Kapitel 5

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Tiana's Sicht

Am nächsten Morgen werde ich von Sonnenstrahlen geweckt, die durch mein Fenster in mein Zimmer scheinen. Noch bevor ich meine Augen öffne, strecke ich mich erstmal ausgiebig und gähne dabei. Wie bin ich überhaupt in mein Bett gekommen? Das letzte, an was ich mich erinnere ist, dass ich gemeinsam mit Ben im Auto saß und total müde war. Während der Autofahrt muss ich dann wohl eingeschlafen sein.

Langsam schlürfe ich nach unten ins Esszimmer, wo bereits alle anderen sitzen. „Guten Morgen." sage ich leise. Von den anderen bekomme ich das gleiche als Antwort zurück. „Wie geht es dir?" werde ich direkt von Ben gefragt, neben den ich gerade Platz nehme. Auch mein Bruder wird hellhörig und schaut zu mir. „Mhm." brumme ich. „Hast du irgendwelche Schmerzen?" fragt er weiter. Ich zucke allerdings nur mit meinen Schultern, obwohl ich schon welche habe.

Auf einmal steht Alex auf, der mir gegenüber sitzt. Kurze Zeit später kommt er auch schon wieder zurück. „Hier, nimm die. Es ist ein leichtes Schmerzmittel." Ich nicke nur und schlucke die Tablette mit etwas Wasser hinunter. „Warum habt ihr mich nicht geweckt? Ich habe heute doch Schule." frage ich dann. „Du hast dir gestern zwei Finger gebrochen, da dachten wir uns, es wäre besser, wenn du heute noch zu Hause bleibst und erst morgen wieder zur Schule gehst. Außerdem sind deine Blutwerte da und wir werden dann gemeinsam in die Klinik fahren und sie abholen." erzählt mir mein Bruder. Als er sagt, dass meine Blutwerte fertig sind, werde ich direkt nervös und fühle mich unwohl. Hoffentlich sieht man nicht, dass ich Schmerzmittel genommen habe. Ich will einfach keinen Ärger bekommen.

„Tiana, alles ok?" fragt mich dieses mal Levin. Alle Blicke liegen auf mir. Langsam nicke ich. Daraufhin wendet sich Levin wieder Arian zu, die schon die ganze Zeit einen Fall besprechen. Die müssen wirklich viel zu tun haben, wenn sie das jetzt schon machen. Normalerweise finde ich solche Gespräche total interessant und höre begeistert zu, doch heute bin ich komplett in meiner eigenen Gedankenwelt gefangen.

„Bist du fertig oder brauchst du noch etwas?" fragt Alexander, als ich nichts mehr esse. „Hm, was?" fahre ich hoch. „Können wir los oder brauchst du noch etwas Zeit? Wir haben keinen Stress." meint er. „Nein, wir können gleich los." sage ich leise, woraufhin Alex nur nickt. Gemeinsam stehen wir auf, ziehen uns an und steigen ins Auto ein.

Auf dem Weg dorthin werde ich immer nervöser. Mein Bein wippt die ganze Zeit auf und ab, ohne das ich es realisiere. „Warum bist du so nervös, Tia?" fragt mich Alex, welcher kurz seinen Blick von der Straße zu mir richtet und dann wieder zurück. „Ich bin nicht nervös." meine ich leise und knete meine Hände. Von ihm kommt keine Antwort mehr.

Am Krankenhaus angekommen, will ich direkt aussteigen, doch mein Bruder hält mich auf. „Tia warte, ich will noch kurz mit dir reden. Hast du mir vielleicht noch etwas zu sagen, bevor wir hineingehen? Du wirkst so unruhig, nervös und bist total in deinen Gedanken versunken. Ist alles in Ordnung?" Alex' Blick ist starr auf mich gerichtet. Es wirkt so, als ob er in mein Inneres sehen möchte. Ich kann seinem Blick nicht länger standhalten und schaue weg. „Ehm ... ja, alles gut?" sage ich ihm nach kurzem Zögern. Allerdings hört sich meine Antwort eher wie eine Frage an. „Na gut. Dann lass uns mal rein gehen."

Still folge ich Alex' in einem Raum, in dem ich noch nie war. „Wo sind wir hier?" frage ich meinen Bruder. Dieser Raum ist ein stinknormales Büro. Allerdings ist es sehr modern und edel eingerichtet, was jedoch nicht überraschend ist, da die ganze Klinik hier total schön und modern ist. „Das ist mein neues Büro. In wenigen Tagen werde ich mich um die Ausbildung der Assistenzärzte kümmern, da der jetzige Ausbilder in Pension geht." erzählt er mir. „Und was musst du da so machen?" Ich finde es eigentlich ganz spannend, was mein Bruder so arbeitet und höre gerne zu, wenn er mal etwas davon erzählt, vor allem wenn es um lustige Fälle geht. „Ich bin verantwortlich für die Ärzte, die frisch vom Studium hier ins Krankenhaus kommen. Sie müssen lernen, wie sie mit Krankheitsfällen umgehen, wie der richtige Umgang mit den Patienten aussieht und noch vieles mehr. Sie stehen alle noch am Anfang ihrer Karriere und haben noch viel zu lernen. Am Anfang werden sie immer von erfahrenen Ärzten begleitet, damit ihnen keine schwerwiegende Fehler passieren." Während mir Alex das alles erzählt, setzen wir uns auf seine Couch, die auch im Büro steht.

„Also gut. Jetzt kommen wir aber erstmal zu deinen Blutwerten." Alex steht also kurz auf und läuft um seinen Schreibtisch herum. Er kommt mit einem Tablett in der Hand wieder zurück und setzt sich neben mich. Gespannt blickt er auf das Tablett, ohne etwas zu sagen. Diese ganze Situation macht mich wahnsinnig. Hoffentlich bemerkt er nicht, dass ich Schmerztabletten genommen habe. „Nun gut. Also, was ich erkennen kann ist, dass du einen Eisenmangel hast. Allerdings ist das nicht sonderlich ungewöhnlich. Ansonsten scheint alles gut zu sein. Für den Mangel bekommst du von mir einfach Tabletten und dann sollten wir das auch wieder in den Griff bekommen." meint er nachdenklich.

Erleichtert atme ich auf. Mein Bruder hat nichts entdeckt, was darauf hindeuten könnte, dass ich ohne seine Erlaubnis, Tabletten gegen meine Schmerzen genommen habe. Beruhigt lehne ich mich zurück.

„Und du hast mir aber wirklich nichts zu sagen, Tia?" fragt Alex trotzdem nochmal nach. Was will er denn jetzt schon wieder? „Nein, was sollte ich dir denn sagen. Es gibt nichts." meine ich genervt. „Ok, auch nicht von deinem Tablettenkonsum?" hinterfragt mein großer Bruder nun. Dieses Mal blickt er vom Tablett hoch und starrt mich mit seinen intensiven Augen an. „Was meinst du? Ich habe nichts genommen." sage ich leise. Mein Blick ist auf meinen Hände gerichtet, die ich knete. „Tiana, ich sehe das an deinen Werten. Du hast dich schon seit gestern so auffällig benommen. Außerdem hast du bei der Untersuchung absolut keine Schmerzen angegeben, obwohl du dir frisch zwei Finger gebrochen hast." redet mir Alex ins Gewissen. Ich bin nur noch still, weiß nicht was ich darauf sagen soll.

„Warum?" fragt er mich nun. „Weil es weh tat." flüstere ich schon fast. „Und warum bist du dann nicht zu jemanden gegangen? Du hättest mich auch jederzeit anrufen können." sagt Alexander mit einem besorgten Gesicht. „Es tut mir leid. Ich weiß auch nicht, warum ich niemanden etwas gesagt habe. Ich wollte einfach nicht, diese dumme Untersuchung und so weiter haben." sage ich ganz ganz leise, während sich schon Tränen aus meinen Augen lösen. Mein Bruder rutscht näher zu mir und nimmt mich in den Arm, was richtig gut tut.

„Das nächste Mal machst du das nicht mehr, ok? Du weißt nicht, was da alles so falsch laufen kann. Es geht nicht nur darum, dass du heimlich Tabletten genommen hast, was du nicht machen sollst, sondern auch darum, dass deine Verletzungen schlimmer sein könnten. Vielleicht hätte man dich operieren müssen, wenn der Bruch verschoben gewesen wäre. Zum Glück ist ja alles nochmal gut gegangen." hält mir Alexander einen Vortrag. Irgendwie dachte ich, dass er mehr verärgert darüber ist, trotzdem weine ich weiter. Alex hält mich fest mit seinen Armen umschlossen.

Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, fragt er mich: „Woher hast du denn die Tabletten?" Anfangs antworte ich nicht, bis er nochmal nachfragt. „Von der Apotheke." meine ich leise. „Okay." sagt er nur und gibt mir einen Kuss auf meinen Haaransatz. Irgendwie bin ich jetzt erleichtert, dass er die Wahrheit kennt.

Twisted Life 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt