𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 61

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Célia rannte los.

So schnell sie konnte, durch etliche Menschen hindurch. Sie hatte Panik, jemand würde sie festhalten, aber dem war nicht so.

Vielleicht sah sie auch einfach zu verzweifelt aus?!

Dass sie es war, das wusste sie. Das war ihr mehr als bewusst. Sie war am Ende angekommen.

Sie rannte um eine Ecke in eine Gasse hinein und atmete gelehnt gegen das Mauerwerk erst einmal kräftig ein und aus.

Wie tief war sie nur gesunken?

Die Handtasche in ihrer Hand hielt sie gegen ihre Brust gedrückt. Sie spürte ihren Herzschlag und vermisste sofort Dag.

Dass sie seinen nie wieder hören würde, schmerzte.

Célia wartete noch einige Sekunden und öffnete dann die Henkeltasche ... die nicht ihre war.

Vorhin hatte sie ebendiese einer Frau abgenommen, die ihre Handtasche unachtsam in ihren Einkaufswagen hineingelegt hatte.

Sie hatte ein immens schlechtes Gewissen deswegen, aber ... sie sah keine andere Möglichkeit mehr. Célia war verzweifelt.

Mit zitternden Händen öffnete sie das Portemonnaie und nickte für sich selbst. Ja ... das müsste reichen. Sie holte das Geld raus und legte alles sorgfältig zurück, ehe sie die Handtasche ebenso mit Vorsicht auf den Boden stellte.

Ihr erster Raub.

Ihr einziger Raub.

Sie war so tief gesunken. Tiefer ging es gar nicht mehr.

Célia ekelte sich so sehr vor sich selbst.

Wann war sie falsch abgebogen? Oder ... war sie von Beginn an auf dem inkorrekten Weg unterwegs gewesen? Fühlte sich deshalb immer alles so ...

Wieder der Gedanke an Dag. In der Zeit empfand sie anders. Aber sie wusste, dass es nur eine Illusion war. Max hatte Recht. Dag würde das Wrack was sie war niemals bis zum Schluss lieben. Wer würde sich so etwas schon freiwillig antun?

Zudem ... wollte sie nicht seine Bürde sein.

Er hatte mehr verdient.

Sie war seine drückende Last. Er gab sein Leben auf für sie. Das war nicht richtig.

Célia zählte erneut das Geld und machte sich anschließend auf den Weg, nachdem sie dieses in ihre Hosentasche gepresst hatte.

Nach Maxs Rauswurf war sie drauf und dran gewesen zu Dag zurückzukehren. Doch wie hätte das ausgesehen?

Sie wollte nicht, dass er sich wie der Ersatzmann fühlte ... und dennoch ... hatte sie ihn ja genau so fühlen lassen, als sie gegangen war.

Dachte sie manchmal nicht nach?

Sie wollte ihn nicht verletzen.

Aber er hätte ihr auch nicht das Handy wegnehmen dürfen.

Allerdings ... war sie dadurch glücklich gewesen. Genau dann war sie ausgeglichen gewesen, weil Max damit ... entfernt wurde.

Dag hatte Recht, dass er ihr nicht guttat. Das wusste sie selbst. Aber ... wieso fühlte sie dennoch weiterhin etwas für Max. Und weswegen tat ihr diese Ablehnung so weh. Sowie jedes einzelne Wort, welches er von sich gegeben hatte.

Er hatte Sex mit anderen gehabt. Das war Betrug und es schmerzte ... obwohl sie selbst nicht treu gewesen war.

Was hatte sie nur für seltsame Vorstellungen und Gedanken?

Ihre einzige Auffassung war, dass sie nicht genug für Max gewesen war. Nicht schön genug. Nicht schlank genug. Nicht das, was er wollte. Keine erste Wahl.

Und so sehr sie Gefühle für Dag besaß, machte es ihr dennoch etwas aus, das Max sie so bewertete.

Was lief denn falsch mit ihr? Warum war sie so sehr auf seine Sichtweise aus?

Dag war anders ... und unabhängig davon ... wieso war ihr das nicht genug?

Sie heulte. Wieder mal.

Irgendwie war es ja schon normal in ihrem Tagesablauf.

Normal ... nichts war normal, wenn sie ihr Leben im Allgemeinen betrachtete. Sie trauerte einer Beziehung nach, wo sie nichts als Demütigung erfahren hatte und ... konnte beim besten Willen nicht zurück zu dem, den sie auf irgendeine Weise eigentlich haben wollte.

Mit dem sie gern ... ein Leben gehabt hätte.

Aber das nie ... wirklich greifbar gewesen war.

Diese Illusion war schön gewesen. Wahrhaftig schön. Doch ... der Traum war vorbei.

Die Realität war endlich da. Sie war allein.

~ du wirst alleine sterben ~

Sie wusste es. Sie spürte es. Sie ...

Célia blieb stehen.

Sie war angekommen. Ihr Herz pochte wie verrückt. Sie beobachtete den Typ, der sich nicht weit entfernt von ihr aufhielt und auf einer Mauer saß.

Sie hatte sich erkundigt ... anscheinend die richtigen Leute angesprochen und war nun ... am Bestimmungsort angelangt.

Der Anfang ... das Ende.

Wieder dieser Gedanke, an Dag und den Wunsch sein Herz schlagen zu hören.

Mit wackligem Schritt näherte sie sich dem Typ. Er sah sie sofort an, während er sich eine Zigarette anzündete. »Kann ich etwas für dich tun?« , fragte er sie, als sie schüchtern und verlegen vor ihm stehenblieb.

»Ich ... ich möchte etwas ... von dir kaufen.«

Eigentlich wollt' ich nie ein Liebeslied schreiben (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt