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𝐋𝐞𝐚𝐧𝐝𝐫𝐨

Ich starre ungläubig hinterher, versuche zu begreifen, was da gerade passiert ist. Noch immer leicht benommen von ihrer Ausstrahlung bleibe ich auf der Seitenstraße stehen.

„Bella, sollen wir dich nach Hause fahren?" fragt Enrico charmant. Gentleman-Modus an. Ich grinse nur und werfe ihm einen Blick zu – inklusive hochgezogener Augenbrauen. Er tut so unschuldig, aber man sieht ihm die Verknalltheit förmlich an.

„No, gracias. Noah ist in der Nähe, er müsste gleich kommen", lehnt sie ab.

Noah? Wer ist das denn? Noch bevor ich fragen kann, biegt ein grauer Mercedes auf die Straße.

Ein Typ steigt aus. Ich mustere ihn: Blonde Haare, Dreitagebart, weißes T-Shirt, das wie angegossen sitzt, und eine schwarze Hose – schlicht, aber er weiß, wie er wirkt.
Typ: Barbie-Ken. Reicht als Beschreibung.

„Hola, meine Hübsche", sagt er locker und kommt direkt auf Bella zu, umarmt sie fest.

Enricos Blick verfinstert sich – und ich höre sein leises Knurren sogar von hier. Ja, mein Freund, das würde mir auch nicht gefallen.

Kaum hat Noah sich von ihr gelöst, legt Enrico wie aus Reflex den Arm um Bellas Taille.
Revier markieren, ganz klar.

„Hola. Enrico Sánchez. Und du bist?" fragt er mit gepresster Stimme und zusammengebissenen Zähnen.

„Ganz ruhig, Großer. Ich nehme sie dir nicht weg", erwidert Noah cool und reicht ihm die Hand. „Ich bin Noah Lee. Ihr bester Freund."

Enrico nimmt die Hand – und drückt sie ein bisschen zu fest.

„Wo ist Belinda? Warum bist du nicht mit ihr zurückgefahren?" fragt Noah Bella.

Sie kaut auf ihrer Unterlippe, ein Zeichen, dass sie nervös ist. Ihre Stimme ist leise, als sie antwortet:
„Wir haben uns gestritten."

„Och nee ... nicht schon wieder. Was hast du diesmal angestellt?" Offenbar kennt er sie zu gut.

„Ich habe ihr Angebot angenommen. Für Spanien."

„Du hast was?!" Noahs Stimme überschlägt sich, Bella zuckt zusammen.

„Aber ... sie hat's doch selbst angeboten", versucht Bella die Stimmung zu retten.

„Du weißt schon, dass sie jetzt mit dem Motorrad unterwegs ist, viel zu schnell fährt, sich dann in die Arbeit stürzt – wie immer. Bis spät in die Nacht. Das ist dir klar, oder?"

„Ja ... ich habe einen Teil davon eben mitbekommen. Sie schafft das. Und ich bin da – du weißt doch, wie schwer es ihr fällt, loszulassen", sagt Bella mit traurigem Blick.

„Ich weiß ... soll ich mit nach Spanien kommen?"

„Nein." Enrico antwortet scharf und etwas zu schnell. Dann bemüht er sich um einen ruhigeren Ton: „Also ... ich bin ja auch an ihrer Seite. Das reicht."

„Noah, danke. Wirklich – es ist nicht nötig. Können wir fahren?" sagt Bella.

„Klar. Steig ein."

Gerade will sie zum Wagen laufen, da hält Enrico sie zurück, zieht sie in eine Umarmung.

„¿Querías irte sin despedirte?" – Wolltest du gehen, ohne dich zu verabschieden?

Bella schenkt ihm ein sanftes Lächeln und küsst ihn kurz am Mundwinkel. Dann dreht sie sich um und steigt ein. Der Wagen fährt los.

Enrico bleibt wie versteinert stehen, unfähig zu reagieren. Ich stoße ihm mit dem Ellbogen in die Rippen.

The missing mafia daughterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt