𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 21

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Es war frisch, als Dag nach draußen aus seinem Wohnkomplex getreten war und erst einmal bereits einige Minuten genüsslich seine Zigarette rauchte.

Er hauchte in seine Hände und überlegte, ob es ratsam sein würde mit dem Fahrrad zum Bäcker zu fahren.

Sein Blick fiel auf den weißen Opel Corsa, der nicht weit von ihm parkte. Eigentlich achtete er nicht auf so etwas, doch gestern war ihm dieser schon ins Auge gesprungen, da niemand in der Straße einen solchen fuhr.

Im Grunde war ihm sowas egal, aber irgendwie ...

... der Wagen war immer noch da.

Entweder hatte jemand einen Neuen, oder ...

Er zuckte für sich mit den Schultern. Warum dachte er über so etwas nach? Es war tatsächlich scheißegal, wer hier parkte.

Sein Blick fiel trotzdem kurz ein weiteres Mal zu dem Auto hin, welches ein wenig entfernter wegstand. Da war doch jemand drin ... oder? Zumindest war gerade irgendwer für einen Moment sichtbar gewesen.

War die Person etwa schon länger dadrin? Dag konnte sich nicht daran erinnern, irgendjemanden hatte einsteigen gesehen.

Oder ... war, wer auch immer die komplette Nacht da im Auto gewesen?

Vielleicht hatte er es einfach nicht mitbekommen, wie jemand zwischenzeitig eingestiegen war. Es konnte außerdem sein, dass die Person schon drin war, als er herausgekommen war, und lediglich noch ein Telefonat zu Ende geführt hatte.

Dag zuckte erneut mit den Schultern, schnappte sich sein Fahrrad und schwang sich drauf. Als der Wagen mit lauter Musik im Innern plötzlich und unerwartet ansprang, kam er dadurch leicht ins Trudeln und stellte einen Fuß wieder auf den Boden.

Ein bisschen rasant fuhr der Wagen an ihm vorbei und der Lockenkopf sah hinein.

War das nicht dieses eine Mädchen gewesen? Zumindest bestand von ihrem Seitenprofil her eine Ähnlichkeit.

Was hatte sie hier gemacht?

War sie ... die komplette Nacht hier ...?

Er verharrte in seiner Position. War sie tatsächlich die ganze Zeit über in der Kälte hier im Auto gewesen?

Irgendwie fühlte er sich angesichts dessen nicht wohl. Er kannte sie nicht. Kein bisschen, aber dennoch kickte ein wenig dieses ... Schuldgefühl.

Als ob er das hätte verhindern können. Auch wenn er nicht schuld daran war.

Wieso, weshalb, warum ... darüber hatte er keinen genauen Einblick. Er spürte nur, was er momentan empfand. Diese emotionale Verfassung war nicht gerade ein tolles Gefühl.

Er sah nach hinten zu der Parklücke, wo sie gestanden hatte. Aber vielleicht hatte er ja doch irgendwas falsch gedeutet oder schlichtweg nicht mitbekommen. Womöglich hatte sie nicht die ganze Nacht über im Auto verharrt.

Es lag im Bereich des Möglichen, das sie in den Wagen gestiegen war, als er gerade nicht hingesehen hatte. Dags Augen waren schließlich nicht die komplette Zeit über in diese Richtung gegangen.

Genau ...

Er hatte es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mitbekommen.

Möglicherweise war dieses Gefühl einfach nur da, weil er nicht nachfragen konnte, ob alles in Ordnung war, als dieser Typ, der sie so seltsam angesehen hatte, mit ihr gesprochen hatte.

Daran musste es liegen.

Er hatte deshalb das jetzige Gesehene höchstwahrscheinlich falsch gedeutet.

Sein Blick schweifte wieder mal umher. Aber bei wem könnte sie hier zu Besuch gewesen sein? Vorher hatte er sie noch nie ... wahrgenommen.

Er schüttelte den Kopf. Warum interessierte es ihn? Es hatte ihn schließlich nichts anzugehen, wer hier von wem Besuch bekam.

Dag stellte sich in diesen Minuten vor, wie Oma Hildegard von gegenüber seine Gäste von ihrem Fenster aus wertete, ohne auch nur jeglichen Einblick in sein Leben zu haben.

Nein, so etwas sollte man nicht.

Das Mädchen hatte ihn nicht zu interessieren. Es sei denn, er würde nochmal irgendetwas eventuell beobachten, wo sie Zuwendung nötig hatte.

Dann war es selbstverständlich normal, freundlich Hilfe anzubieten, indem man die Nase teilweise in fremde Angelegenheiten drücken musste. Ansonsten ging es ihn nichts an, weshalb sie hier in seiner Straße unterwegs gewesen war.

Ob nun kurz ... oder lang.

Es war ihre Sache.

Dag trat nun in die Pedale und radelte los.

Es war schon recht frisch ... und einzig aus diesem Grund musste er doch wieder an das Mädchen denken. Falls sie dort geschlafen haben sollte, muss es schweinekalt gewesen sein.

Das Hupen eines Wagens brachte ihn jedoch von den Spekulationen in die Wirklichkeit zurück. Scharf ging er auf die Bremse und machte fast einen Überschlag dabei, als der hintere Teil seines Rades sich in die Luft erhob.

»Wie wäre es mal mit ein bisschen rechts und links schauen?«, blökte der Mann aus dem Auto ihn an.

»Sorry.« Dag hatte jetzt keine Lust auf eine Diskussion mit ihm und radelte auch direkt weiter, ohne sich nochmal umzudrehen.

Auf den Verkehr achtete er jedoch danach.

Eigentlich wollt' ich nie ein Liebeslied schreiben (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt