Kapitel 4

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„Du kennst das doch schon. Es tut nicht weh und ist auch gleich wieder vorbei." redet nun Ben auf mich ein, doch ich drücke mich nur weiter gegen die Wand. Ich weine leise vor mich hin. „Tia, darf ich zu dir kommen? Ich tue dir auch nichts, versprochen." Lange Zeit betrachte ich Ben einfach nur skeptisch, bis ich irgendwann dann doch nicke. Er kommt auf mich zu und umarmt mich. Nach einiger Zeit schiebt er mich vorsichtig aus der Ecke heraus und setzt sich mit mir auf den Schoß auf die Liege. „Wovor hast du Angst?" fragt Ben ganz ruhig. „Ich weiß nicht. Ich will das einfach nicht." sage ich mit heiser Stimme. Mein Kopf ist in seiner Halsbeuge vergraben.

Ben's Sicht

Ich weiß nicht, warum Tiana so sensibel darauf reagiert. Normalerweise ist sie nicht so. Sie kennt ja auch schon das Prozedere. Vielleicht hat diese Angst etwas mit dem Vorfall von damals zu tun, wo Moritz sie gegen ihren Willen angefasst hat. Damals hat sie sich eingeengt und hilflos gefühlt. Möglicherweise kommt ihr dieses Ereignis in der jetzigen Situation wieder hoch.

Ich gebe Alex ein kurzes Kopfnicken, welcher somit auf den Hocker platz nimmt und vor uns rollt. Er stellt das kleine Tablett auf die Liege neben uns und ergreift sanft Tia's Arm. „Nein." sagt sie verheult. „Shhh. Es ist gleich vorbei." flüstere ich ihr ins Ohr, um sie zu beruhigen und drücken ihren Kopf mit der einen Hand näher an mich. Mit der anderen streiche ich ihr beruhigend über den Rücken. Immer wieder flüstere ich ihr beruhigende Sachen zu. Kurze Zeit später ist Alex auch schon fertig. „Es ist schon vorbei. Alles ist gut." sage ich Tiana. Ich drücke sie leicht von mir weg, damit ich in Tia's Gesicht schauen kann, aber sie drückt sich sofort wieder an mich.

„Ok, ich gebe die Blutprobe schnell ab und hole den Gips. Wir machen das einfach hier und nicht im Gipszimmer, wie sonst." spricht Alex. Anscheinend hat er Tiana's Reaktion gesehen. Ich nicke ihm zu und schon ist er weg.

Als Alexander ihr den Gips anbringt, bleibt sie genauso verkrampft auf mir sitzen und schaut kein einziges Mal auf. Irgendwie beunruhigt mich das etwas. Das ist kein typisches Verhalten von ihr. „Ich werde mit ihr nach Hause fahren. Max habe ich vorhin schon mitgeteilt, dass er nach Hause fahren kann, da das noch etwas länger gedauert hat." informiere ich meinen Freund und Kollegen. „Ok, passt. Ich werde auch bald nach Hause kommen. Unsere Schicht ist schließlich schon aus, aber ich will noch etwas Papierkram erledigen. In letzter Zeit ist echt viel auf meinem Tisch liegen geblieben." lässt mich Alex wissen.

„Tia, ich gehe mich schnell umziehen, kann ich dir hier bei deinem Bruder lassen?" frage ich sie ganz ruhig. Leicht nickt sie. Daraufhin schiebe ich sie vorsichtig auf die Liege. Danach verschwinde ich in der Umkleide, ziehe mich um und schnappe mir noch mein Handy, Laptop, ein paar Akten und Schlüssel. Mit meinen Sachen gehe ich wieder in den Behandlungsraum, wo Tiana und Alex sind.

Wenig später befinden wir uns auch schon im Auto und sind auf dem Weg nach Hause. „Wir sind da." sage ich, aber da sehe ich, dass Tiana eingeschlafen ist. Vorsichtig nehme ich sie hoch in meinen Armen und gehe mit ihr ins Haus, bevor ich sie dann hoch in ihr Zimmer trage. Es war ein anstrengender Tag für sie und mittlerweile ist es auch schon sehr spät.

Ich esse noch eine Kleinigkeit, bevor ich mir es vor dem Fernseher auf der Couch gemütlich mache und meine Lieblingsserie weiterschaue. Nach einer guten Stunde kommt Alexander nach Hause. Auch er isst noch etwas. Währenddessen reden wir über Tiana und insbesondere über ihr Verhalten heute in der Klinik. Wir beide sind etwas ratlos, woher dass jetzt so plötzlich kommt. Tiana hatte nie Angst vor Spritzen, aber heute hat man ihr richtig die Panik und Angst angesehen. Hoffentlich legt sich das wieder, sonst kann das bei ihrer Diabetes-Erkrankung wirklich zum Problem werden. 

Twisted Life 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt