„Kira. Hätte ich mir denken können."
Ich hatte alle Mühe, mein Pokerface zu waren. Gott, wie schaffte Megumi das bloß den ganzen Tag? Der Junge hatte das Pokerface wirklich perfektioniert. Zero sah mies aus. Ein Jahr saß er jetzt schon in dem Loch hier, auf Anweisung der Hohen hin. Satoru und die hohen Tiere waren sich zum ersten Mal in etwas einig gewesen.
Und das war Zeros Exekution.
Als ich den leeren Ausdruck in seinen braunen Augen sah, brachen die Erinnerungen über mir ein und spülten mich mit sich fort. Erinnerungen an die Zeit, in der Zero und ich noch Kinder gewesen waren. Gemeinsam hatten wir den Bauernhof meiner Eltern erforscht, hatten uns im nahen See selbst das Schwimmen beigebracht. Zero wäre damals fast ertrunken, aber ich hatte es irgendwie geschafft, ihn aus dem See zu ziehen, wo er sich neben dem Seewasser auch die Seele aus dem Leib gekotzt hatte. Ich war bei ihm geblieben, bis er nicht mehr gezittert und außer Galle nichts mehr ausgespuckt hatte. Er und ich hatten an dem Tag ordentlich Ärger kassiert. Ich erinnerte mich an die warmen Sommertage, an denen er mir das Kämpfen beigebracht hätte. Oder das Autofahren. Ohne Zero wäre ich nie eine Jujuzistin geworden. Er war für mich da gewesen, wann immer die Erinnerungen an Hana drohten, mich mit Haut und Haar zu verschlingen. In den letzten Monaten hatte ich viel darüber nachgedacht, wann der Wandel in Zeros Leben gekommen war. Und was ihn dazu veranlasst hatte.
„Warum?"
Die Frage kam mir leichter über die Lippen als gedacht, wenn man sich ins Gedächtnis rief, was diese Frage mit sich brachte. Den Moment, in dem sich Zero gegen mich entschieden hatte. Der Moment, in dem ich meinen besten Freund verloren hatte. „Warum hast du das getan?!" heiße Tränen liefen mir über die Wangen, als ich schwankend von dem Stuhl aufstand. Sofort wurde mir schwindelig, blinzelnd stützte ich mich auf der Stuhllehne ab. „Du siehst sehr schön aus in dem Kleid." Sagte er, die Ketten an seinen Armen rasselten in der darauffolgenden Stille. Wütend funkelte ich Zero an. „Beantworte die scheißgottverdammte Frage! Warum, Zero? ... warum?" meine Stimme war leiser geworden. „Was hab ich dir je getan?"
Zero zuckte bloß mit den Schultern. „Manchmal muss man für das große Ganze exakt jene Dinge opfern, die man am meisten liebt." Sein Blick bohrte sich scharf in meinen. „Nur so kann man zeigen, dass man alles dafür geben würde. Alles dafür gegeben hat." Stumm sah ich ihn an, versuchte in dem Gesicht des Mannes vor mir meinen besten Freund zu finden. Doch ich wurde nicht fündig. Vor mir saß ein völlig Fremder.
„Würdest du es wieder tun?"
Meine Frage schwebte im Raum, die Luft wurde zum Zerschneiden dick.
„Ja."
Der Stich in meinem Herzen tat mehr weh, als ich es zugeben würde. Irgendwie hatte ich, dummerweise, gehofft, Zero retten zu können. Doch mir wurde klar, dass ich ihn schon vor langer Zeit verloren hatte, ohne es zu bemerken.
Der Zero, den ich kannte war schon lange tot.
Ich machte mich auf den Weg zur Türe und ließ die Leute der Hohen rein. Kurz bereute ich es, mich als Zeugin für Zeros Ableben gemeldet zu haben. Doch ich war es dem Zero schuldig, den ich gekannt hatte. Dem Jungen mit dem immer fröhlichen Lachen der es nie müde geworden war, mich aufzumuntern.
Ich würde ihn vermissen.
Ich weiß nicht, was sie mit ihm taten, und ich wollte es auch gar nicht wissen. Aber ich konnte dabei zusehen, wie langsam das Leben aus seinen Augen wich und er schließlich leblos in sich zusammensackte. Das Ganze dauerte nicht mal fünf Minuten und doch kam es mir wie eine Ewigkeit vor. „Das wars schon, Frau Akuma." Sagte einer der Herren zu mir und machte sich mit seinem Kollegen auf den Weg zur Türe, die mit einem lauten Knall hinter mir ins Schloss fiel. Einige Herzschläge lang stand ich nur da, die Stille war ohrenbetäubend. Langsam ging ich auf Zeros Körper zu und kniete mich neben ihm hin. Sanft betete ich seinen Kopf in meinen Schoß und strich ihm das dunkle Haar aus dem Gesicht. Man hätte fast meinen können, dass er nur schlief. Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn und legte schließlich meine Stirn auf seiner ab, als die Tränen ungehindert begannen, zu laufen, bis ich meinen Schmerz schließlich nur noch in das kleine Zimmer brüllte.
Lange hatte ich den Eindruck gehabt, nicht um Zero trauern zu dürfen. Das es mir verboten war nach all den Dingen, die er getan hatte. Aber das war falsch. Ich trauerte nicht um den Mann, der hier gestorben war. Sondern um den Jungen der er gewesen war. Und um den Mann, der er hätte sein können.
Ich trauerte um meinen besten Freund.
Der Knall, mit dem die Türe hinter mir zufiel, war endgültig. Ich gab mir Mühe, dass Zittern meiner Hände zu unterdrücken, als ich den langen Gang entlanglief. Vorsichtig raffte ich den Saum meines Hochzeitskleides zusammen, damit es nicht durch den Dreck gezogen wurde. Die Hohen waren wirklich abartig. Legten Zeros Exekution auf meinen Hochzeitstag. Aber so war es jetzt eben. Ändern konnte ich es nicht mehr.
„War eine gute Idee, das Make-Up erst danach zu machen." Begrüßte Shoko mich und reichte mir einen Handspiegel, der mir das volle Ausmaß meiner Trauer präsentierte. Gerötete und geschwollene Augen, ein rundum total verheultes Gesicht. „Ich bin mir sicher, dass er früher mal ein guter Kerl war." Shoko platzierte mich vor dem großen Spiegel. „Und ich weiß, dass du dir das selbst verboten hast. Aber ich bin froh, dass du deine Gefühle rausgelassen hast, hmm?" lächelnd wühlte sie in dem großen Schminkkoffer, den Nobara irgendwo aufgetrieben hatte. „Jetzt kannst du die Vergangenheit ruhen lassen und dich ganz auf die Zukunft konzentrieren." Mein Herz schwoll an bei der Vorstellung, Satoru gleich zu sehen. „Ich hoffe, du hast recht." Shoko grinste und leerte ihr Weinglas „Klar hab ich das. Und jetzt halt still."
Meine Freundin schaffte es doch tatsächlich, mein verheultes Gesicht in ein Ansehbares zu verwandeln und als die Uhr genau 12 schlug, wurde der nervöse Knoten in meinem Bauch immer größer, je weiter ich auf den Ausgang zulief. Wir hatten uns einen lauen Maitag ausgesucht und als die Türen geöffnet wurden, standen alle Leute klatschend auf. Ich sah meine Mutter, meine kleine Schwester. Auch Lia, Toshi und Kyan fand ich in der Menge, zusammen mit all meinen Freunden von der Akademie. Und ich meinte, Hana, Kaya und Yukiri lächelnd in der Menge stehen zu sehen. Doch als ich genauer hinsah, waren die drei wieder verschwunden. Mein Blick klebte an Satorus Rücken. Der schwarze Anzug betonte seine schlanke Figur und als er sich lächelnd zu mir umdrehte, ging mir das Herz auf. Sein weißes Haar schimmerte mit dem weißen Haar unseres Sohnes um die Wette, den er auf den Armen hatte. Kaya, wir hatten ihn nach unserem größten Helfer benannt, schlief selig in den Armen seines Vaters, als ich ihn Satoru abnahm und an mich drückte. Gähnend öffnete der kleine Junge seine Augen, die eins zu eins aussahen wie die von Satoru. Ein wogendes blaues Meer.
Satoru zog mich und Kaya sanft an sich heran, seine Finger strichen zart über das helle Haar unseres Sohnes, als er mich ansah. Seine Augen schillerten in allerlei Blautönen, sprühten quasi über vor Freude.
„Ich liebe dich, Kirama Gojo."
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Und so findet schließlich auch "Strings of Fate" sein wohlverdientes Ende :D
Ich bin ein Fan von Happy Ends haha, ich denke das merkt man xD
Noch einmal bedanke ich mich bei euch allen, ihr seid die Besten! :D Ich würde mich freuen, wenn wir uns bei "Plötzlich Fluch" oder auch "Ancient Love" wiedersehen!
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Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Die 23-jährige Kira wollte ihr Leben lang nichts, außer frei zu sein. Und auch, wenn ihr keine physischen Fesseln angelegt sind, wiegen die geistigen Fesseln wesentlich schwerer und drohen, sie mit sich in die Verdammnis zu ziehen. Doch als si...