»So warte. Jetzt nochmal von vorne.« , sprach Vincent am anderen Ende der Leitung, während Dag frühmorgens Frühstück für sich und Célia besorgte. »Sie ist bei dir. Sie ist von zu Hause abgehauen, weil Mami und Papi ihren Freund nicht mögen. Sie hat eine dicke Lippe. Woher ... das weißt du nicht. Und ...« Er überlegte anscheinend, welche Infos er gerade noch von dem Lockenkopf erhalten hatte. »Ach ja. Sie schläft bei dir, obwohl sie einen Freund hat.«
»Wir haben dieses Mal nicht in einem Bett geschlafen.« , beteuerte er direkt.
»Dennoch ... hat sie einen Freund.«
»Ja. Ich weiß.«
»Dag. Sie ist vergeben.« , sprach Vincent ein wenig lauter.
»Ich hab's verstanden.« Dag antwortete wie ein störrisches Kind.
»Sicher? Das glaube ich nämlich eher nicht.« Die Stimme blieb erhoben. »Lass mich raten. Du hast trotzdem gehofft, ihr könntet ... weitermachen, zusammen in einem Bettchen schlafen. Kuscheln, Küsschen, und ...«
»Ja.« , unterbrach Dag ihn, als er Vincent die Antwort lieferte. »Ja. Ich gebe es zu. Ich hätte gerne mit ihr in einem Bett geschlafen.« Er wollte ihn nicht anlügen. Und ihm war auch klar, dass er ihn in der Sache eh schon längst durchschaut hatte.
Er hörte seinen besten Freund am anderen Ende aufschnaufen, ehe er sprach. »Du musst sie loswerden.«
»Was? Nein.«
»Doch.«
»Nein. Wieso?«
»Weil sie dir gefällt. Und das wird nicht gutgehen.« , antwortete er.
»Ich glaube, er schlägt sie.« Dag sprach leise und so, als wäre er gedanklich woanders.
»Ihr Freund?« , hakte Vincent nach.
»Ja.« , gab er als Antwort an. »Ich glaube, die Lippe hat sie ihm zu verdanken.«
»Oder du wünschst dir, dass er es war, damit sie ...«
»Nein. Da war ... dieser Blick in ihren Augen.« , unterbrach er ihn wie aus der Pistole geschossen.
Wieder dieses Aufschnaufen. »Weißt du was, ich komm' am besten mal vorbei, und wir beide stellen sie zur Rede.«
»Was? Nein.«
»Doch. Anscheinend bist du ja zu weich, oder siehst sie nackig in einer Venusmuschel, um mal mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und ...«
»Was willst du tun? Guter Cop böser Cop spielen?«
»Wenn's hilft?«
»Ich bekomm' das allein' hin.« , sagte er.
»Dag. Sie hat einen Freund. Im schlimmsten Fall könnte der bei dir vor der Türe stehen, und dich zu Mus schlagen, weil seine Freundin sich nachts an dich kuschelt.«
»Er lässt sie draußen im Auto pennen. Bei Minusgrade, Vince. Ihm wird wohl nicht viel an Célia liegen.«
»Du meinst nicht so viel, wie dir an ihr liegt?!«
»Ich hab' sie wirklich gern'.« , sprach er leise. »Sie ist mir nicht mal ... fremd, obwohl ich nicht viel über sie weiß. Weißt du, wie ich das meine?«
»Du meinst ... so eine ... Verbindung?!«
»Irgendwie ... ja.«
Und ein weiteres Aufschnaufen kam durch das Handy hindurch bei Dag an, wodurch dieser mit den Augen rollen musste. »Hör zu. Du machst eh, was du willst. Nur ... verbinde dich nicht, solange sie ... verbunden ist. Du verstehst?«
»Für was hältst du mich?«
»Für jemanden, der dabei ist sich in eine Vergebene zu vergucken.« , antwortete Vincent. »Oder schon ... mittendrin steckt.«
»Ich bin bei mir vor der Türe.« , log Dag. »Ich muss jetzt auflegen.«
»Wirst du jetzt ... weiterhin ... krankmachen?«
»Ja.«
Und wieder das Geräusch das Vincent machte, wenn er Dag irgendwie mitteilen wollte, das gerade alles falsch vonstattenging. »Okay. Wenn was ist, meld' dich bitte direkt. Ich versuche, dann eine Schutzgarde zusammenzutrommeln, welche dich unterstützen wird, falls der Freund antanzt.«
»Nicht witzig.«
»Sollte es auch nicht sein. Das war mein vollster Ernst.«
»Ja dann ... nimm den lieben Ernst und seine Schutzgarde woanders mithin. Der Einzige, der hier Schutz benötigt ist Célia. Und den werde ich ihr geben.«
»Hoffe ich für dich. Ansonsten ... ruf mich an.« Vincent legte auf.
Dag stopfte sein Handy zurück in die Hosentasche.
Sein bester Freund hatte Recht. Er hatte selbst gemerkt, wie sehr sein Magen sich verkrampft hatte, als Célia ihm erzählt hatte, dass sie vergeben sei. Das hielt ihn dennoch nicht davon ab, bei ihr schlafen zu wollen. Er hätte es gerne gehabt, und an Sex hatte er dabei nicht gedacht. Geradezu ihre Körperwärme nahe zu spüren. Ihre weiche Haut unter seinen Fingern. Ihr sanfter Atem. Einfach alles.
Doch Célia hatte nicht gefragt, weshalb Dag dann auch auf der Couch genächtigt hatte.
Was hätte er sonst tun sollen?
Fragen, ob sie mit ihm kuscheln wollte?
Irgendwie hatte er das Gefühl, sie hätte es gerne gehabt ... nur ... hatte sie nichts gesagt, oder etwas in der Art an ihn gesendet.
Nun erreichte er wahrlich sein Wohnhaus.
Wie lange sie bleiben wollte, wusste er nicht.
Aber ihm war klar, dass er sie so auf keinen Fall gehen lassen wollte. Nicht wenn er ahnte, dass es ihr Freund war, der sie geschlagen hatte.
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Eigentlich wollt' ich nie ein Liebeslied schreiben (Band 1)
Hayran KurguBAND 1 (Triggerwarnung: beinhaltet verstörende Handlungen, die von manchen als verletzend wahrgenommen werden oder eventuell Traumata reaktivieren könnten) Die unscheinbare 18-jährige Célia hat bisher ein langweiliges Leben geführt, bis sie das ers...