Kapitel 55

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Es dauert nicht lange bis wieder jemand in mein Zimmer kommt. Genervt stöhne ich auf. „Hey, Schwesterchen. Was ist denn los?" fragt mein Bruder und setzt sich neben mich aufs Bett. Alex hat sich anscheinend auch umgezogen denn er ist nicht mehr länger in seinem Hemd und seiner Stoffhose. Jetzt trägt Alex genauso wie ich eine Jogginghose und einen Pulli. „Nichts." murmle ich in mein Kopfkissen.

„Na los, komm her Kleine. Ich will mit dir kuscheln." Mein großer Bruder legt sich neben mich und zieht mich ganz nahe an ihn ran. Sofort fühle ich mich geborgen. Mein Kopf liegt auf seiner Brust, während Alexander mir beruhigend über meine Haare streicht. „Weißt du, früher war ich dir auch ganz ähnlich. Ich wollte alles mit mir selbst ausmachen. Jedes Problem, egal ob groß oder klein, alles wollte ich alleine lösen und habe keine Hilfe von anderen angenommen. Vor allem als mich Martin, unser Vater, mich rausgeworfen hat, war es sehr schwierig für mich. Ich wusste, dass ich Hilfe brauche, aber ich wollte nicht danach fragen. Irgendwann habe ich dann allerdings eingesehen, dass es keinen anderen Ausweg gibt. Ich bin zu Freunden, die mir geholfen haben. Was ich dir damit eigentlich sagen möchte, ist dass es völlig in Ordnung ist, nicht alles alleine zu schaffen. Wir sind für dich da. Möchtest du mir jetzt sagen, was los ist?" erzählt mein großer Bruder mit einer ruhigen Stimme.

„Ich weiß auch nicht. Es ist nur einfach so, dass ich das alles doch nicht so wollte. Ben ist sauer, weil ich getanzt, oder wie er es unbedingt sagen will, gestrippt habe. Und du wahrscheinlich auch. Es tut mir einfach so so leid, dass ich euch die ganze Zeit nur Probleme bereite und dass ich so anstrengend bin. Ich will euch nicht belasten und vielleicht wäre es einfach das Beste, wenn ich nicht mehr hier wäre." prasselt die ganze Wahrheit endlich aus mir heraus. Meine Tränen laufen in Bächen meine Wangen hinunter.

„Hey! Shhh. Du darfst das keine Sekunde lang denken, hörst du?! Du bist das Allerwichtigste auf dieser Welt für mich. Klar war es in letzter Zeit alles andere als optimal, aber das gehört nun mal dazu. Und was dich angeht, es ist völlig normal, dass Teenager Probleme bereiten und ihre Grenzen austesten. Wichtig ist, dass du daraus gelernt hast und das sich so nicht wiederholt. Ich will das Strippen nicht gut reden, aber du wirst das nicht mehr machen, oder?" sagt er, weshalb ich einfach mit dem Kopf nicke. „Na siehst du, deshalb wirst du von mir keine Strafe oder irgendetwas in der Art bekommen, natürlich nicht. Was ich jedoch will, ist dass du zu mir oder zu jemanden der anderen gehst, wenn du irgendwas auf dem Herzen hast. Dabei ist völlig egal, was es ist. Versprichst du mir das?" Wieder bin ich nur in der Lage zu nicken, da ich noch immer weine. „Sehr gut. Und Tiana, keiner ist dir böse, wirklich. Ich bin es nicht, Ben ist es nicht und Arian und Levin auch nicht. Also mach dir darüber mal nicht so viele Gedanken. Die Vergangenheit ist Vergangenheit. Keiner kann sie mehr beeinflussen, also lass das alles hinter dir." sagt Alex. Ich kuschle mich noch näher an ihn ran. „Ich hab dich ganz dolle lieb." nuschle ich mit verkratzter Stimme an seine Brust. „Ich dich auch, Schwesterchen." Alex drückt mir einen Kuss auf die Haare.

„Was wollen wir jetzt gemeinsam gucken? Kennst du einen guten Film oder Serie?" fragt mich mein Bruder grinsend und streicht mir mit seinem Daumen die letzten Tränen weg. „Ja, Grey's Anatomy." sage ich mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Ich weiß, dass er diese Serie hasst. „Och neeee. Womit habe ich das nur verdient? Wollen wir nicht doch lieber etwas anderes schauen?" fragt er verzweifelt. Ich schüttle allerdings nur den Kopf.

Gemeinsam schauen wir also mehrere Folgen der Arztserie. Die gemeinsame Zeit mit meinem Bruder habe ich so unglaublich sehr vermisst. Mein Bruder ist eigentlich die einzige Familia, die ich noch habe. Allerdings sind für mich Ben, Arian und Levin auch große Brüder. Ich hab alle total lieb.

Twisted Life 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt