Ich hatte das Gefühl, es würde statt warmen Blut Eis durch meine Venen fließen. Woher wusste der Scheißkerl das? Ach ja, richtig. Von dem Toten hatte ich ihm bei unserem Gespräch erzählt. Aber seitdem hätte sich das mit den Toten ja wieder ändern können. Und woher wusste er das mit der Scheibe? Yuji kratzte sich verlegen im Nacken. „Yuji?" fragte ich alarmiert, doch der Junge zuckte bloß mit den Schultern. „Vielleicht hab ich gesehen, dass du heute Morgen die Scheibe eingeworfen hast. Ich hab dich erst gar nicht erkannt, mir ist das erst klar geworden als du mich umgerannt hast." Er seufzte. „Naja und was ich sehe ..." „Sehe auch ich." Fiel Sukuna Yuji ins Wort und grinste. „Das war ein amüsanter Anblick, keine Frage." Der Handrücken seufzte theatralisch. „So viel rohe Wut und Verzweiflung." Ich ging einen Schritt zurück, konnte kaum glauben, was ich da hörte. Ich hatte den Ganzen Firlefanz mit den Toten so lange für mich behalten wollen, bis ich wusste, was Sache war. „Du sprichst mit den Toten?" fragte Nobara ungläubig und zog die Augenbrauen hoch. Hilflos zuckte ich mit den Schultern und hob die Arme. „Ich weiß nicht mal, ob man das Sprechen nennen kann. Ist ja nicht so, als würden wir uns über das Wetter und Sportergebnisse austauschen."
Satoru am anderen Ende des Raumes grinste, als ich das sagte und kam zu mir herüber. „Alles in Ordnung?" fragte er. „Ja, alles gut. Mach dir keine Sorgen." Ich schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Was sagen die Toten denn so?" fragte Yuji jetzt. Ich wusste, dass er sehr an seinem Opa gehangen hatte, wusste auch, dass der tot war. „Sie reden nicht, und wenn dann nur wirres Zeugs." Ich schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster. „Aber meist verfolgen sie mich und jagen mir einen Heidenschreck ein." Mein Blick wanderte zu meinen Schuhspitzen, meine Gedanken schweiften zurück auf die Insel, als ich den Jungen das erste Mal gesehen hatte, das viele Blut und das pulsierennde Herz, das im hellen Mondlicht geschimmert hatte. Fast schon instinktiv griff ich nach Yujis Handgelenk und riss Sukuna an mich heran. „Woher weißt du das mit den Toten? Das ich sie immer noch sehe?" das Rot in seinem Auge begann, zu schimmern. Vor Schalk. „Woher wissen manche Leute, dass es bald regnen wird? Nennen wir es ein Kitzeln im kleinen Zeh." Wie auf Kommando hob Yuji den rechten Fuß und kratzte sich durch den Schuh am linken Fuß. Wütend piekte ich Sukuna ins Auge, das sofort verblasste und er jetzt wieder auf Yujis Wange saß. „Arrangier dich damit, Kira. Die Toten werden dir noch lange Gesellschaft leisten." Der Fluch gähnte, bevor er langsam wieder in Yuji verschwand. Sukunas Lachen erklang, man hätte meinen können, es würde von weit weg kommen, aus der Ferne. „Hoffnung ist in der Tat das Schlimmste, was einem passieren kann." Sukunas Blick ließ mich nicht los, selbst als er nicht mehr zu sehen war spürte ich, dass er mich ansah. Durch Yujis braune Augen, die mich besorgt musterten.
„Die Toten?" Zero war ebenfalls zu mir gekommen und drückte beruhigend meine Hand. „Das muss dir schreckliche Angst gemacht haben. Warum hast du nichts erzählt?" Sorge schwang in seinem Lied, reflektierte sich in seinen Augen. Ich lachte. „Primär, weil ich nicht als Spinnerin abgestempelt werden wollte und auch, weil ich doch selbst nicht weiß, was hier los ist." Ich warf einen Blick in die Runde der Anwesenden, die alle so ratlos dreinschauten, wie ich mich fühlte. „Und wenn ich euch alle so ansehe, habe ich nicht grade den Eindruck, dass einer von euch eine Lösung für mein Problem hat." Kollektives Schulterzucken war die Antwort. Nur Satoru nicht, ich sah, wie sich in seinem hübschen Kopf die Zahnrädchen drehten.
Plötzlich klopfte es an der Türe. Ich war jetzt nicht bereit, noch mehr ungebetene Gäste und Enthüllungen zu ertragen. Als die Tür aufschwang, standen Panda und Toge im Raum. „Wir sind jetzt einfach Mal davon ausgegangen, dass ihr mit eurem Kaffeeklatsch fertig seid." Meinte Panda, Toge nickte. „Megumi ist wach. Wir dachten, dass interessiert euch vielleicht." Satorus Kopf ruckte sofort Richtung Tür, eine berggroße Last schien ihm von den Schultern zu fallen, als er mit Shoko im Schlepptau zur Tür ging. Schnell folgte ich den Beiden, dicht begleitet von Nobara und Yuji. Auch Zero eilte aus dem Zimmer. „Ist das der Junge, der so schlimm verletzt war?" fragte er, als er mich eingeholt hatte und neben mir herlief. „Ja." Meine Stimme zitterte vor Erleichterung. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin." Er lächelte. „Hauptsache, der Junge ist wach."
Das kleine Zimmer war brechend voll, als ich mit Zero, Nobara und Yuji ankam. Shoko saß bei Megumi am Bett und hatte ihr Stethoskop an seiner Brust liegen. Wie angewurzelt blieb ich im Türrahmen stehen, als ich in der Ecke des Zimmers erneut die Toten stehen sah, die ihre Blicke von ihm lösten und jetzt zu mir sahen. Die Augen des Mädchens weiteten sich, als hinter mir Zero, Yuji und Nobara ins Zimmer kamen, ihr liefen Tränen über die Wangen, mischten sich mit dem Blut, dass aus ihrer Wunde am Hals kam und fielen lautlos zu Boden. Der tote junge Mann dagegen kniff die Augen zusammen und zog das Mädchen einen Schritt mich sich weiter weg. Als Yuji weiter ging, auf Megumi zu und das Licht, dass durch das Fenster in das Zimmer drang sein Gesicht erhellte, hatte ich kurz den Eindruck, seine Augen schimmerten in dem Licht Rot. Doch der rote Blick, der nicht mal eine Sekunde dauerte, galt nicht mir. Nein.
Er galt den Toten in der Ecke.
Ich riss meinen Blick von den Toten und Yuji los und ließ ihn über Megumi wandern. Er war nach wie vor sehr blass, seine Augen eingefallen, dunkle Augenringe zeichneten sein mageres Gesicht. Aber er lebte und das war das Wichtigste. „Mensch hast du uns einen Schreck eingejagt, Megumilein!" rief Yuji und setzte sich zu seinem Freund an das kleine Krankenbett. Nobara verschränkte die Arme vor der Brust. „Du siehst wirklich scheiße aus." Sagte sie zum dem Schwarzhaarigen, der bloß seufzte. „Danke." Jetzt schimmerten Tränen in Nobaras Augen, die sie eilig wegwischte und so tat, als hätte es sie nicht gegeben. „Aber ich bin froh, dass du noch lebst."
Megumis Blick wanderte durch den Raum, bis er an mir hängen blieb. „Toge sagte, du hättest mir Blut gespendet." Eilig nickte ich und bahnte mir meinen Weg durch die Anwesenden zu seinem Bett. „Ja, ja. Mehr konnte ich nicht tun. Es tut mir so leid, ich hätte besser aufpassen müssen, auf euch drei besser achten müssen." Ich spürte, wie Satoru von hinten an mich herantrat und mir eine Hand auf die Schulter legte. Seine Ruhe sprang auf mich über, als ich eine Hand hob und sie auf seine legte. Megumi schüttelte bloß den Kopf. „Schon okay." Er tippte auf den Verband an seiner Brust. „Ist ja nochmal alles gut gegangen." Sein Blick fand meinen. „Shoko hat mir eben erzählt, dass du die Toten sehen kannst. Und das schon länger." Er straffte die Schultern, ich konnte seinen Blick nicht mehr lesen. „Stimmt das?"
Ich nickte. „Ja. Warum fragst du?" Megumi seufzte. „Na das erklärt dann einiges." Er hob den Blick und sah in die Ecke, in der die Toten standen. Der junge Mann mit dem blutigen Loch in der Brust machte einen Schritt nach vorn. „Sie wollen mit dir reden, Kira." Megumi sah jetzt wieder mich an. „Aber das können sie in dieser Dimension irgendwie nicht so richtig." Megumi sah selbst recht verwirrt aus. Ungläubig sah ich den schwarzhaarigen Jungen vor mir an. Shoko klatschte aufgeregt in die Hände. „Das ist ja spannend. Kira war die Einzige, die die Toten sehen kann." Sie sah zwischen mir und Megumi hin und her. „Ich wette, dass ist wegen der Blutspende." Sie nahm Megumis Handgelenk und tippte auf seine Venen. „Du hast ja so gesehen einen Teil von Kira in dir. Und bis dein Körper ihr Blut wieder durch eigenes ersetzt hat, wirst du die Toten sehen können." Sie blickte in die Ecke, in die auch Megumi und ich starrten. „Stimmt das?" fragte sie. Das blonde Mädchen nickte und wischte sich die Tränen von den Wangen.
„Ja." Sagten Megumi und ich gleichzeitig. Satorus Hand drückte sanft auf meiner Schulter zu und als ich zu ihm hochsah, wusste ich, dass er eine Idee hatte. „Spucks aus." Ich schenkte ihm ein Lächeln, dass er grinsend erwiderte. „Ich weiß, wie wir das Dimensionsproblem lösen." Der junge Mann in der Ecke sah Satoru ungläubig an. „Wenn jemand die Seele vom Körper lösen kann, kenn ich da nur eine Person." „Und wer ist das?" fragte Zero ehrlich interessiert.
„Meister Tengen."
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Ich hoffe, dass ihr alle gut ins neue Jahr rübergerutscht seit!
Lasst mir gern Feedback da, sei es Lob oder Kritik, ich freue mich über alles :D
Eure Erin xx
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Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Die 23-jährige Kira wollte ihr Leben lang nichts, außer frei zu sein. Und auch, wenn ihr keine physischen Fesseln angelegt sind, wiegen die geistigen Fesseln wesentlich schwerer und drohen, sie mit sich in die Verdammnis zu ziehen. Doch als si...