Kapitel 41

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Alex' Sicht

Wieder einmal bringe ich eine fast schlaflose Nacht hinter mich. Seitdem Tiana weg ist, schlafe ich kaum noch. Höchstens vier Stunden Schlaf sind mir gegönnt, bevor ich wieder aufwache und nicht mehr einschlafen kann. Die anderen der WG machen sich Sorgen um mich und meinen Gesundheitszustand. Es ist verständlich. Würde es jemanden von den Jungs so gehen, würde ich mir auch Sorgen machen, aber ich kann an meinem Verhalten nichts ändern. Es geht einfach nicht. Ständig drehen sich meine Gedanken um Tiana. Ich hoffe, ihr geht es gut und sie ist wohl auf. Aber je länger sie verschwunden ist, desto mehr muss ich daran denken, dass ihr etwas zugestoßen ist. Was ist, wenn sie bereits tot ist? Ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn sich dieser Fall bewahrheiten würde.

„Alex, an was denkst du schon wieder? Du musst was essen." spricht Levin von der Seite mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Wir sitzen gerade auf der Couch im Wohnzimmer und wollten eigentlich einen Film sehen, aber ich habe einfach keine Gedanken dafür übrig.

„Ich habe keinen Hunger." antworte ich meinen Freund, der vorhin mit zwei Pizzen für uns von der Arbeit nach Hause gekommen ist. „Und trotzdem wirst du etwas essen! Schau dich doch mal an. Du siehst aus wie eine lebende Leiche. Deine Augenringe sind tiefschwarz, deine Haut blas und um deinen Bart und deine Haare muss sich auch gekümmert werden." spricht er besorgt. Levin hat recht und das weiß ich auch, aber trotzdem werde ich das nicht zugeben.

Benjamin hat dafür gesorgt, dass ich erstmal von meinem Dienst im Krankenhaus freigestellt bin, weshalb ich jetzt auch schon seit mehr als zwei Wochen nicht mehr dort war. Anfangs habe ich mich dagegen gewehrt, doch irgendwann habe ich eingesehen, dass es keinen Sinn macht mit ihm zu diskutieren, da er sowieso keinen Widerspruch meinerseits geduldet hätte. Genau seit diesem Zeitpunkt kümmert mich mein Aussehen auch nicht mehr wirklich. Mein Bart, sowie meine Harre sind gewachsen und stehen in alle Richtungen ab. Aber ganz ehrlich, warum sollte ich mich auch fertig machen, wenn ich sowieso nur den ganzen Tag zu Hause sitze.

Nachdem ich doch die Hälfte der Pizza gegessen habe, bin ich so müde, dass ich einfach so auf der Couch im Wohnzimmer einschlafe. Irgendwann werde ich allerdings wieder von Stimmen geweckt. „Wie geht es Alex?" fragt jemand, wahrscheinlich Ben. „Du siehst es ja selbst, aber wenigstens schläft er jetzt mal ein bisschen. Es wird ihm bestimmt gut tun. Hoffentlich finden wir Tiana bald. Nicht nur sie bereitet mir große Sorgen, sondern auch er. Alex wird es nicht besser gehen, solange wir Tiana nicht gefunden haben." sagt Levin.

„Hört auf euch Sorgen zu machen. Ich weiß, selbst was gut für mich ist und was nicht." spreche ich noch bevor ich die Augen öffne. Beide verstummen sofort und blicken mich erschrocken an. „Wie geht's dir?" fragt mich Ben nun auch direkt, während er mich kritisch mustert. „Gut." antworte ich schlicht. „Ja, ich sehe es." spricht Ben ein wenig beleidigt. Kopfschüttelnd stehe ich auf und gehe nach oben in mein Schlafzimmer.

Oben angekommen werfe ich mich auf mein Bett und durchsuche erstmal Social Media, ob es neue Hinweise auf Tiana gibt. Doch wie zu erwarten: Nichts! Seit gestern habe ich dort eine Vermisstenzeige online gestellt in der Hoffnung eine Spur auf ihr Verbleiben zu bekommen, doch all meine Mühe ist vergeblich.

Warum war ich auch nur so dumm und habe so schlimme Sachen gesagt? Es ist alles meine Schuld. Ich bin eigentlich alt genug, um mich in einem Streit nicht so provozieren zu lassen, dass es so eskaliert. Aber anscheinend doch nicht. Diese Schuld zerfrisst mich innerlich und ich kann nichts dagegen machen. Tiana muss einfach wieder nach Hause kommen, heil und gesund. Sie ist doch meine kleine Schwester, die ich beschützen sollte. 

Seufzend erhebe ich mich wieder aus meinem Bett und gehe in Tiana's Zimmer. Hier riecht alles noch nach ihr. Auch ihr Chaos, was sie immer überall verursacht hat, liegt hier noch. Ihre Kleidung liegt überall am Boden verteilt. Tiana's Schreibtisch ist von Büchern und Zetteln übersäht, sodass man keinen Überblick mehr darüber hat. Ich vermisse sie. Ich vermisse meine kleine Schwester.

Eine kleine Träne schleicht sich aus meinem Auge. Langsam lege ich mich in ihr Bett und schließe die Augen. Noch einmal ziehe ich tief ihren Duft in meine Nase, bevor ich wieder in einen eher unruhigen und kraftraubenden Schlaf zu fallen. 

Twisted Life 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt