Kapitel 1

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Ich hasste die Farbe Blau.

Sie biss sich mit dem Grün meiner Augen, dem zu dunkel aufgetragenen Rusch auf meinen Wangen. Und doch hatte man mir einen blauen Kimono mit goldenen Stickereien angezogen. Weil es seine Farbe war, die Farbe seines Hauses. Weil man zeigen wollte, dass ich ab jetzt zu ihm gehören würde, seine Braut war. Seufzend zog ich mir die vielen goldenen Klammern aus den dunkelbraunen Haaren und band sie zu einem lockeren Pferdeschwanz hoch. Ich wollte wenigstens in einem Teil ich selbst bleiben. Und aufwändige strenge Frisuren waren nie meins gewesen. Zu viel Aufwand für nichts, ich sah keinen Sinn darin. Womöglich schwang auch die Hoffnung mit, dass er die Verlobung auflösen würde, wenn ich nicht hübsch zurecht gemacht war. Aber an meiner Frisur würde es wohl kaum scheitern.

Hier am Lande Japans waren die Leute noch weitaus strenger, was Traditionen betraf. Beweisstück A dafür war meine arrangierte Ehe. Dennoch liebte ich meine Heimat. Die funkelten Seen, der Wind in den hohen Feldern, das Singen der Vögel in den dichten Wäldern. Doch ich hatte schon immer gewusst, dass ich irgendwann von hier verschwinden würde. So sehr ich meine Heimat auch liebte, mein Herz gehörte nicht hierher. Das hatte es nie.

„Kira!" hinter mir schwang die Türe auf, meine Mutter stürmte herein, einen fassungslosen Ausdruck im Gesicht, als sie die Klammern auf dem Boden liegen sah. „Kind, was hast du getan? Die Trauung ist in einer Stunde und du siehst aus wie ein dahergelaufenes Straßenkind!" unglücklich fuhr sie durch meine Haare, ehe sie mich vor dem Schminktisch drapierte und erneut meine Haare hochsteckte. „Mutter?" ich sah sie durch den Spiegel hindurch an. „Ja?" ich senkte den Blick und verschränkte meine Hände in meinem Schoß. „Ich möchte das nicht." Meine Mutter legte eine Hand auf meine Schulter und drückte sanft zu. „Ich weiß, Schatz. Ich weiß. Aber weder du noch ich haben da ein Mitspracherecht." Kummer schlich sich in das Lied ihrer Seele, als sie fortfuhr.

Auch sie war mit meinem Vater verheiratet worden, ohne dass sie das gewollt hatte. Und auch, wenn mein Vater ein umgänglicher Mann war, war er sehr streng, wenn es um Traditionen und die Ehre der Familie ging. Widerspruch wurde nicht geduldet. „Du solltest dankbar sein, dass dein Vater Zero auserwählt hat. Immerhin kennst du ihn, ihr seid Freunde." Ich schüttelte den Kopf. „In einer halben Stunde werden wir nie mehr Freunde sein können. Danach wird alles kaputt sein und nie mehr wie vorher." Ich hob den Blick und sah aus dem Fenster, sah in der Ferne die Ruinen der alten Mühle, in der ich mich jedes Mal versteckt hatte, wenn ich allein sein wollte. Oft hatte ich dort auch mit meinen Schwestern gespielt, die Mühle war auch der Ort, an dem Zero mir das Kämpfen beigebracht hatte. „Wenn ich ihn heirate, dann tötet das meine Vergangenheit, zusammen mit meiner Zukunft. Mein Leben wird dann nichts weiter sein als ein Friedhof voll von ungelebten Träumen." Ich ballte die Hände zu Fäusten. „Nie gelebt und trotzdem tot." Meine Stimme war immer leiser geworden, ich spürte Tränen in meinen Augen brennen. Vor dem Haus heulten Motoren.

Ich hatte Zeros Lebensfaden so oft gesehen, so oft das Lied seiner Seele gehört, dass ich ihn selbst in einer riesigen Menschenmenge ohne Probleme hätte ausmachen können. Meine Mutter richtete die letzte Klammer in meinem Haar und setzte mir dann das kleine Diadem mit den weiß funkelten Diamanten auf. Ihr grüner Blick fand meinen im Spiegel, ihrer Finger verweilten einen Moment zu lang auf dem Diadem. „Trag es mit Stolz, Kira. Tu alles, um dir deine Würde zu bewahren." Sie hauchte mir einen Kuss auf die Wange. „Ich liebe dich, Schatz." Sanft strich sie mir eine Locke hinter das Ohr. „Vergiss das nie." Ich nickte, meine Mutter sah auf die Uhr. „Die letzte halbe Stunde gehört dir, Schatz. Dein Vater holt dich dann ab, damit es losgehen kann."

Mit einem leisen Klicken fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Ich wartete einige Herzschläge lang, um sicher zu gehen, dass auch wirklich niemand mehr kam. Als ich lauschte und auch keine sich nähernden Seelenlieder ausmachen konnte, stand ich auf und lief entschlossenen Schrittes auf die kleine Kommode zu und schob sie zur Seite. Dahinter hatte ich all meine Sachen versteckt, die ich mitnehmen wollte. Erneut riss ich mir die Klammern aus den Haaren und legte das Diadem auf die Kommode. Den Teufel würde ich tun und hierbleiben, ein braves Hausmütterchen sein und viele starke Jujuzistenkinder bekommen. Das war auch der Hauptgrund, warum man Zero und mich verheiraten wollte. Meine Fluchtechnik war einzigartig. Ich konnte die Lebensfäden anderer sehen, die Lieder ihrer Seelen hören. Jeder Mensch hatte eine einzigartige Melodie, die ihn ausmachte und kennzeichnete. Zudem konnte ich die wahren Emotionen aus den Liedern heraushören. Fluch und Segen zugleich, wenn man mich fragt. Aber diese Aspekte meiner Technik waren nicht der Grund, warum man mich mit dem stärksten Jujuzisten unseres Umkreises verheiraten wollte.

Flink zog ich den Rucksack aus dem Loch in der Wand, zusammen mit der Kleidung, die ich dort einige Tage zuvor versteckt hatte. Als ich aus dem Kimono und dafür in meine schwarze Jeans, Stiefel und ein rotes Top schlüpfte fühlte ich mich Stück für Stück wieder wie ich selbst. Ich warf mir meine Lederjacke über die Schultern und schulterte den Rucksack. Kurzerhand öffnete ich das Fenster und kletterte an dem Efeu runter auf die Straße. Mir blutete das Herz, als ich die lange Straße entlangrannte, ungehemmt liefen mir die Tränen über das Gesicht. Ich musste meine Mutter und meine Schwester zurücklassen. Wie gern ich sie mitgenommen hätte. Aber das hätte nicht funktioniert. Niemals. Auch hasste ich es, Zero zu enttäuschen, er war mein bester Freund. Aber ich konnte ihn nicht heiraten. Das war falsch, so falsch. Allein der Gedanke ließ mein Seelenlied zu einer hässlichen Kakophonie anschwellen. Immer schneller rannte ich zurück zu unserem Haus. Ich wusste, jetzt würde niemand dort sein. Ich konnte nicht gehen, ohne meinen Dolch geholt zu haben. Mein Vater hatte ihn weggesperrt, um andere vor mir zu schützen seit dem Vorfall. Nur selten hatte es Ausnahmen gegeben.

Ich fummelte den Ersatzschlüssel aus dem Blumentopf und ging ohne Umwege in das Arbeitszimmer meines Vaters, auf den Tresor zu. Ich hatte ihn heimlich dabei beobachtet, wie er die Kombination eingegeben hatte. Der Tresor klickte und verriet mir so, dass er offen war. Als ich ihn öffnete, schimmerte mein Dolch bereits im Licht meines Lebensfadens und als ich ihn in die Hand nahm, erwachte der andere Teil meiner Fluchtechnik aus seinem Schlaf.

Der Tod.

Mit dem Dolch war es mir möglich, die Lebensfäden anderer zu durchtrennen. Dafür musste ich sie lediglich einmal berührt haben, um den Faden aus ihrem Körper zu ziehen.

Mit dem Dolch war ich der wandelnde Tod.

Ein Grinsen zog sich über mein Gesicht, als ich den Dolch einpackte und in Richtung Bahnhof floh. Das Ticket nach Tokyo hatte ich bereits vor einigen Tagen gekauft und als ich im Zug saß und dabei zusah, wie mein Heimatdorf immer kleiner wurde, hatte ich zum ersten Mal ein meinem Leben das Gefühl, richtig atmen zu können.

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Kapitel 1!

Ich hoffe, dass es euch gefallen hat und würde mich sehr über Feedback freuen!

Eure Erin xx

Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt