Kapitel 39

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Vor der Polizeiwache stand Zeros Wagen im Halteverbot. „Du weißt schon, dass wir hier vor einer Polizeistation stehen?" versuchte ich mich in einem Witz, spürte aber sofort wieder, wie meine Dämme brachen und mir die Tränen über die Wangen rollten. Zero schmunzelte etwas über meine Bemerkung, öffnete mir die Beifahrertüre und ich stieg ein. Kaum das der Motor an war schaltete Zero die Heizung ein und reichte mir eine Packung Taschentücher, die er aus der Zwischenablage pfriemelte. Als wir auf der Hauptstraße waren, griff er zu mir herüber und nahm meine Hand in seine. „Es tut mir so leid, dass mit Gojo, Kira." Bedauern stand in seinen braunen Augen. „Ich wollte euch noch warnen, aber es war schon zu spät." Ich schniefte und zog ein Taschentuch nach dem anderen aus der Packung. „Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll." Sagte ich schließlich und biss die Zähne zusammen, als ein Weinkrampf meinen Körper erzittern ließ.

Zero ließ mich weinen, unterbrach nicht einmal die Stille im Auto, war einfach für mich da und hielt meine Hand, bis das Auto schließlich anhielt. Ein Blick aus dem Fenster und ich sah, dass wir vor Satorus Apartmentkomplex standen. „Ich möchte, dass du deine Sachen holst, Kira. Wir fahren nach Hause." Durch meine verquollenen Augen betrachtete ich das Hochhaus. Und stellte fest, das Zero recht hatte. Nichts hielt mich mehr in Tokyo. Warum auch sollte ich bleiben? Die Akademie war zerstört, meine Freunde alle verletzt in Kyoto. Yuji war in Sukuna gefangen und kämpfte mit allem, was er hatte um sein Leben. Doch ich konnte ihm nicht helfen. Wo hätte ich mit der Suche anfangen sollen? So sehr hatte ich es mir gewünscht, den Jungen zu retten und hatte dabei total übersehen, dass mir dazu die Mittel fehlten. Und Satoru. Satoru war auch nicht mehr hier. Die Winterkälte ließ die Tränen auf meinen Wangen gefrieren, als ich ausstieg und wackelig auf das Gebäude zuging. Satoru hatte mir zuletzt eine Schlüsselkarte ausgehändigt. Es war klar gewesen, dass ich bei ihm bleiben würde, ohne dass wir je darüber geredet hatten.

Ich konnte nicht in Tokyo bleiben. Alles, was ich davon hätte, wären schmerzhafte Erinnerungen. Ich könnte nie mehr durch den Park laufen, ohne an das Schlittschuhlaufen mit Satoru zu denken. Und jedes Mal, wenn ich das nächtliche Tokyo sehen würde, würde ich an die Stadtführung mit ihm erinnert werden, die unter einem brennenden Himmel voller fallender Sterne geendet war. Die Wohnung war beängstigend still. Aber ich hatte es so gewollt. Ich wollte allein gehen. Zero wartete unten auf mich. Mein Weg führte mich ohne Umschweife in das Schlafzimmer, in dem ich langsam meine Sachen zusammensuchte und mich dann am Bett niederließ. Lange saß ich einfach bloß da, starrte die Wand an und ließ die Umgebung auf mich wirken. Mein Herz wurde schwer, so unglaublich schwer, als ich aufstand und das Bett ein letztes Mal zurecht machte. Aus der zusammengeknüllten Decke fiel Satorus Shirt auf den Boden, dass er immer zum Schlafen getragen hatte. Ungläubig starrte ich es einige Momente lang an und hob es schließlich auf. Weich schmiegte sich der helle Stoff in meine Hände und als ich es an mein Gesicht drückte, inhalierte ich seinen Duft. Der Stoff sog meine Tränen auf, stumm weinte ich in das Shirt, während die Wintersonne durch das Fenster fiel und warme Muster auf meine Haut malte. Kurzerhand zog ich meine Jacke aus, schlüpfte in Satorus Shirt und verließ die Wohnung.

Die Autofahrt nach Hause war lang, doch Zero und ich wechselten kaum ein Wort auf der stundenlangen Fahrt. Alles, was ich tat, was aus dem Fenster zu schauen. Der glitzernde Schnee, die weißen Wolken, all das erinnerte mich schmerzhaft an Satoru. Doch zum Weinen hatte ich keine Kraft mehr, also starrte ich bloß ins Nichts und gab mich dem Gefühl der Leere in mir hin. „Du hast dich auf der Wache als mein Verlobter ausgegeben." Meine Stimme klang rau, so gar nicht nach mir. Zero nickte, das stete Brummen des Motors füllte den Wagen. „Ich dachte das das die Dinge etwas leichter machen würde. Entschuldige bitte." Ich winkte ab und legte die Stirn an die kühle Scheibe. „Alles in Ordnung." Als wir bei mir zuhause ankamen, hielt Zero den Wagen an und lud meinen Rucksack aus. Ich ließ meinen Blick über die weiten Felder schweifen, bis er schließlich an der Mühle hängenblieb. Für einen Moment meinte ich, Hana dort stehen zu sehen. Doch als ich blinzelte, war sie wieder verschwunden und mit ihr der kurze Hoffnungsschimmer in meiner Brust.

Meine Familie empfing mich freudig, meine Mutter und meine kleine Schwester brachen in Tränen aus, als sie mich sahen und in die Arme schlossen. „Oh Kira! Kind, was hast du getan? Was ist passiert?" meine Mutter nahm mein Gesicht in ihre Hände, ich hörte den Schmerz in ihrem Seelenlied. Mein Vater verschwand mit Zero auf den Flur, allerdings nicht, ohne mir vorher einen Kuss auf den Scheitel gedrückt zu haben. So viel Zuneigung hatte er schon lange nicht mehr gezeigt. Ich schüttelte bloß den Kopf, aber meine Tränen verrieten mich. Meine Mutter war schon immer gut darin gewesen, Situationen blitzschnell zu erfassen. Und meine Tränen, das übergroße Shirt und mein verquollenes Gesicht reichten ihr aus. Eng zog sie mich an sich und ich begann, wie ein Schlosshund an ihrer Schulter zu weinen. Meine kleine Schwester, der ich eigentlich immer peinlich gewesen war, schmiegte sich jetzt ebenfalls an mich. „Das wird leichter werden, mein Herz." Flüsterte meine Mutter und strich mir sanft die Haare hinter die Ohren. „Der Herzschmerz. Er wird dumpfer werden, aber dich nie verlassen. Er wird ein Teil von dir sein." Sie schenkte mir ein weiches Lächeln.

„Das ist der Preis, den wir für die Liebe zahlen."

Sie setzte sich mit mir auf das Sofa, ohne mich loszulassen und wickelte mich in eine dicke Wolldecke. „Versprich mir, dass du dich davon nicht brechen lässt, Kira." Sie nahm meine Hände und drückte sie sanft. „Versprich mir, dass du meine starke Kämpferin bleibst. Die du schon immer warst." Tränen schimmerten in ihren Augen und auch meine Schwester schniefte. Ich schüttelte den Kopf. „Was, wenn ich das nicht kann?" meine Stimme stolperte, ich verstand mich selbst kaum. Hiya, so wollte sie konsequent genannt werden, weil sie ihren eigentlichen Namen doof fand, strich sich das dunkle Haar aus der Stirn und sah mich an. „Du bist taff, Kira. Ich kenn niemanden der so überzeugt so viel Scheiße bauen kann." Meine Schwester grinste und blinzelte ihre Tränen weg. „Du kannst das, das weiß ich. Und wenn nicht, dann mach ich es für dich." Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. „Und jetzt erzähl mir von ihm. Ich will alles wissen." Meine Mutter stand lächelnd auf und ging in die Küche.

Kurz darauf hörte ich den Teekessel pfeifen. Ich war wieder daheim.

Wieder am Anfang.

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Und da ist das versprochene Kapitel!

Ich werde euch heute etwas überschütten mit Kapiteln, da ich die letzte Woche nicht schreiben konnte hab ich heute umso mehr Lust! :D

Wie es scheint hat Wattpad (mal wieder xD) Probleme mit den Benachrichtigungen, also schaut gern ab und zu rein, ob es schon was Neues gibt!

An der Stelle möchte ich auch gern meine zweite Sukuna FanFiction anteasern! Die erste ("Plötzlich Fluch") sowie den Prolog meiner zweiten FanFiction zu unserem Fluchkönig findet ihr auf meinem Profil! :)

Eure Erin xx

Strings of Fate (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt