𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 53

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»... sie nimmt das also bestimmt noch nicht lang.« , meinte Alessandra, als Dag sie an der Bushaltestelle abholte.

»Ich denke. Ich weiß es nicht. Sie isst nichts. Ich hab' sie belogen und gesagt, es dauert etwas, bis ... ich etwas bekomme. Paar Tage konnte ich sie jetzt damit ... besänftigen. Sie glaubt mir, aber ... sie isst nichts. Ein wenig Wasser nimmt sie zu sich. Aber das war's.«

»Sie geht also davon aus, das du ihr Zeug besorgst?«

Er nickte. »Ich hab' auch ihr Handy weggenommen. Ich ... ich hab dasselbe Handy in ihre Handtasche gesteckt, damit sie denkt, es wäre ihres. Sie hat es eigentlich auch nie so ... rausgeholt. Ich hoffe, dabei bleibt es erstmal.«

»Sie hat gelernt, zumindest bestimmt ein wenig, ihr Handy nur zu nutzen, wenn ihr Freund das will.« Dag hatte Alessandra jede Kleinigkeit erzählt, die er wusste und seine Ex hatte schnell Schlüsse gezogen. Genauso bat sie ihm auch direkt ihre Hilfe an, was ihre vermeintliche Drogen-Kur betraf.

»Trotzdem muss ich sie dazu bekommen, endlich etwas zu essen.«

»Das wird schon Dag. Sie ist zum Glück ja nicht auf ... Heroin oder so.«

»Trotzdem. Sie hätte damit gar nicht erst ... glaub' mir, das war dieser Wichser. Er hat ihr eingeredet, sie wäre zu fett. Sie wäre nichts wert. Und sie glaubt das auch noch alles.«

»Ich denke, sie hat einfach zu wenig Selbstwertgefühl.« Sie betrat mit ihm das Wohnhaus. »Weiß er von dir? Ich mein', könnte er ahnen, wo sie ist?«

»Nein. Er hat sich nicht mal für sie interessiert, als sie in ihrem Auto gepennt hat.«

»Kommt Vincent auch noch?«

»Später. Ich hab' ihm gesagt, es muss jetzt nicht Tag der offenen Tür sein. Ich geh' einfach mal davon aus, dass du gerade behilflicher sein kannst in Célias Situation.«

»Ich hoffe es.« Sie blieben vor seiner Haustüre stehen. »Es wird alles gut.«

Dag nickte und öffnete den Eingang. Célia war nicht zu sehen ... aber zu hören. Sie übergab sich gerade im Badezimmer.

»Das ist normal.« , sprach Alessandra leise. »Erstens, weil sie nichts bekommt. Jeder Körper reagiert da anders und zweitens ... ist das ihr Drang abzunehmen. Das musst du auf jeden Fall unter Kontrolle haben. Wenn sie nichts isst und sich weiter übergibt, hat das drastische Folgen.«

»Ich weiß. Bin mir dessen bewusst.« Dag ging zur Badezimmertüre und klopfte. »Hey Célia, alles okay?«

»Mein Magen tut so weh.« , weinte sie.

»Das ist, weil du dich immer weiter übergibst. Du überanstrengst den.«

»Das passiert automatisch.« Man hörte, wie sie sich abermals übergab, oder zumindest versuchte, irgendwas herauszubekommen. Ihr Magen krampfte sich anscheinend zusammen, denn sie würgte immens und weinte mehr und mehr dabei.

Dag sah zu Alessandra, die ihm per Handzeichen zeigte, dass sie Essen müsse. »Célia, eine Freundin von mir ist hier. Sie ... sie will dir auch helfen.«

Seine Ex kam näher. »Hallo Célia. Mein Name ist Alessandra. Kann ich rein zu dir?« , fragte sie und lauschte.

Nichts.

»Célia?« Dag horchte ebenfalls.

Nichts.

»Ich komm' jetzt rein zu dir, ob du das möchtest oder nicht ist mir gerade egal.« , sagte Alessandra und öffnete die Türe.

Célia bekam kaum Luft und würgte unentwegt weiter. Dags Ex rannte direkt hin, half ihr auf die Beine. »Mach das Fenster auf.« , schrie sie den Lockenkopf an, der so schnell handelte, wie er nur konnte. »Atme Célia. Atme.« , forderte Alessandra sie auf. »Langsam ein und aus. Du schaffst das. Langsam. Du erstickst nicht. Das ist nur eine Einbildung.« Sie sprach total gelassen mit ihr, während Dag hektisch im Hintergrund hin und herrannte. »Schließ deine Augen. Atme die kalte Luft ein. Langsam. Und jetzt aus. Ja. Gut machst du das.«

Sie zeigte Dag den Daumen nach oben, wobei sie weiter auf Célia einredete.

Es half.

Sie beruhigte sich.

Dag hingegen musste kurz ins Badezimmer sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzen. Das war ein wenig viel für ihn.

Er konnte sie nicht nochmal alleine lassen.

Was wäre, wenn das geschah, sobald er nicht anwesend war?

Was wäre, wenn er später mit Alessandra nach oben gekommen wäre?

Hätte er sie tot vorgefunden?

Ihm wurde übel.

Der Gedanke allein quälte ihn schon.

»Dag.« , hörte er Alessandra rufen.

»Ja.«

»Du musst etwas zu Essen holen.« Er ging sofort an den Kühlschrank, während seine Ex Célia zum Bett führte. »Nein. Hol' Babykost oder so. Grießbrei. Ich weiß nicht. Ihr Magen darf sich nicht direkt überarbeiten und ihre Kehle ist auf jeden Fall auch in Mitleidenschaft gezogen. Es muss leicht zu schlucken sein.«

»Ich lass sie nicht mehr allein.« , sagte er sofort.

»Dag, ich bin hier. Ich bin bei ihr. Ich lasse sie nicht alleine.«

Er sah zu Célia und nickte dann, ehe er in Windeseile die Wohnung verließ und auch wahrlich losrannte, um sich dennoch zu beeilen.

Eigentlich wollt' ich nie ein Liebeslied schreiben (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt