Kapitel 69

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~Arsen Storm~

Ich stand am Grab auf der Blumenwiese, auf der ich Aurelia gefragt habe, ob sie meine Frau werden will. Sie fand diesen Ort so schön, dass ich es als richtige Stelle für das Begräbnis betrachtete. Sicher hätte sie das hier auch als richtige Stelle ausgewählt. Ich wünschte sie wäre jetzt hier bei mir.

Die Blumen, welche ich letzte Woche neben das Grab legte, waren schon verwelkt. Ich tauschte sie gegen einen frischen Strauß Lilien. Dabei fragte ich mich, ob Aurelia Lilien wohl mag.

„Im Rudel vermissen dich alle."

Seit dem Angriff ist es ziemlich ruhig. Die Rudellosen haben sich zurückgezogen und seit 2 Monaten nicht mehr angegriffen. Sie haben wahrscheinlich noch mehr Verluste als wir gemacht.

Ich saß noch ein wenig am Grab und überlegte wie ich Kraft für mein Rudel aufbringen kann. Ohne Aurelia ist es so schwer. Ich weiß nicht was ich sagen soll, wenn ich bei ihr bin.

Da ich meinen Routinebesuch gemacht habe, stand ich, ohne noch was zu sagen, auf und lief zurück. Ich mochte diese bedrückende Stimmung um mich herum nicht. Egal wo ich bin. Im ganzen Rudel war es seit dem Angriff leiser geworden. Die Kinder lachten nicht mehr und ich wurde mit mitleidigen Blicken gesegnet.

Nach einer halben Stunde Fußmarsch durch den Wald, kam ich schließlich im Rudelkrankenhaus an. Ich betrat ihr Zimmer und griff nach ihrer Hand.

Aurelia. Meine Aurelia. Meine menschliche Mate.

Viele denken, das würde einen schwach machen, da sie schwach und zerbrechlich ist. Doch das ist sie nicht. Sie ist eine Kämpferin. Sie hat ohne mit der Wimper zu zucken einen Werwolf angegriffen um ihren Freund zu beschützen. Also ja, mag sein, dass sie äußerlich schwach ist, doch innerlich ist sie die stärkste Frau die ich kenne. Und deswegen wird sie kämpfen, um zu mir zurückzukommen. Auf das wir wieder vereint sein können.

Doch noch liegt sie hier und schläft, während ihr Bauch immer größer wird und unser Welpe in ihr heranwächst.

Die Ärzte wissen nicht, wann sie wieder aufwacht und ob sie es je tun wird. Doch sie ist noch hier und lebt. Ich spüre sie noch durch unsere Verbindung. Sie ist stark.

Ich saß neben ihrem Bett und streichelte über ihre Hand.

„Hi Baby, ich wünschte du wärst jetzt wach und könntest miterleben, wie unser kleiner Welpe immer größer wird. Irgendwann wird er der nächste Alpha werden. Du hättest dabei sein sollen, als der Arzt herausgefunden hat, dass es ein Junge wird." Eigentlich war sie ja auch dabei, doch niemand wusste wie viel sie mitbekommt.

Meine Lippen senkten sich auf ihre Hand. Mein sehnlichster Wunsch war, sie wieder wach zu sehen. Ihr Lächeln wiederzusehen. Doch wenn ich hier neben ihr saß und versuchte mit ihr zu reden, wusste ich immer nicht, was ich sagen soll. Gerade weil ich das Gefühl habe, dass sie mich eh nicht hören kann. Lucas meinte ich solle trotzdem mit ihr reden, also tat ich das...

„Ich liebe dich."

Ich schaute in ihr friedlich aussehendes Gesicht und strich eine verirrte Strähne hinter ihr Ohr.

Für ein paar Minuten war sie tot gewesen. Ein paar Minuten lang dachte ich, sie nie wieder zu sehen. Minuten voller Qual. Dies waren mit Abstand die schlimmsten 4 Minuten meines Lebens.

In diesem Moment wollte ich nicht mehr leben. Ich hätte mein Rudel sofort aufgegeben und es auch verlassen. Doch Aurelia ist nicht tot. Sie ist noch hier bei mir. Bloß weiß ich nicht, wie viel Schaden ihr Gehirn in diesen 4 Minuten genommen hat und ob sie je wieder aufwachen wird.

Doch selbst wenn. Niemand weiß, wie es ihr danach gehen wird und was sie noch alles weiß. Ihr Gehirn kann großen Schaden abbekommen haben, von dem wir erst erfahren, wenn sie wieder aufwacht. Falls sie wieder aufwacht.

Mein Hand glitt jetzt zu ihrer Bettdecke, welche ich dann herunterzog, um den Bauch frei zu machen. Dann zog ich auch noch ihr Krankenhaushemd hoch, so dass ihr nackter Bauch vor mir lag.

Ich legte meine Hand auf die nackte Haut ihrer schon deutlich ausgeprägten Wölbung. Ihre Hand war vielleicht kalt, dafür war die Haut ihres Bauches nur umso wärmer. Ein Prickeln ging durch meinen Körper.

Plötzlich nahm ich eine Bewegung unter meiner Hand wahr. Unser Welpe war wohl gerade wach. Dann noch ein Tritt.

Das hat er schon öfters gemacht, als ich hier war - und ich bin fast jede freie Minute hier. Sonst ist es immer die Mutter, die es als erstes spüren kann, bei uns ist es jedoch anders.

Ich nahm eine von Aurelias Händen und legte sie auf die Stelle ihres Bauches, wo unser Kleiner sich gerade noch bewegt hat. Er tat es wieder und ich grinste ein wenig. Momente wie diese waren die Einzigen, die mich in letzter Zeit zum Lachen bringen konnten.

Vor einem halben Jahr wollte ich mir noch eine andere Gefährtin nehmen. Kaum zu glauben wie dumm ich damals war...

Wieder trat der Welpe unter Aurelias und meiner Hand.

„Arsen?", ertönte plötzlich eine schwache krächzende Stimme.

Erschrocken sah ich auf in Aurelias Gesicht. Sie schaute mich unter ihren langen Wimpern müde an.

Offene Augen. Das bedeutet sie ist wach. Endlich...

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Ihr habt doch nicht wirklich gedacht, ich lasse Aurelia einfach sterben?🙈

My Best Friend's AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt