Kapitel 40

118 10 4
                                    

Schnell waren einige Tage ins Land gezogen, aus denen bald zwei Wochen wurden und ich hatte das Gefühl, Statistin in einem Drama zu sein. Ich ließ die Trauer jeden Tag zu, schlief schlecht und quälte mich durch jeden Tag in der Hoffnung, dass ich mich bald etwas besser fühlen würde. Auf der anderen Seite hasste ich mich für diesen Wunsch nach Schmerzlinderung. Würde das nicht heißen, dass ich Satoru aus meinem Leben verbannte? Selbst die Arbeit mit den Tieren auf unserem kleinen Hof ließ mich nicht besser fühlen und so kam es, dass ich oft im Stall saß und es nicht schaffte, meine Aufgaben zu erledigen, ohne zu weinen. Ich hätte die Aufgaben nicht erledigen müssen, meine Mutter hatte sich vehement dagegen gesträubt. Aber ich wollte es, wollte etwas Ablenkung. Wenn auch nur mit mäßigem Erfolg. Satorus Shirt hatte ich für die Stallarbeit ausgezogen, aber wenn ich nicht gerade im Stall war, trug ich es rund um die Uhr und bemerkte, dass sein Duft jeden Tag mehr und mehr aus dem Stoff verschwand. Das Stroh des Ballens, auf den ich geklettert war, pikste mich durch meine Hose hindurch. Gedankenverloren zupfte ich einige Strohhalme aus dem Ballen heraus, als der Ballen auf einmal begann, zu wackeln und mein Bein warm wurde. Unser schwarzer Wallach Hachiko stand vor mir und schnaubte gegen mein Bein, ehe er den Kopf streckte und an meinem Gesicht schnupperte und anfing, sanft an meiner Nase zu knabbern.

Tiere konnten wirklich spüren, wenn man traurig war und er schien mich trösten zu wollen. Behutsam strich ich dem Pferd über die weichen Nüstern. „Na? Wollen wir ein bisschen raus, du und ich? Wie früher." schnell hatte ich ihn gesattelt und aus dem Stall geführt, der Schnee knirschte unter Hachikos Hufen, als ich ihn in Richtung der verschneiten Felder führte und aufstieg. Einige Zeit lang lief er gemächlich über das verschneite Winterland, der Schnee glitzerte und erinnerte einen an Weihnachtsfilme, in denen alle glücklich und zufrieden waren. Und als wir schließlich an unserer gewohnten Route angekommen waren, verfiel er in einen schnellen Galopp und jagte über das verschneite Feld. Der kalte Wind fraß sich in meine Haut, doch das störte mich nicht. Ich hatte hier, auf Hachikos Rücken endlich mal wieder das Gefühl, frei atmen zu können. Ich schloss die Augen, ließ die Zügel los und streckte die Arme aus, während Hachiko immer weiter und weiter galoppierte. Ich konnte spüren, dass es wieder das Schneien angefangen hatte, die Schneeflocken schmolzen auf meiner Haut, als ich mein Gesicht dem Himmel entgegenstreckte.

Als Hachiko unter mir wieder langsamer wurde, öffnete ich das erste Mal wieder die Augen, um zu sehen, wohin er gelaufen war. Wir standen vor der Mühle, der Ort von Hana und mir. Ich sah die Mühle lange einfach nur an und stieg schließlich ab. Hachiko wühlte unter dem Schnee nach Gras, also band ich ihn locker fest und kletterte über die verschneiten Steine in die Ruinen der Mühle. Im Sommer war es hier wunderschön, Blumen wuchsen auf den Steinen, durch sie hindurch. Im kaputten Dach nisteten jeden Frühling Schwalben, sodass man den Küken beim großwerden zusehen konnte. Ich ging weiter rein, an dem alten Mahlsteinen vorbei in das einzige Zimmer, dass hier noch einigermaßen intakt war. Dort stand immer noch die Staffelei, die Hana immer benutzt hatte. Sie war mittlerweile schon etwas verwittert, hielt meiner Berührung aber stand.

--------------

„Können wir ihm helfen?"

Dicke Tränen kullerten über meine Wangen, als ich das tote Schwalbenküken zu meinen Füßen liegen sah. Hana ging neben mir in die Hocke, betrachtete das Küken kurz und schüttelte dann den Kopf. „Leider nein. Das Küken ist tot." Die Tränen auf meinem Gesicht wurden mehr, als ich mich bückte und das Küken aufhob. „Ist es jetzt im Himmel?" schniefte ich und sah zu Hana, die nur lächelte und anfing, in den alten Regalen zu wühlen. „Willst du denn, dass es im Himmel ist, Kira?" fragte sie zurück. „Ja!" zornig stampfte ich mit meinem kleinen Fuß auf. „Ich will das! Das es da groß werden kann und dann fliegen kann. Wie ein großer Vogel." Ich deutete auf das Nest, in dem die anderen Küken um die Wette zwitscherten. „Warum ist es tot, Hana?" ich ging auf meine große Schwester zu und zupfte an ihrer Lederjacke. Sie wand sich mir zu und ging in die Hocke. „Weil es zu schwach war. Die Vogelmutter konnte nicht alle Küken versorgen, also hat sie das Schwächste aus dem Nest geworfen."

Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt