Kapitel 19

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Alex' Sicht (Zeitsprung - nach dem Besuch bei Sofia)

Gerade als ich mich in meinem Büro umziehe, klingelt mein Diensthandy. Ich werde in die Notaufnahme gerufen, weil es einen heftigen Autounfall auf der Autobahn gab. Es werden in den nächsten Minuten viele verletzte Personen, mitunter auch Schwerverletzte, die in Lebensgefahr schweben, hergebracht.

In der Notaufnahme angekommen, kann ich schon meine Assistenzärzte erkennen. Insgesamt sind es fünf Stück. „Okay, alle mal herhören. Frau Miller und Herr Koller, Sie gehen mit Dr. Jack mit." weise ich sie Ben zu, der gerade auch die Notaufnahme betritt. „Sie gehen bitte auf Station und erledigen die normale Stationsarbeit. Verbandswechsel, Blutabnahme und so weiter. Sollten Sie fragen haben, wenden Sie sich bitte an die diensthabenden Krankenschwestern." teile ich eine weitere Assistenzärztin ein. „Herr Fink und Frau Smith kommen mit mir." befehle ich. Alle teilen sich auf.

Ich gehe direkt auf den ersten Patienten zu, der mit dem Rettungsdienst eingeliefert wird.

„Das ist Herr Schmidt, 48 Jahre alt. Verdacht auf innere Blutungen, da er ein steinhartes Abdomen hat. Außerdem hat er einen offenen Unterschenkelhalsbruch. Seit ungefähr fünf Minuten bewusstlos, seine Werte sind allerdings noch stabil." informiert mich der diensthabende Notarzt, während wir in den Schockraum gehen.

Der Patient wird dort von der Trage auf die Liege gehoben. „Ok, Frau Smith, Sie blocken den OP und rufen im CT an. Herr Fink, ich will ihn am EKG angeschlossen haben und Sie bereiten bitte die Intubation vor." weise ich meine Assistenzärzte streng, aber dennoch ruhig an. Ich untersuche den Patienten währenddessen.

„Haben Sie beide schon jemals eine Intubation durchgeführt?" frage ich sie, doch beide schütteln den Kopf. „Okay, jetzt werde ich das noch übernehmen. Beim nächsten Mal sind Sie dran." sage ich und erkläre noch einmal, was dabei alles zu beachten ist. Kurze Zeit später kommt der Patient direkt zum CT und danach in den OP, wo er schließlich operiert wird. Das wird allerdings von anderen Chirurgen durchgeführt, da ich in der Notaufnahme gebraucht werde.

Nach einigen Patienten kehrt langsam wieder Ruhe in die Notaufnahme ein, als noch ein weiterer Patient eingeliefert wird.

„Das ist die 10-jährige Elisa. Sie war auch bei dem Autounfall dabei. Sie ist bei Bewusstsein, allerdings ist sie in einem Schockzustand und redet nicht. Auf Schmerzreiz reagiert sie aber. Ich konnte einen Rippenbruch feststellen und ihr Handgelenk scheint etwas abbekommen zu haben. Außerdem hat sich noch eine Kopfplatzwunde, also Verdacht auf SHT." weist mich dieses Mal die Notärztin ein.

„Okay, in Schockraum 4." erwidere ich. Dort angekommen wird das kleine Mädchen wieder auf die Liege verlagert und an das EKG angeschlossen.

„Hallo, kleine Maus. Mein Name ist Alex und ich bin Arzt. Darf ich dich untersuchen?" frage ich sanft, doch die Kleine reagiert nicht. Sie schaut mich nicht einmal an. „Hey, Elisa. Schau mich mal bitte an." rede ich auf sie weiter ein und es scheint zu wirken. „Sehr gut. Ich werde dich jetzt untersuchen. Du brauchst keine Angst zu haben. Sollte dir etwas weh tun, sag mir bitte sofort Bescheid, okay?" Ängstlich nickt das Mädchen.

Als erstes taste ich ihren Kopf ab, aber außer der leichten Kopfplatzwunde, kann ich nichts Auffälliges finden. Danach sehe ich mir die Rippen an, doch plötzlich verändert sich ihre Atmung. „Was ist los, Elisa? Ganz langsam einatmen." rede ich. Es bringt jedoch nichts.

„Herr Fink, Sie bereiten die Narkose vor und Frau Smith, Sie intubieren." spreche ich wieder. Nachdem die kleine Elisa narkotisiert ist, übergebe ich Frau Smith das Intubationsbesteck. „Ganz ruhig. Sie wissen, wie das geht." spreche ich ihr gut zu. Ich stehe direkt neben ihr und kann jederzeit einspringen, falls etwas passieren sollte. Die jungen Assistenzärzte müssen einfach lernen mit Stresssituationen ruhig umzugehen. Außerdem müssen sie wissen, wie bestimmte medizinische Behandlungen durchgeführt werden. Das gehört einfach zum Job eines Arztes dazu.

„Sehr gut und jetzt führen sie den Tubus hinein, fixieren ihn und überprüfen dann, ob alle Lungenflügel beatmet werden." erläutere ich, als Frau Smith die Hälfte bereits geschafft hat. Auch der Rest gelingt ihr sehr gut. Sie ist eine wirklich vorbildliche Ärztin.

„Der Tubus sitzt. Gute Arbeit." sage ich laut. Natürlich habe auch ich alles noch einmal nachgeprüft. „Trotz Intubation steigt ihre Sauerstoffsättigung nur leicht. Mögliche Gründe dafür?" frage ich, während ich das Ultraschallgerät bereits vorbereite.

„Vielleicht hat eine Rippe die Lunge punktiert." gibt Herr Fink seine Vermutung preis. „Was sehen Sie? Bestätigt sich Ihr Verdacht?" frage ich wieder, während wir drei gespannt auf dem Bildschirm des Ultraschallgeräts schauen. „Ja, hier." zeigt der Assistenzarzt. „Richtig. Wie ist das weitere Vorgehen?" „Luft ist durch einen Riss in der Lunge in den Pleuraspalt gelangen. Diese Luft muss mithilfe einer Drainage wieder abgezogen werden." spricht Herr Fink. Es ist alles richtig, was er erläutert.

„Sie sind an der Reihe. Sie dürfen die Drainage legen." Herr Fink zieht sich sterile Handschuhe an, genauso wie ich. „So, dann fangen Sie mal an. Ich bin stets an ihrer Seite und springe ein, falls es Probleme geben sollte." erwähne ich noch einmal.

Langsam setzt der Assistenzarzt die Nadel an. Bis jetzt macht Herr Fink alles richtig und ich habe nichts auszusetzen. Plötzlich ändert sich allerdings die Lage. „Nein, ich kann das nicht. Ich habe so etwas noch nie gemacht. Wie?- Nein, das geht nicht. Ich kann nicht." spricht der junge Mann plötzlich ganz panisch. „Ganz ruhig. Ich bin bei Ihnen. Es wird nichts passieren." spreche ich beruhigend auf ihn ein. Allerdings schüttelt er vehement seinen Kopf, legt die Nadeln wieder auf den Beistelltisch und stürmt aus dem Raum.

„Gehen Sie Herrn Fink nach. Beruhigen Sie ihn und sagen Sie ihm, dass ich ihn später in meinem Büro sehen will." sage ich streng. Ich habe volles Verständnis für die Nervosität. Mir ging es damals bei meiner Ausbildung nicht anders. Doch so ein Verhalten wie Herr Fink es heute an den Tag gelegt hat, geht nun mal nicht. Ich werde ein ernstes Gespräch mit ihm führen müssen.

Nachdem auch Frau Smith aus dem Raum ist, widme ich mich wieder der kleinen Patientin zu. Ich erledige den kleinen Eingriff und schicke sie zum Röntgen.

Diese Schicht war sehr anstrengend. Jetzt heißt es nur noch Tiana mitnehmen und mit ihr sprechen.

Twisted Life 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt