Auf der Polizeiwache war es angenehm warm, dennoch schaffte es die Heizung nicht, das Zittern zu stoppen, in das ich im Park verfallen war. Auch schaffte sie es nicht, das Loch in meinem Herzen zu erwärmen, dass sich gebildet hatte und das mit jeder Minute, die verging, größer wurde. Kälter wurde. Immer wieder sah ich Satorus blutenden Körper vor mir, seinen leeren Blick. Es war alles meine Schuld. Sukuna hatte Recht gehabt. Nur wegen mir war er tot, nur wegen mir hatte er seine Unendlichkeit aufgehoben! Meine Hände verkrampften sich zu Fäusten und endlich erlaubte ich es mir, ein Taschentuch aus der Box vor mir auf dem Tisch zu nehmen. Ich wischte mir die Tränen von den Wangen, die seit ich hier war, nicht mehr aufgehört hatten zu laufen. Ich fühlte mich leer, schuldig. Dreckig. Es war ein Fehler gewesen, nach Tokyo zu gehen. Ich hätte zuhause bleiben und den Weg gehen sollen, den meine Familie für mich vorgesehen hatte. Dann wäre all das nicht passiert. Die Akademie würde noch stehen und Satoru noch leben. Alles wäre gut gewesen. Ich war naiv gewesen zu glauben, dass sich alles zum Besseren wenden würde, wenn ich nur weg gehen und mein Leben selbst in die Hand nehmen würde.
Schritte vor der Tür rissen mich aus meinen Gedanken, doch niemand kam herein. Stattdessen saß auf dem Stuhl auf der anderen Seite des Tisches Kiko. Der Junge war mit uns im Streifenwagen mitgefahren und er schien daran helle Freude gehabt zu haben. Doch jetzt sah er mich an und legte den Kopf schief. Der Stuhl quietschte, als der tote Junge aufstand, auf den Drucker zuging und dort einige Blatt Papier herauszog. „Was machst du da?" schluchzte ich leise, doch Kiko signalisierte mir bloß, leise zu sein. Er nahm wieder auf dem Stuhl Platz und fing an, die Papiere zu falten und eines davon mit einem schwarzen Filzstift zu bemalen. Das Ganze dauerte nicht lange, fünf Minuten vielleicht. Kiko stand erneut auf, sammelte seine Origamiwerke ein und legte sie mir schließlich in den Schoß. Erneut schossen mir die Tränen in die Augen, als ich sah, was der Junge für mich gebastelt hatte. Es waren zwei kleine Papierfiguren, die sich an den Händen hielten. Mit dem schwarzen Filzstift hatte er einer der Figuren eine Augenbinde gemalt. Vorsichtig nahm ich die Figuren in die Hand und drückte sie an meine vor Schluchzen zitternde Brust.
Kiko deutete erst auf die Papierfigur, die Satoru darstellen sollte, dann auf meine, ehe er mit seinen Händen ein Herz formte. Ich nickte bloß, ein verzweifeltes Lachen folgte. „Ja ich liebe ihn." Meine Finger strichen über die Figuren. „Habe ihn geliebt ... er ... er ist ja nicht mehr da." Kiko wollte wohl noch etwas andeuteten, doch auf einmal hielt er inne, schien einer Stimme zu lauschen, die ich nicht hören konnte. Ein breites Strahlen trat auf das Gesicht des Jungen, fröhlich tanzte er durch das Zimmer und löste sich schließlich in Luft auf. Der Junge war wirklich ein Schatz. Immer wieder strichen meine Finger über die beiden Papierfiguren, bis sich schließlich hinter mir die Türe öffnete und Hamamoto hereinkam. Er nahm auf dem Stuhl, auf dem bis eben noch Kiko gesessen hatte, Platz und sah mich prüfend an. Er schob mir die Taschentuchbox zu, als er mein verheultes Gesicht sah. „Frau Akuma. Wir sollten einmal durchgehen, was sich Ihrer Akte hinzugefügt hat, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben." Er schlug die Akte auf, die er mitgebracht hatte und begann zu blättern.
„Damals war es nur versuchter Diebstahl und Beleidigung. Jetzt haben wir noch Vandalismus, Fahren ohne Führerschein, verkehrswidriges Verhalten, damit verbunden die Gefährdung von Minderjährigen und anderer Straßenverkehrsteilnehmer und Entziehung der Justiz." Mit Vandalismus meinte er wohl die eingeworfene Scheibe. Meine Flucht aus dem Polizeiauto durfte man auch nicht vergessen. Und als er mir Blitzerfotos von meinem Ausflug mit den drei Welpen zeigte, wusste ich auch, worum es sich bei den restlichen Vorwürfen handelte. Der Polizist zog sich die Brille von der Nase und seufzte. „Frau Akuma. Was ist denn bloß los? Was haben Sie sich dabei gedacht?" unfähig, etwas zu sagen, ohne wieder in Tränen auszubrechen zuckte ich bloß hilflos mit den Schultern und zupfte mit zitternden Händen am Taschentuch herum. Hamamoto schien das Zittern nicht entgangen zu sein, er drehte nämlich die Heizung auf, verließ das Zimmer und kam kurz darauf mit einer Tasse Tee zurück, die er vor mir am Tisch abstellte. „Danke." Flüsterte ich und nahm die heiße Tasse in die Hand. „Was machen wir jetzt?" fragte ich nach einigen Schlucken und verdrängte die Bilder von Satoru in die hinterste Ecke meines Verstandes.
Hamamoto seufzte und klickte etwas auf dem Bildschirm herum, bevor er mir antwortete. „Das sind alles Dinge, die ich anzeigen muss." Sein Blick fand meinen, sein Lied sprach von Mitleid. „Das Sie gerade in einer Krise stecken ist nicht zu übersehen, nur sind diese leider keine Entschuldigung für pflichtwidriges Verhalten." Ich ließ den Kopf sinken und nickte. „Ich weiß. Und es tut mir so so leid." das Klackern der Tastatur erfüllte den Raum, als Hamamoto die restlichen Daten meines Ausweises in das System eingab. „Gibt es wen, den ich anrufen kann?" fragte er dann in die Stille hinein. Doch ich schüttelte den Kopf. Der Rest war in Kyoto und ich hatte mein Handy auf dem Gelände verloren. Also konnte ich auch Nobara und Zero nicht erreichen. „Der Prozess und bis alles läuft wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Für den Zeitraum könnten Sie gegen eine Kaution wieder gehen." Ich lachte hohl. „Seh ich aus, als hätte ich Geld bei mir?" Hamamoto zog die Augenbrauen zusammen, auf sein Gesicht trat ein väterliches Lächeln. „Vielleicht tut es Ihnen ohnehin gut, heute Nacht hier zu schlafen statt auf der Straße." Da hatte er nicht ganz unrecht.
Die Nacht verging langsam. Viel schlief ich nicht und wenn doch, wurde ich von Alpträumen geplagt. Alles, was ich ihnen sah, war Satoru. Blutüberströmt stand er vor mir im Schnee, der kalte Wind zauste sein wunderschönes weißes Haar. Er hob die Hand, Blut lief ihm aus dem Mund, als er sprach.
„Das ist deine Schuld."
Zitternd fuhr ich erneut aus dem Schlaf hoch. Das war jetzt sicher das vierte Mal, dass ich das träumte. Ein Blick aus dem vergitterten Fenster verriet mir, dass es bereits hell wurde. Hamamoto würde wohl sicher bald mit Frühstück kommen. Und tatsächlich, es kam auch wer. Allerdings ein mir fremder Polizist, der die Türe aufschloss und mich bat, ihm zu folgen. Unsicher trat ich auf den Flur und nahm dem Polizisten, der Yoshi hieß, meine Lederjacke ab. „Was ist los?" meine Frage blieb unbeantwortet, also folgte ich Yoshi durch das Polizeirevier. Kurz, bevor wir am Eingang ankamen, sprach er endlich. „Man hat Ihre Kaution bezahlt." Er reichte mir einen Briefumschlag. „Hier steht alles zu Ihrem Verfahren drin. Bleiben Sie bitte erreichbar an der von Ihnen gestern genannten Adresse für die weiteren Schritte." Ich nickte und wurde dann von Yoshi im Wartebereich zurückgelassen. Hinter dem Tresen saß eine junge Frau, die mir ein warmes Lächeln schenkte. „Ihr Verlobter ist gleich fertig mit den Papieren. Dann können Sie gehen." Überrumpelt nickte ich bloß und ließ mich in einem der Sessel nieder. 10 Minuten vergingen, 15. Dann 20. Nach einer halben Stunde öffnete sich die Türe zu Hamamotos Büro, der dicht gefolgt von Zero aus der Türe trat. Hamamoto reichte Zero die Hand und verbeugte sich dann. „Nett, Sie kennengelernt zu haben, Herr Ishida." Zero tat es dem Polizisten gleich. „Die Freude war ganz meinerseits." Als Hamamoto wieder in seinem Büro verschwunden war, sprang ich auf und lief in Zeros Arme. Weinend brach ich schließlich zusammen, der Boden war kalt unter meinen Händen. „Oh, Kira. Es tut mir so leid." Flüsterte er und zog mich eng an sich, als ich weinte. „Es wird alles gut. Das verspreche ich dir. Ich lass dich nicht allein." Ich brachte nur ein Nicken zustande, Zero wischte mir sanft die Tränen aus dem Gesicht.
„Gehen wir nach Hause. Da wird es dir besser gehen."
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Back again mit Kapitel 38!
Voraussichtlich kommt heute noch ein Kapitel online, ich würde mich freuen, euch dort wiederzusehen!
Eure Erin xx
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Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Die 23-jährige Kira wollte ihr Leben lang nichts, außer frei zu sein. Und auch, wenn ihr keine physischen Fesseln angelegt sind, wiegen die geistigen Fesseln wesentlich schwerer und drohen, sie mit sich in die Verdammnis zu ziehen. Doch als si...