für die Frau, die wie Wahre verkauft oder gar verschenkt wird, davor wurde ich durch meinen Bruder glücklicherweise bewahrt. Ob mein Vater mich verheiratet hätte, kann ich nicht sagen Er war ein liebender Familienvater, aber diese Liebe hätte ihn nicht unbedingt davon abgehalten. "Meine Gluckwünsche." Ich sage es genauso kalt. Sie schluckt sichtbar schwer. "Danke"

Beim Abendessen passiert nichts besonderes, und interessante Tischgespräche kommen auch nicht zu Stande.

Später verabschieden ich und Clarissa Viez und begeben uns in unsere Zimmer. Ich schlafe endlich wieder auf dem Rücken, aber besonders verbessern tut diese Tatsache meinen Schlaf nicht. Die Namen der Liste schwirren in meinem Kopf rum und in jeder geistigen Ecke befindet sich entweder das Gesicht von Seth oder von Gresa.

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Die eine Woche verging wie im Flug und schon stehe ich wieder im Wald und warte auf Lerya. Ich habe Hellen vorher Bescheid gesagt, dass ich wieder in der Stadt bin, ein paar Erledigungen machen. Heute bin ich darauf vorbereitet und trage statt einem Kleid, Hose und Hemd, mit einem dicken Mantel drüber. Ich habe auch nicht nur einen Dolch dabei sondern zwei, einen am Unterarm, einer am Oberschenkel. Ich bin noch lange nicht so ausgerüstet wie Lerya, wie viele Waffen ihr zarter, dünner Körper tragen kann wird mich immer wieder aufs Neue überraschen. Wir gehen wieder den langen weg zu dem Geheimtreff, nur dieses Mal erzählt sie mir etwas auf dem Weg, eine Neuigkeit, die sie hat. Genaueres will sie erst preisgeben, wenn wir mit den Anderen zusammen sind. Durch den Stall, die Klappe, die Treppen runter und dann stehe wir auch im Raum, wo die drei Anderen schon warten.

Die Farben der Macht - Schwarz und Lila |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt