𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 6

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Vincent betätigte nun schon zum gefühlt hunderttausendsten Mal Dags Klingel ... als ihm endlich die Türe aufgemacht wurde und sein bester Freund ihn verschlafen anblickte. »Was 'n los?«

»Ich hab' scheiße gebaut.« Er wuselte sich an ihm vorbei und setzte sich auf Dags Bett, welches sich in seiner kleinen Wohnung befand.

Der Lockenkopf, noch völlig im Halbschlaf schlurfte zu ihm und legte sich wieder hin. »Was war denn so schlimm?«

Vincent, der seinen Kopf mit den Händen stützte, sah ihn dabei nicht an. »Ich hatte Sex.«

»Oh ... sie hat dich mal endlich wieder rangelassen?« , nuschelte er, während sein Gesicht gepresst im Kissen hing und seine Äuglein von Neuem geschlossen waren.

Sein bester Freund blickte nun rüber. »Ich hab' scheiße gebaut.« , wiederholte er ein wenig lauter.

»Okay. Schön, schön.«

Vincent merkte, dass Dag auf die Reise ins Schlummerland war, weshalb er ihn anstupste. »Hey. Hörst du mir mal zu?!«

Ein Auge ging auf und suchte ihn ein wenig orientierungslos. »Häh??!«

»Vanessa hat mich weiterhin versetzt, meinte, sie macht was mit Freunden. Weil du arbeiten warst, bin ich mit Marcel und Patrick weggegangen. Und ... da war dieses Mädchen. Hübsches Ding, wirklich, und ...«

»Du hast sie gepoppt?«

»Könnte man so sagen?«

»Ja ... ja oder nein? Hast ihn ja bestimmt nicht nur halb reingeschoben und Ende.«

»Ich bin ein Arsch, oder?!«

Dag streckte sich nun und setzte sich auf. Erst jetzt bemerkte Vincent, dass die rechte Gesichtshälfte seines besten Freundes ein Muster aufwies, was anscheinend von seiner Liegeposition während des Schlafens eingetreten war. »Schwierig. Ich denke mal ... die Beziehung ist eh ... am Ende, und ... ihr habt es nur noch nicht ... ausgesprochen, daher ... also aus meiner Sicht, hast du nicht fremdgebumst.«

»Und warum fühl' ich mich so ... schuldig?«

»Weil du dich noch in einer Beziehung mit ihr siehst. Ich gehe aber schwer davon aus, dass Vanessa darauf wartet, dass du es beendest, obwohl es für sie mit Sicherheit bereits so ist.« , sagte er. »Weshalb sollte sie dir sonst aus dem Wege gehen? Hast ja nichts angestellt.« Vincent sah ihn mit einem vielsagenden Blick aufgrund der vergangenen Nacht an. »Streich' deinen letzten Samenverlust. Ich mein' davor.«

»Was soll ich jetzt tun?«

»Wenn du damit meinst, ob du es beichten sollst, dann ... keine Ahnung Diggerchen, aber ... beende es endlich. Denn so ... wirst du nicht glücklich. Sie hat dich schon längst abgeschrieben ... nun bist du an der Reihe.« Dag streckte sich und nahm sich anschließend eine Kippe aus der Schachtel, die er sich anzündete.

»Ihr Name war ... Marina.«

»Okay.«

»Ich hatte nicht nur Sex mit ihr. Ich hab' auch gesagt, das wir uns wiedersehen können.«

»Ist doch nichts Schlimmes.«

»Sollte ich?«

»Vinne, du hast jetzt so lange den Schwanz eingezogen. Und das meine ich genauso, wie ich es gerade sage.« Er nickte dabei. »Tu das, was dich glücklich macht. Aber beende es vorher und fahr' nicht zweigleisig, obwohl Vanessa schon in eine komplett andere Richtung gecruist ist.«

Vincent atmete tief ein und stand auf. »Vielleicht hast du Recht. Marina ist ... sie ist echt nett, und ...«

»Mach' einfach langsam und überstürze nichts.«

»Wir hatten Sex. Ich hab's schon überstürzt.«

»Sex kannste mit jeder haben. Ich mein' den anderen Teil. Die Emotionen und so.«

»Als ob man das steuern kann.«

»Ein wenig schon. Immer auf Abstand halten.«

»So bist du doch im Grunde nicht. Mit Alessandra bist du damals schnell zusammengekommen.«

»... und hatten auch 'ne schöne Zeit. Ich sag' ja nicht, dass Emotionen kacke sind, aber so oft schlägt der Blitz auch nicht ein. Zudem haben wir gemerkt, dass es mit uns nicht ausgereicht hat.« , sprach er. »Es war schön. Aber zu wenig um weiterzumachen.«

»Ja. Du hast Recht. Ich sollte alles langsam auf mich zukommen lassen. Liebe kommt. Liebe geht.«

»Uns're Freundschaft bleibt.«

»Das sowieso.« Vincent ging zur Türe.

»Bist schon weg?«

»Ja. Ich ... ich fahr' jetzt zu Vanessa. Wenn ich sie anrufe, wird sie mich eh ignorieren. Ich fahr' hin, beende es ... und ... mach' einfach weiter in meinem Leben.«

»Okay. Kannst dich ja später melden für 'ne kleine Rückmeldung.«

»Ja mach ich.« Vincent hob die Hand und verließ Dags Räumlichkeiten.

Dieser streckte sich aufs Neue und begab sich wieder mehr in eine liegende Position.

Zum Glück kam diese Marina vorbei, um seinem besten Freund mal bildlich klarzumachen, das seine Beziehung im Arsch war.

Dag war sich darüber bewusst, dass Vincent sonst noch endlos lange den Scheiß mitgemacht hätte. Dieser wollte nämlich eigentlich keinen Schlussstrich ziehen und würde mit Sicherheit zusätzlich anhaltend Vanessa hinterhertrauern.

Erste Liebe ...

Er selbst hatte im Grunde Glück gehabt mit Alessandra. Er hatte sie schon auf eine Art geliebt ... keine Frage, aber nach dem Hoch kam auch rasend schnell das Tief angerauscht. Sie hatten es beide gemerkt und einvernehmlich beschlossen nur Freunde zu sein.

So lief das manchmal.

Manche Beziehungen trug man länger mit sich herum, als andere.

Dag wusste jedoch, dass es für ihn und seine Ex das Beste gewesen war, sich zu trennen.

Vincent würde das irgendwann auch noch realisieren, was Vanessa betraf. Dessen war er sich sicher.

Aber vielleicht war ja diese Marina gut, um mit ihm durch diese Zeit zu wandern. Insofern sie auch nur just for Fun mit seinem besten Freund agierte.

Eigentlich wollt' ich nie ein Liebeslied schreiben (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt