Ich war schon auf halbem Weg nach draußen, als mir die Welpen entgegenkamen. „Wir haben einen Schrei gehört! Warst du das?" begrüßte Yuji mich gleich und sah mich besorgt an. Ich nickte bloß und hob dann abwehrend eine Hand. „Schon gut. Ich hab mich bloß erschrocken." Winkte ich ab und lief weiter Richtung Auto. Ich wollte hier weg. Das waren mir in letzter Zeit zu viele Tote, die mit mir sprachen. Vielleicht hatte Shoko recht und ich wurde wirklich langsam verrückt. „Wovor hast du dich erschreckt?" fragte Nobara und eilte mir nach. „Ich hab ein Mathebuch gesehen. Da passiert das schon mal." Erwiderte ich trocken und drehte mich zu ihr um. „Ihr habt den Schrein oder wo immer der verfluchte Finger drin war, überprüft?" auf meine Frage hin nickten die drei, Megumi zeigte mir ein Foto, dass den leeren Schrein zeigte. „Gut. Heb das Foto auf. Das können wir den Hohen zukommen lassen." Meinte ich, als wir am Auto ankamen. Mittlerweile hatte es wieder angefangen, zu schneien. „Lasst uns zurückfahren. Vielleicht schaffen wir das Krankenhaus noch am Rückweg." Schlug Nobara vor, ohne auf meine spitze Antwort einzugehen, was die Jungs nicken ließ. „Einen Moment noch bitte."
Ich drehte mich der Schule zu und ließ meinen Blick über die Flüche schweifen, die am Mauerwerk oder gar schon an manchen der Schüler hingen, die sich langsam auf den Weg zurück in den Unterricht machten. „Das kann ich so nicht lassen." Murmelte ich und rief meinen Faden, den ich kurzerhand aufteilte und durch und um die Schule schickte. Nachdem hier nur Flüche der niederen Stufen ihr Unwesen trieben, brauchte ich keine Fluchkraft, um an ihre Fäden zu kommen, ergo sahen die Flüche meine Fäden auch nicht und wussten so nicht, dass der Tod sie berührte. Binnen einer Sekunde hatte mir mein Faden all die Fäden der Flüche gebracht, die unter einem einzigen Hieb meines Dolches zerbarsten und die Flüche verschwanden. „Was ist passiert?" Yuji sah sich ungläubig um, während ich den Dolch wieder wegpackte und ins Auto stieg. Mir war klar, dass es ohne Sukunas Finger nicht lange dauern würde, bis neue Flüche hier waren, aber das konnte ich leider nicht verhindern. „Ich hab sie ausgetrieben. Lasst uns fahren." Yuji rutschte diesmal neben mich auf den Beifahrersitz und sah mich mit großen Augen an. „Wie hast du das gemacht? Mit dieser leuchtenden Schnur?" ich nickte und machte den Faden sichtbar.
„Abgefahren. Du hast dich nicht mal bewegen müssen, um all die Flüche auszutreiben." Er schnallte sich an, Nobara streckte ihren Kopf von hinten durch die Sitze hindurch. „Dir würde Sonderrang definitiv besser stehen." Ich lächelte sie durch den Spiegel an. „Nett, dass du so denkst. Aber sobald es höhere Stufen werden, geht das leider nicht mehr so sauber und einfach wie jetzt eben." Ich legte den Rückwärtsgang ein und einige Minuten später waren wir auf der Landstraße Richtung Osaka unterwegs. Der Schreck mit der toten Frau saß mir nach wie vor in den Knochen und hatte auch gar nicht die Gelegenheit, abzuflauen. Immer wieder sah ich sie am Straßenrand stehen, zwischen den kahlen und verschneiten Bäumen, ungefähr alle 200m. Diesmal war sie in Begleitung von dem jungen Mann mit dem Loch in der Brust, den ich auf der Insel gesehen hatte. Doch sie wirkten jetzt nicht mehr ... friedlich war womöglich das falsche Wort. Aber bisher hatten sie mir noch nichts getan, außer mir einen Heidenschreck einzujagen. Aber jetzt. Jetzt wirken sie anders.
Sie wirkten zornig.
Ich trat weiter auf das Gaspedal, sah den beiden Geistern im Rückspiegel dabei zu, wie sie verblassten. Sofort zuckten meine Augen wieder nach vorn, doch diesmal tauchten sie nicht mehr auf. Dafür das Schild, dass Osaka ankündigte. „Wir sind fast da." Yuji deutete auf das Schild, dass uns sagte, dass das Krankenhaus nur noch neun Kilometer entfernt war. „Weißt du, was das für ein Auftrag aus Kyoto ist?" fragte Megumi jetzt. Ich schmunzelte. „Das mit den Waschweibern scheint wirklich zu stimmen, was?" Nobara kicherte, ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich weiß es nicht. Das weiß keiner." „Nicht mal Satoru?" fragte Yuji ungläubig. „Auch der nicht. Wir müssen alle warten, bis man uns einweiht. Yaga wollte zwar noch einmal mit Gakuganji sprechen, aber ich bezweifle, dass das was bringen wird." Das monotone Klicken des Blinkers erfüllte den kleinen Raum. Mir entging Yujis angespanntes Gesicht nicht, mit dem er jetzt aus dem Fenster sah, also schaltete ich die Seelenlieder ein, um herauszufinden, was los war. Plötzlich drang ein hässliches Geräusch an mein Ohr, eine Mischung aus Trauer und Schadenfreude. Zwei Seelenlieder, so eng miteinander verwoben und doch so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Yuji und Sukuna. Schnell schaltete ich die Lieder wieder ab.
„Was geht dir durch den Kopf, Kumpel?" fragte ich Yuji, der leise seufzte. „Ich glaube, dass der Auftrag mich betrifft." „Und warum glaubst du das? Wegen Sukuna?" fragte ich sanft, was den Jungen nicken ließ. Ich griff zu ihm rüber und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Solange ich da bin, wird dir keiner was zuleide tun, Yuji. Das versprech ich dir." Meine Worte ließen ihn Lächeln. „Das hat Satoru auch gesagt." Mir wurde ganz warm ums Herz, als ich das hörte. Natürlich hatte Satoru das gesagt. „Kira, du wirst rot." Ließ Nobara mich von hinten wissen und grinste mich durch den Rückspiegel an. „Ach halt die Klappe." Grinste ich zurück und drehte die Heizung auf.
Der Aufenthalt am Krankenhaus war so kurz wie erfolglos. Der Finger war weg und wir damit auch wieder und nachdem es noch nicht dunkel war, beschlossen wir, den Friedhof gleich auch noch mitzunehmen. Der lag immerhin mitten in Tokyo und damit quasi am Nachhauseweg. Doch schon als ich ausstieg und meinen Blick über all die Gräber schweifen ließ, war mir klar, dass der Finger noch da war, darum war der Friedhof auch fluchleer. Auch Sukuna schien das zu spüren, Yuji kam mir plötzlich sehr unruhig vor, es schien, als würde er mit Sukuna streiten. „Nun, der Finger ist noch hier." Sprach Megumi das Offensichtliche aus und deutete auf das kleine Mausoleum in der Mitte des Friedhofs, dass ich von dem dämmernden Abendhimmel abzeichnete. „Da unten ist er." Ich wurde hellhörig. „Unten? Unten wie Keller?" der Schwarzhaarige nickte. Ein Friedhof mit Keller, dass war ja so gar nicht gruselig. Nobara ging schließlich vornweg, direkt auf das Mausoleum zu. „Wir sollten nachsehen. Du meintest, Nanami sagte, dass von Einbrüchen geredet wurde." Sie drehte sich zu uns um. „Womöglich ist es den Dieben beim ersten Mal nicht gelungen, den Finger mitzunehmen. Also lasst uns nachsehen, ob das Siegel noch intakt ist." Sie zückte ihren Hammer und lief damit in der Hand weiter. „Wenn es kaputt sein sollte oder bloß beschädigt, muss ein Neues her."
Unsere Schritte echoten von den kalten Steinwänden zurück, als wir die lange Treppe hinter dem steinernen Sarkophag herunterstiegen. Es wurde rapide kälter, selbst hier unten wurde unser Atem zu kleinen Rauchwolken. Fehlten nur noch Fackeln, dann wäre der Vibe perfekt. Ich ging mit meiner Handytaschenlampe voran, niemand traute sich, hier unten etwas zu sagen. Nicht, dass es wahr wäre, aber man hatte durchaus das Gefühl, mit nur einem Wort die Toten wecken zu können und damit auch ihren Zorn. Und grade nach heute war ich mit solchen Begegnungen ausreichend versorgt worden, also hielt ich zur Abwechslung mal meinen Mund. Nach einigen hundert Metern kamen wir schließlich vor einer großen Holztüre zum Stehen. Gerade wollte ich sie öffnen und stellte fest, dass sie schon offen war, kurz darauf hörten wir Schritte und gedämpfte Stimmen. Sofort signalisierte ich meinen Schützlingen, leise zu sein. Nobara hob ihren Hammer, Yuji seine Fäuste. Ich schob meinen Faden durch die Türe, um zu sehen, was da drinnen los war.
Vorsichtig schob ich meinen Faden näher an die beiden vermumten Gestalten heran. Er war zwar unsichtbar, aber so wie Satoru konnte ja durchaus einer von ihnen in der Lage zu sein, ihn dennoch zu sehen. Doch das schien nicht der Fall zu sein. "Beeil dich, hier unten ist es ja noch kälter als außen." Meinte einer Männerstimme und sah der anderen Person über die Schulter. „Beim letzten Mal hat es nicht geklappt, weil wir zu schnell waren." Antwortete eine Frauenstimme, ehe ich ein Schloss klicken hörte. Megumi wollte schon voranstürmen, doch ich hielt ihn zurück. „Noch nicht." Formte ich stumm mit den Lippen, er nickte, wenn auch widerwillig. „Ja!" jubelte die Frauenstimme und holte ein kleines Päckchen aus dem Holzschrein, dass ihr Komplize triumphierend hochhielt.
„Der Anfang vom Ende."
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Eure Erin hier mit dem neuen Kapitel! :D
Wie immer hoffe ich, dass ihr Spaß hattet und es spannend findet!
Lasst mir gern einen Kommentar da, ich würde mich freuen über eure Spekulationen!
Eure Erin xx
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Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Die 23-jährige Kira wollte ihr Leben lang nichts, außer frei zu sein. Und auch, wenn ihr keine physischen Fesseln angelegt sind, wiegen die geistigen Fesseln wesentlich schwerer und drohen, sie mit sich in die Verdammnis zu ziehen. Doch als si...