Kapitel 8

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~Aurelia Williams~

Die letzten Tage verbrachte ich damit mich auszuruhen und das erlebte zu verarbeiten oder eben damit, meinem Vater mal wieder Bier zu bringen, um nicht wieder geschlagen zu werden.

Was auch sonst? So ist mein Leben halt und vielleicht sollte ich es einfach akzeptieren.

Steven hatte ich seit diesen einen Morgen nicht mehr gesehen und ich vermisste ihn wirklich sehr. Viel zu schmerzhaft wurde mir dadurch bewusst, dass unsere Freundschaft vielleicht für immer verloren ist.

Ich fühlte mich elendig und von Tag zu Tag dachte ich ein wenig mehr, dass ich vielleicht übertrieben habe, als ich Steven angeschrien habe. Doch die Worte von Stevens Mutter ‚Dann musst du sie töten oder er tut es!' klangen immer noch in meinem Kopf. Alles war einfach so absurd und es wurde von Tag zu Tag unrealistischer für mich.

Habe ich einen Fehler gemacht? Ich mach doch ständig Fehler, also muss es meine Schuld sein.

Es ergab einfach keinen Sinn für mich. Ich meine Steven hat mir doch selber gesagt, dass er mich nie verletzen würde. Aber Dave hätte es bestimmt getan. Er mochte mich eh noch nie. Doch warum sollte sich Stevens amerikanische Durchschnittsfamilie als Mörder rausstellen? Sie werden doch wohl kaum jemanden umgebracht haben. Oder doch? Aber das konnte ich mir einfach nicht vorstellen.

Vielleicht sollte ich diesen Tag einfach aus meinem Kopf löschen. Ich meine, wenn sie es ernst gemeint hätten mit dem umbringen, dann wäre ich es schon längst.

Ich beschloss endlich aus meinem Bett aufzustehen und Steven zu schreiben. Ich wollte diese Freundschaft nicht verlieren und eventuell ging es Steven ja genauso.

Es war nachmittags, die perfekte Zeit für einen Kaffee, also schrieb ich Steven ob wir uns im Café in der Nähe treffen könnten. Ich hoffte er würde noch mit mir sprechen, nachdem ich ihn so lange ignoriert hatte.

Einige Sekunden später traf auch schon seine Antwort ein.

[Steven]: Endlich redest du wieder mit mir.

[Ich]: Ich denke wir sollten vergessen, was passiert ist.

Ich platze gleich mit der Tür durchs Haus, denn ich hatte keine Lust noch drumherum zu reden. Auch wenn Ehrlichkeit wichtig ist, so kann ich ohne Steven einfach nicht mehr.

Erst nach einigen Minuten kam seine Antwort und ich fragte mich was er solange tippte.

[Steven]: Hast du jetzt Zeit? Ich könnte dich sofort abholen.

Er ist dem Thema eindeutig ausgewichen und ich hoffte einfach mal, dass das Thema damit wirklich beendet sei. Er will mir ja eh nichts dazu sagen. Und hey, ich meinte ja selbst, dass wir es einfach vergessen sollten.

[Ich]: Ich denke das geht klar.

[Steven]: Gut, bis gleich.

Ich ging zu meinem Kleiderschrank und holte mir dann einen schwarzen Pulli raus, den ich mir anschließend überzog. Ich wollte Steven nicht noch weitere Blutergüsse zeigen, die ich ihm erklären müsste.

Dann beschloss ich schonmal rauszugehen und an der Straße auf ihn zu warten, doch bevor ich zur Haustür raus gehen konnte, zog mich mein Vater am Ärmel zurück.

„Wo gedenkst du jetzt wieder hinzugehen?", fragte dieser streng.

„Steven und ich wollen...", setzte ich an, doch weiter kam ich nicht, denn er packte meinen Hals und fing an zuzudrücken.

„Du denkst wohl du kannst tun und lassen was du willst. Erst kommst du zu spät. Dann denkst du, du könntest die Schule schwänzen und jetzt willst du dich davonschleichen?"

Ich verstand nicht warum er plötzlich so wütend war. Doch dann fiel mir meine Mutter wieder ein. Dad meinte sie hat sich auch heimlich davon gemacht. Doch was war sein Scheiß Problem? Ich bin nicht meine Mom.

Verzweifelt versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, aber das gelang mir nicht. Stattdessen bekam ich immer weniger Luft und schwarze Punkte fingen an am Rand meiner Sicht zu tanzen. Immer fester drückte er zu. Ich dachte schon, dass er es jetzt endlich  zu Ende bringt...

Dann ließ er plötzlich los und ich fiel nach Luft schnappend auf den Boden.

"Ich werde gehen, ob du willst oder nicht.", brachte ich keuchend hervor. Ich musste stark sein. Das rede ich mir zumindest gerade ein.

Ich hatte gehofft er würde von mir ablassen und seinen vergammelnden Hintern zurück zu seinem stinkenden Sessel bewegen, aber das war offensichtlich nicht sein Plan. Denn im nächsten Moment holte er mit seiner Faust aus und schlug mir so heftig wie noch nie ins Gesicht.

So einen heftigen Schmerz hatte ich noch nie erlebt und ich war mir ziemlich sicher, dass mein linker Wangenknochen gebrochen war. Es tat höllisch weh.

Um mich herum wurde es ruhig. Mein Kopf dröhnte und ein gedämpftes Türklingeln, war alles was ich noch hörte, bevor ich mein Bewusstsein verlor.

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Durch einen lauten Knall wurde ich geweckt. Ich konnte nicht weiter drüber nachdenken was das war, denn mein Schädel fühlte sich an, als würde er gleich explodieren.

Um mich herum war alles schwarz. Und ich erkannte, dass ich auf einem kalten und feuchten Boden lag. Zudem konnte man hören, dass irgendwo in der Nähe Wasser tropfte.

Dann wurde mir schlagartig bewusst, wo ich war.

Ich war im Keller. Mal wieder.

Der Klang des tropfenden Wasserhahnes war mir schon vertraut. Doch niemand reparierte diesen. Wer denn auch? Mein Vater wohl kaum und ich hatte davon keine Ahnung. Zudem ging ich nicht gerne hier runter. Es war gruselig und brachte alte Erinnerungen wieder mit hoch.

Mein Vater sperrte mich früher regelmäßig hier unten ein, wenn ich mal wieder nicht gehorchte. Ich hasste den Keller und genau das wusste er. Der Keller war ungemütlich, kalt und feucht. Zudem müffelte es.

Er hatte mich tagelang hier untern gelassen und mir kein Essen gebracht. Es war eine der schlimmsten Zeiten meines Lebens. Dadurch lernte ich meinem Vater gehorsam, aber scheinbar reichte es nicht aus, so dass ich das jetzt wieder durch machen muss.

Ich will das nicht. Das Gefühl von Hunger ist schrecklich, wenn der eigene Magen so schmerzt und einem schon fast von der Hungerlosigkeit schlecht wird. Doch das war nicht das einzig schlimmste. Auch benutzte er mich hier als einen lebendigen Boxsack.

„Hallo? Dad?", versuchte ich es „Es tut mir leid." Ich wusste zwar nicht was genau ich falsch gemacht habe, aber vielleicht würde er meine Entschuldigung ja akzeptieren und mich wieder rauslassen. Denn eins war sicher. Ich hatte eine schweine Angst hier unten. Der Keller bedeutet, dass ich nicht weiß, was mein Dad als nächstes mit mir machen wird. Hier unten könnte er alles tun, denn hier unten entfesselte sich immer sein inneres Monster.

Auf meine Entschuldigung hin, bekam ich keine Antwort. Das war kein gutes Zeichen, denn das könnte bedeuten das er mich wirklich mehrere Tage hier unten lässt. Genau wie früher.

Ich war am Verzweifeln und bekam Panik, doch dann öffnete sich die Kellertür schlagartig und gab Licht auf die kalte Steintreppe frei, die hier runter führte.

Fast schon machte sich Hoffnung in mir breit, dass er mich doch rauslassen würde.

Mein Vater stand in der Kellertür und knipste dann das gedimmte Kellerlicht an, welches man nur von außerhalb des Kellers anmachen konnte.

„Dad, es tut mir wirklich leid. Bitte lass mich wieder raus!", versuchte ich es erneut unter Tränen. Doch er entgegnete mir nur mit einem kalten Blick.

„Dein Liebhaber war übrigens hier."

„Wer? Meinst du Steven? Er ist nicht mein Liebhaber." Stellte ich klar. Aber was interessiert es mich schon, was er dachte.

„Ist auch egal. Er wird dich auf jeden Fall nicht mehr belästigen.", sagte mein Vater nur kalt und ich konnte einen Ausdruck in seinen Augen sehen, welcher mich dazu brachte, dass es mir eiskalt den Rücken runterlief.

Ich schluckte. Und brachte meine nächsten Worte nur mühsam heraus.

„Dad? Was hast du getan?"

My Best Friend's AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt