Kapitel 20

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Als ich das hörte, lief es mir kalt den Rücken herunter. Der Anfang vom Ende? Das klang so gar nicht nach Friede, Freude, Eierkuchen. Ich verdünnte den Faden und versuchte, damit das Päckchen mit Sukunas Finger aus der Tasche des Mannes zu holen, den er mittlerweile dort verstaut hatte. Doch ich hatte kein Glück, die beiden verhüllten Gestalten wanden sich jetzt der Türe zu, um zu gehen. Schnell wichen wir einige Schritte zurück, ich spannte den Faden über den Boden und hörte die beiden Diebe fluchend darüber stolpern, als sie die Türe öffnen wollten. Megumis Höllenhunde wuchsen aus dem kalten Boden des Tunnels, bereit, sich auf die beiden Diebe zu stürzen. Doch kaum, dass ich die Türe ganz geöffnet hatte, schien die Zeit sich abrupt zu verlangsamen. Weder ich noch die anderen drei konnten sich bewegen, es war, als würde alles in Zeitlupe ablaufen. Die beiden Diebe dagegen schienen sich normal bewegen zu können und rasten an uns vorbei, die Frau aber sah im Vorbeilaufen mich an, ihr Gesicht war bis auf die dunkelbraunen Augen verhüllt, die mich prüfend musterten, bevor sie mit ihrem Kamerad das Weite suchte.

Ein verdammt starke Fluchtechnik!

Nach 7 Sekunden, ich hatte mitgezählt, normalisierte die Zeit sich wieder und wir alle plumpsen unbeholfen zu Boden. „Sie haben den Finger!" brüllte Yuji wütend und rannte schon den Gang entlang, den Dieben hinterher. „Komm zurück, Yuji! Das bringt nichts!" rief ich ihm nach, doch da war er schon um die Ecke verschwunden. Die Diebe waren bereits weg, ich konnte ihre Seelenlieder nicht mehr hören. Also stand ich auf, half Nobara auf die Füße und klopfte mir dann den Staub aus der Kleidung. „Verdammt." Nobara schlug mit ihrer Faust gegen die Steinwand, nur um danach mit dem Fuß dagegenzutreten. Ich legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Mach dich nicht fertig deswegen. Wir konnten doch nicht mit so einer Fluchtechnik rechnen." Sie nickte bloß und lief dann los. „Verziehen wir uns."

Ich wollte ihr gerade folgen, da drang plötzlich der Geruch von Blut an meine Nase. „Ki ... ra." Ich drehte mich um, Megumi kniete nach wie vor am Boden und hielt sich die Hände vor die Brust. Blut tropfte auf den Boden, als er seine Hände zitternd zur Seite nahm und ich sah, dass ein Dolch bis zum Heft in seiner Brust steckte. Ich konnte sogar hier unten erkennen, dass seine Haut mit jeder Minute, die verstrich, blasser wurde. Nobara war drauf und dran, den Dolch aus dem Jungen herauszuziehen, ich schaffte es gerade noch, sie von ihm wegzuziehen. „Bringt man euch denn gar nichts bei über Stichwunden?" raunzte ich, machte meinen Faden sichtbar und wickelte damit Megumi als auch das Messer in seiner Brust fest ein. „Niemals rausziehen." Sagte ich zu Nobara, als wir Megumi zusammen auf die Füße zogen und zurück durch den Tunnel stolperten. Ich konnte spüren, wie Megumis Blut warm über meinen Faden und auf meine Hand lief, sein Lied zitterte. Der Dolch schien das Herz zum Glück verfehlt zu haben, sonst würden wir jetzt eine Leiche zurücktragen. Allerdings musste er die Lunge punktiert haben, Megumi begann, Blut zu husten.

Auf halbem Weg kam uns Yuji entgegen, der sich sofort an Nobaras Stelle klemmte und den jetzt bewusstlosen Megumi mit mir auf den Beifahrersitz wuchtete, auf dem ich ihn noch enger in den Faden wickelte und das Gaspedal durchdrückte. An der Stelle war ich froh, keinen Führerschein zu haben, so gab es nichts, was man mir nach der rasanten Fahrt voller roter Ampeln und fast mitgerissenen Fußgängern hätte abnehmen können. Mit einer Vollbremsung und quietschenden Reifen hielten wir auf dem Akademiegelände. Aus einem der Gebäude sah ich Satoru und Nanami kommen, Satoru begann zu lächeln, als er mich im Auto sitzen sah. Doch als ich hektisch ausstieg und er das Blut auf mir sah, war das Lächeln mit einem Mal verschwunden und er eilte zu uns herüber, dicht gefolgt von Nanami. „Was ist passiert?" Nanami zog Megumi aus dem Auto und trug ihn zusammen mit Satoru in Richtung Shoko. „Ihr bleibt hier!" sagte ich zu Yuji und Nobara, ehe ich den beiden Männern hinterhereilte in Shokos Labor.

Eine Stunde und ein erklärendes Gespräch über die Situation am Friedhof später saßen wir zu Dritt vor der Türe, gebannt lauschte ich Megumis Seelenlied, dass immer wieder abflaute und wieder anstieg. Ich hatte keine Ahnung von Umkehrtechniken, von daher konnte ich nicht sagen, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Ich fühlte mich schlecht, kratzte schon fast manisch an Megumis getrocknetem Blut an meiner Haut herum und sackte schließlich weinend auf die Knie. Sofort war Satoru an meiner Seite, der mich ungeachtet des Blutes an seine Brust zog. „Das ist alles meine Schuld! Ich ... ich hab nicht richtig geschaut!" meine Stimme überschlug sich, vor lauter Weinen verstand ich mich fast selbst nicht mehr. „Ich hätte den Dolch doch sehen müssen!" heiß liefen mir die Tränen über das Gesicht, auf Satorus Jacke, der mir sanft durch das Haar strich. „Und jetzt muss Megumi wegen mir sterben!" ich spürte, wie sich Satoru unter mir versteifte, als er das hörte. Ich wusste, dass er Megumi sehr liebte, darum fühlte ich mich mit jeder Sekunde schlechter, ekelte mich vor mir selbst. Man hätte mich nie mit den Welpen allein losziehen lassen sollen.

„Megumi wird nicht sterben." Sagte er dann. „Ich vertraue auf Shoko." „Das tun wir alle." Ich hob den Blick und sah Nanami, der nach wie vor auf dem Stuhl saß und in einer Zeitung blätterte, sein sonst so ernster Gesichtsausdruck wurde von Kummer überschattet. „Megumi wird es bald wieder gut gehen." Satoru drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Das ist nicht deine Schuld, Kira. Du hast getan, was du konntest." Er hob meinen Kopf an, sodass ich ihn ansehen musste. „Hörst du mich? Das ist nicht deine Schuld." Mit einem lauten Quietschen öffnete sich die Türe und Shoko trat heraus. „Die Wunde ist zu." Sie zog sich die blutigen Handschuhe von den Händen und warf sie in den Mülleimer neben der Türe, durch die ich versuchte, einen Blick auf Megumi zu erhaschen. „Aber das heißt noch nichts. Welche Blutgruppe hat der Junge?" fragte sie jetzt Satoru, der kurz nachdachte. „B positiv." Sofort stand ich auf und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich würde meinen Fehler wieder gutmachen. „Wie ich." Schluchzte ich und streckte Shoko meinen blutverschmierten Arm entgegen. „Ich mach das." Sie nickte und führte mich in das Zimmer. Satoru wollte mir folgen, doch Shoko ließ ihn nicht rein. „Du wartest draußen weiter." Meinte sie und schlug ihm die Türe vor der Nase zu, bevor er überhaupt hätte reagieren können.

Erst wollte ich protestieren, es stand ihm zu, Megumi zu sehen. Doch als ich das kleine, blasse und zitternde Häufchen Elend in dem Bett liegen und Shokos vielsagenden Blick sah war mir auch klar, warum Satoru nicht mit reindurfte. Megumi so zu sehen würde ihn total aus der Bahn werfen. Ich zog mir einen Stuhl an das Bett und setzte mich neben Megumi. Shoko desinfizierte einen meiner Arme, mit der anderen Hand nahm ich Megumis und drückte sanft zu. „Es tut mir so leid, Megumi. Ich hätte besser schauen müssen. Das ist alles meine Schuld ..." erneut liefen mir Tränen über die Wangen, den Einstich der Nadel spürte ich in all dem Kummer und den Schuldgefühlen gar nicht. Auch Shokos Hinweis, dass sie mehr als das ungefährliche Mindestmaß bräuchte, nickte ich kommentarlos ab. Von mir aus hätte sie in dem Moment auch alles nehmen können.

Es wäre mir egal gewesen.

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Eure Erin wieder hier :)

Ich hoffe, dass es euch gefallen hat!

xx

Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt