Kapitel 35

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~Aurelia Williams~

Es klopfte morgens an meiner Tür. Wie jeden Tag, konnte es nur Stevens sein, der mich zum Frühstück abholte. Und ich behielt recht. Wer sollte es auch sonst sein?

„Guten Morgen, Schlafmütze."

„Morgen", grummelte ich in mein Kissen. Ich war hier zu einem richtigen Morgenmuffel geworden, aber wie konnte man denn auch nur aus diesem großen gemütlichen Bett aufstehen? Es war als würde ich auf Wolken schlafen.

Es war meine Vorletzte Nacht hier. Morgen würde der Ball sein. Noch in derselben Nacht, wenn der Alpha und alle anderen Wölfe eh abgelenkt sind, wollen wir von hier weg.

„Bist du dir sicher, dass du dein Rudel verlassen willst?", fragte ich verunsichert nach. „Hier ist dein zu Hause, deine Familie. Du solltest das nicht für mich aufgeben." Auch wenn ich ihn gerne dabei haben würde, so will ich nicht, dass er das später mal bereut.

„Auri, für dich würde ich auch sterben. Das heißt ja, ich bin mir sicher. Alles was ich will ist dich in Sicherheit zu wissen. Zudem wer würde dich denn fahren? Oder hast du neuerdings einen Führerschein?"

„Nein", gab ich verlegen zu. Wer hätte mir den denn auch bezahlen können? Mein Vater bestimmt nicht.

„Na komm zieh dich an und dann ab zum Frühstück."

Gesagt, getan.

Nach dem Frühstück zog ich mir eine schwarze Leggings und einen blauen Sport-BH an.

Steven und ich hatten uns zum Joggen verabredet. Ich habe ja schließlich sonst nichts zu tun. Zudem könnten wir so weiter an unserem Plan tüfteln. Seine Sachen waren schon im Auto. Er hatte noch etwas bei sich zu Hause gehabt und war gestern alles nötige einpacken und besorgen.

Es machte mich Nervös an morgen Abend zu denken. Ich hoffte es würde alles nach Plan verlaufen und wenn nicht, hatten wir noch Plan B, wo Inala ins Spiel kommt.

„Fertig?", fragte Steven, der mich, nachdem ich mein Zimmer verließ, sofort in Beschlag nahm.

„Ja, kann los gehen."

Wir joggten etwas vom Rudelhaus weg und machten einen halt bei einem kleinen Teich. In den letzten Tagen war dies mein Lieblingsort gewesen. Hier war es ruhig und man konnte zwei Schwäne beobachten, die auf dem Teich schwimmen.

Hier setzten wir uns an den Rand und schauten auf das ruhige Wasser.

„Ich habe ein wenig Angst vor Morgen, Steven.", gab ich zu.

„Keine Sorge, es wird schon schiefgehen.", begann er mich zu beruhigen. „Ehm wegen morgen...?"

„Ja?", ich drehte meinen Kopf zu Steven und sah, dass er mich anblickte und ein wenig rot wurde. „Was ist mit Morgen?"

„Würdest du mit mir auf den Ball gehen?" Er kratze sich verlegen am Hinterkopf.

„Natürlich gehe ich mit dir, du Blödmann." Ich stieß ihm leicht in die Seite und wir beide fingen an zu lachen.

Steven fing an mich zu kitzeln und beugte sich über mich, bis er schließlich über mir lag. Sein Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt. Unsere Lippen so nah, dass wir den Atem des anderen spüren konnten.

Wir hörten auf zu lachen und zogen ein erstes Gesicht. Ich starrte in seine Eisblauen Augen, die mich anfunkelten. Es war, als könnte ich ihm tief in die Seele blicken. Und alles was ich dort sah, war Aufrichtigkeit und Liebe. Doch was fühlte ich für ihn? Kann denn aus jahrelanger Freundschaft plötzlich Liebe werden, wenn ich davor nie mehr gefühlt habe?

Steven überbrückte die letzten Millimeter uns küsste mich sanft. Seine Küsse fühlten sich federleicht auf meinen Lippen an und ich versank im Kuss. Ich öffnete meinen Mund und Steven nahm die Einladung an um mit seiner Zuge in meinen Mund zu gelangen.

Auch wenn es sich schön anfühlte, irgendwas stimmte dabei nicht... Dennoch erwiderte ich den Kuss weiterhin. Er war ein viel zu guter Küsser, um einfach aufzuhören.

Es fühlte sich an als hätten wir uns schon seit Stunden geküsst, als er schließlich aufhörte. Er zog sich zurück und setzte ein schiefes Grinsen auf. Dann stand er auf und reichte mir seine Hand, um mich anschließend hochzuziehen.

Anstatt meine Hand zurückzuziehen, beschloss ich Stevens Hand einfach weiter festzuhalten. So gingen wir gemächlich zurück zum Rudelhaus.

„Traust du dir, alleine mit dem Alpha zu reden?", durchbrach er die angenehme Stille.

„Eigentlich nicht. Warum?"

„Ich hatte gehofft, wir könnten deinen Koffer ins Auto bringen. Aber falls der Alpha oder der Beta uns über den Weg laufen, muss jemand sie ablenken und ich denke bei dir wäre das nicht so auffällig."

„Falls sie uns über den Weg laufen...", fing ich an und betonte das 'Falls' besonders. „...Dann wird mir bestimmt schon was einfallen."

Hand in Hand kamen wir schließlich im Rudelhaus an und gingen sogleich auf mein Zimmer, um den Koffer zu holen.

Tatsächlich hatten wir Glück und im Haus begegnete uns niemand. Auch zu Stevens Jeep kamen wir ungehindert und konnten den Koffer im Kofferraum verladen. Doch leider hörte dort das Glück auch wieder auf, denn plötzlich hörte ich die Stimme des Betas. „Steven, was machen du und Aurelia bei den Autos?"

Mist er ist wohl misstrauisch geworden und musste sichergehen, dass wir keinen Fluchtversuch unternahmen.

Aber alles gut, denn das würden wir erst morgen Nacht tun.

Ich konnte den Beta noch nicht sehen, jedoch kamen seine Schritte näher. Da umschloss plötzlich Steven meine Taille und drückte mich an den Wagen. Kurz darauf fing er an mich stürmisch zu küssen.

Sein Ernst? Das würde den Beta ja nur noch misstrauischer machen. Ein Werwolf, der einen Menschen küsst? Das wird ihm bestimmt nicht gefallen. Dafür verabscheuen mich die meisten Wölfe hier zu sehr.

Doch jetzt war es eh zu spät. Der Beta bog um das Auto und fand uns knutschend vor.

Bevor ich mich wieder von Steven lösen konnte, packte der Beta ihn an den Schultern und drückte ihn an die Seite des Wagens neben dem Jeep. Er fing tief und bedrohlich an zu knurren.

„Du hast kein Recht sie anzufassen!", schrie er Steven an.

Was hatte der denn jetzt? Ist es wirklich so schlimm, dass ich ein Mensch bin? Durfte mein bester Freund mich nicht einmal anfassen? Bin ich denn giftig?...Also hatte ich recht mit meiner Vermutung.

Stevens Gesichtsausdruck ging von geschockt zu wütend. Er würde doch wohl nicht den Be-

„WER SAGT DAS?", schrie Steven wütend und verpasste dem Beta eine Kopfnuss, so dass dieser zurücktaumelte.

„BLOß WEIL SIE EIN MENSCH IST? IHR HABT ALLE KEIN RECHT ÜBER MENSCHEN ZU URTEILEN! IHR GEBT EUCH JA NICHT MAL MÜHE SIE KENNENZULERNEN." Steven befreite sich und holte aus. Es war mutig von ihm mich vor dem Beta zu beschützen. Auch ich fand ihn in diesem Moment sehr mutig, auch wenn die Sorgen um ihn überwogen.

Der Beta wehrte mit einer geschickten Handbewegung Stevens Schlag ab und schnappte seinen Arm. Im nächsten Moment lag Steven schon mit dem Kopf auf der Erde. Der Beta drehte seinen Arm auf seinen Rücken und fixierte Steven so.

„Vergiss nie deinen Rang, Kleiner!", fing er an zu knurren. „Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich der Beta bin. Wäre der Alpha hier, hätte er dir den Kopf abgebissen."

Dann ließ er Steven los, drückte zuvor noch seinen Arm fest nach oben, so dass Steven winselte, und dann griff er nach meinem Oberarm und zog mich mit sich.

„Lass mich los!", keifte ich ihn an und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, aber keine Chance bei einem Werwolf.

Der Beta zog mich weiter und brachte mich schließlich ins Rudelhaus und dann weiter in mein Zimmer. Er stieß mich sachte rein und schlug dann die Tür zu und schloss sie ab. Ich wusste nicht mal, dass er auch einen Schlüssel hatte.

Toll, jetzt bin ich wieder allein auf meinem Zimmer eingesperrt. Was für ein Rückschritt.

My Best Friend's AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt