Kapitel 22

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Eine Woche zog ins Land, die ich hauptsächlich in der Wohnung verbrachte. Satoru versorgte mich regelmäßig mit Infos aus der Akademie, Megumi schien nach wie vor nicht aufgewacht zu sein und auch, wenn Satoru mir jede Nacht sagte, dass es nicht meine Schuld war, schaffte ich es einfach nicht, diese Schuld abzuschütteln. Nicht nachdem, was mit Hana gewesen war. Jahrelang hatte ich die Erinnerungen an meine große Schwester verdrängt und seien wir ehrlich, gut geklappt hatte es ja. Aber das mit Megumi hatte die Wunde wieder aufgerissen. Müde und ausgelaugt tapste ich Freitagnachmittag in Richtung Küche. Dank der großzügigen Blutspende schaffte ich kaum eine Strecke, die länger war als vom Bett zum Kühlschrank und wieder zurück. Auch, wenn es jeden Tag besser wurde. Doch auf halbem Weg klingelte es plötzlich. Misstrauisch linste ich zum Aufzug. Wer sollte Satoru denn bitte besuchen wollen? Alle, die ihn kannten wussten, dass er tagsüber an der Akademie war. Ich entschloss mich, meine Kraft dafür zu nutzen, statt zum Kühlschrank zur Tür zu gehen und drückte den Knopf für die Sprechanlage.

„Ja?" bellte ich in das Mikrofon, dass kurz knackte, bevor sich der Sprecher hunderte Meter unter meinen Füßen meldete. „Wusste ich doch, dass du hier untergebracht bist." Zeros Stimme drang aus dem Lautsprecher. „Ich hab gehört, was passiert ist. Das tut mir sehr leid, Kira." Etwas raschelte. „Ich hab dir dein Lieblingsessen mitgebracht." Sofort hellte sich meine Stimmung auf. „Sag bloß, du hast Pizza dabei." Ich hörte meinen besten Freund lachen, als ich den Aufzug zu ihm nach unten schickte. Kurz hatte ich überlegt, einfach zu ihm herunterzufahren. Aber Satoru hatte gesagt, ich solle mich ganz wie daheim fühlen. Zudem hätte ich keine Schlüsselkarte und hätte es unten eh nicht lange ausgehalten ohne Sitzgelegenheit. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass die Behörden dann wahrscheinlich sowieso gleich ein Kopfgeld auf das blasse Monster ausgesetzt hätten, sobald ich auch nur einen Fuß vor die Türe gesetzt hätte. „Ich kenn dich doch. Bin gleich da." mit einem leisen Ping öffneten sich die Aufzugtüren und Zero trat aus dem Aufzug, voll bepackt mit Pizzakartons und Limo. Schnell hatte er alles am Wohnzimmertisch abgestellt und sah mich dann an. „Du schaust echt scheiße aus, Kira." Er grinste und half mir aufs Sofa.

Sofort schnappte ich mir einen der Pizzakartons und quiekte vergnügt, als ich ihn öffnete. „Das du mir das mitgebracht hast." Ich grinste Zero breit an und biss in das erste Stück. Zero schüttelte lachend den Kopf und angelte sich eine der Limos vom Tisch. „Was meinst du, wie die mich angeschaut haben als ich eine Pizza mit Kiwi bestellt habe?" er schüttelte den Kopf und öffnete die zischende Limodose. „Das du das isst, dass sollte verboten werden." Ich rollte mit den Augen. „Sagt der, der mehr Zucker als Tee jeden morgen in seiner Tasse hat." Schmatzte ich und holte mir das nächste Stück. „Das du noch keinen Diabetes hast ist echt ein Wunder." Zero lachte, seine braunen Augen blitzten vergnügt, als ich ihm den Rand meiner Stücke reichte. Das war schon immer unser System gewesen. Ich aß die Pizza, er den Rand meiner Pizza. „Wie geht es dir?" fragte er zwischen zwei Bissen, was mich mit den Schultern zucken ließ. „Den Umständen entsprechend. Ich schlaf viel, ess viel. Das Übliche eben." Zero stellte die Limodose am Tisch ab und sah mich prüfend an. „Das mein ich nicht." Er tippte sich an die breite Brust, über sein Herz.

Sofort brannten mir Tränen in den Augen, was Zero dazu veranlasste, ein Taschentuch zu zücken und es mir zu reichen. „Denkst du viel an Hana?" stellte er die Frage, vor der ich mich am meisten gefürchtet hatte. Stumm nickte ich und legte die Pizza beiseite. Sofort zog Zero mich in eine Umarmung, strich mir beruhigend über den Rücken. „Oh Kira. Das tut mir so leid." Ich schnäuzte mich in das Taschentuch und nickte wieder. „Ist alles irgendwie wieder hochgekommen bei der Sache mit Megumi." Sagte ich schwach und machte dann eine wegwerfende Handbewegung. „Aber alles halb so schlimm." Zero drückte mir ein weiteres Stück Pizza in die Hand und holte dann die Fernbedienung. Ich war ihm dankbar, dass er nicht weiterbohrte und vergaß tatsächlich für ein paar Stunden, wie traurig ich eigentlich war, als er und ich wieder die schlechtesten Horrorfilme ansahen, die wir finden konnten, bis ich schließlich am Sofa vor Erschöpfung einschlief.

Für einen Moment fühlte sich alles wieder an wir früher, als alles noch in Ordnung gewesen war.

Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen hatte, wurde allerdings vom Ping des Aufzuges und gleich darauf gedämpft sprechenden Stimmen geweckt. „Was tust du hier?" das war Satoru, er war zurückgekommen. Sein Tonfall ließ nicht zu, dass man erriet, was in ihm vorging. Ich spürte, wie sich Zero unter mir anspannte, nach wie vor saß er neben mir am Sofa und stützte mit seiner Schulter meinen Kopf, also schloss ich schnell wieder die Augen und tat so, als würde ich noch schlafen. „Kira hat Hilfe gebraucht und weil ich sowieso morgen an die Akademie kommen wollte und gehört habe, was passiert ist, wollte ich sie besuchen." Zeros Tonfall war ganz locker, entspannt. Ich hörte Schritte, Satoru schien nähergekommen zu sein. „Die Infos flattern ja schnell bis nach Kyoto. Schneller als gedacht." Ich hörte Zero leise lachen. „Wie an alles in der Welt kommt man auch schnell an Informationen, wenn man den richtigen Betrag an die richtige Person zahlt." Ich konnte nicht anders, als innerlich mit den Augen zu rollen. Damit spielte er bestimmt auf Mei Mei an. Ich kannte keinen Jujuzisten, der käuflicher war als sie.

Satoru schien den gleichen Gedanken zu haben. „Gut, dass stimmt." Sagte er schließlich, seine Stimme sank gefährlich nah an den Nullpunkt. „Und da bist du bereit, eine so hohe Summe für Informationen zu zahlen?" Fuhr er wie beiläufig fort, ich hörte etwas rascheln. „Kira ist zum ersten Mal allein weg von zuhause. Natürlich mach ich mir da Sorgen, wie es ihr geht. Ihre Eltern und kleine Schwester auch." Zero zog die Decke enger um meine Schultern. „Das mit dem Jungen hat sie sehr aufgewühlt. Vielleicht wäre sie in Kyoto besser aufgehoben." „Wegen Hana." Ich konnte das Lächeln in Zeros Stimme hören, als er wieder sprach. „Sie hat dir davon erzählt?" aus der Stille entnahm ich einfach mal, dass Satoru genickt hatte. „Dann muss sie dir ja wirklich vertrauen." Und ob ich das tat. Ich würde Satoru mein Leben anvertrauen. „Ich denke, du solltest jetzt gehen. Zurück nach Kyoto. Allein." Ich spürte, wie Zero sanft meinen Kopf von seiner Schulter nahm und auf die Sofalehne bettete, bevor er aufstand und wohl Richtung Aufzug ging. Langsam öffnete ich ein Auge, um die beiden zu sehen.

Satoru hing die Augenbinde locker um den Hals, seine blauen Augen schienen in der Dämmerung zu glühen, als er jeden Schritt von Zero in Richtung Aufzug beobachtete. Auf Satorus Höhe blieb Zero allerdings stehen und sah ihn an. Beide waren ungefähr gleichgroß, ich konnte das Testosteron in der Luft förmlich riechen. „Ich glaube, dass wir beide uns auf dem falschen Fuß erwischt haben, Gojo." Zero kratzte sich an seinem kurzen Bart. „Sie ist bei dir glücklich und wenn Kira glücklich ist, bin ich es auch. Ich finde, wir sollten nochmal von vorn anfangen und uns um ihretwillen zusammenreißen." Er deutete mit dem Daumen auf mich, bevor er Satoru seine Hand reichte. Ich sah Satoru den inneren Konflikt an, auch wenn sich keine einzige Regung in seinem schönen Gesicht zeigte. Doch schlussendlich nahm er Zeros Hand und schüttelte sie. „Um ihretwillen." Sagte er dann und wartete, bis Zero in den Aufstieg gestiegen war. Dort angekommen drehte er sich noch einmal um. „Mach morgen extra Käse auf die Reste der Pizza. Das mag sie gern." Die Türen schlossen sich, dass Letzte, was ich von meinem besten Freund sah, war sein Lächeln. „Nur für den Fall, dass sie dir das nicht erzählt hat."

Als die Türen geschlossen waren, drehte sich Satoru zu mir um, schnell schloss ich wieder die Augen. Ich hörte ihn näherkommen, kurz darauf lag ich in seinen Armen und öffnete schließlich die Augen. „Ach, ist der Herr wieder da, ja?" behutsam strich ich ihm durch das schneeweiße Haar, ein warmes Lächeln trat auf Satorus Lippen. „Hab mich extra beeilt." Er küsste meine Finger und öffnete die Türe ins Schlafzimmer. „Na was du nicht sagst." Ich schlang meine Arme um seinen Hals und küsste ihn, ein weicher, unschuldiger Kuss, der mein Herz schneller schlagen ließ. Hatte ich vorhin wirklich gesagt, dass ich ihm mein Leben anvertraute? Anscheinend hatte ich ihm nicht nur längst mein Leben anvertraut, sondern viel mehr.

Mein Herz.

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Eure Erin back mit Kapitel 22!

Lasst mir gern Feedback da, wie immer hoffe ich, dass ihr Spaß hattet und gespannt seid, wie es weitergeht! :D

Eure Erin xx

Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt