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Tommy

Ich beobachtete fasziniert, wie Katherine ohne jegliche Furcht die Stute beruhigte und Erfolg damit hatte. Ich war zuvor am überlegen gewesen, das Pferd zu erschießen, denn niemand würde sich nach mir darum scheren. Es wäre ein Gnadentod. Aber nun musste ich das nicht mehr tun, so wie es schien. Mir fiel bei diesem Gedanken ein Stein vom Herzen. Nach einer Weile begab sich Katherine zurück in eine aufrechte Position und sah mich an. „Es kann losgehen, denke ich." Sie gab dem Pferd ein Zeichen, dass es loslaufen konnte. Es gehorchte ihr. Fasziniert ritt ich hinterher. Ein Stück weit von Charlies Schrottplatz entfernt, auf einem Feldweg galoppierte Katherine plötzlich los. Sie lachte vor Freude. Ich sah zu, dass ich den beiden hinterherkam. Was gar nicht so einfach war, denn Katherines Secret war ein unglaublich schnelles Pferd. Ich konnte Katherine jedoch unmöglich im Rennen einsetzen. Das würde zu viel Aufmerksamkeit erregen und sie wollte das sicher auch nicht. Irgendwann blieb sie stehen und wartete auf mich.

Tommy und Monaghan Boy hatten uns endlich erreicht. „Das hat sich großartig angefühlt, Tommy. Sie ist ein wundervolles Pferd. Du solltest erwägen, sie einmal bei einem Rennen einzusetzen. Sie wird ein Star werden." „Das wird schwierig, wenn nur du sie reiten kannst." „Du hast recht... Vielleicht sollte sie ihr Leben auch einfach in Ruhe genießen dürfen, frei von Angst. Denn die hat sie. Wer weiß, was sie vorher erdulden musste." „Dann gehört sie jetzt dir, Katherine. Ihr seid wie gemacht füreinander." „Tommy... das kann ich doch nicht annehmen." „Doch, das kannst du. Du hast es dir verdient." Ich lächelte und streckte meine Hand nach ihm aus. Er kam mit Monaghan Boy näher heran und nahm meine Hand. „Danke. Für alles, Tommy." „Ich danke dir. Du bist der Grund, warum ich das Leben wieder als lebenswert erachte..." „Das ist witzig, denn ich bin seit mehr als vierhundert Jahren tot... Ich verstehe aber, was du meinst." Er lachte. „Das ist makaber, in der Tat." Wir ritten noch ungefähr eine Stunde durch den Wald. „Hast du Hunger, Tommy? Wollen wir frühstücken gehen? Polly und die anderen vermissen uns wahrscheinlich schon." Er sah auf seine Taschenuhr. „Du hast recht. Lass uns umkehren." Diesmal ritt er voraus. Nach beinahe einer Stunde waren wir zurück bei Charlies Schrottplatz. Curly war so freundlich und nahm uns die Pferde ab und kümmerte sich um sie. „Sie scheint auch kein Problem mit Curly zu haben.", stellte ich fest. „Ich vermute, sie erkennt, ob Menschen gut oder schlecht sind. Curly hat noch nie etwas schlechtes getan." „Ich aber schon." Er sah mich an. „Das glaube ich dir nicht. Du hast es sicher nur getan, um zu überleben, zu entkommen." Ich senkte den Kopf und dachte an den Moment als ich meine Familie tot vorfand. Mir schossen die Tränen in die Augen. Der Schmerz saß selbst nach mehr als vierhundert Jahren tief. Tommy trat vor mich, legte seine Finger unter mein Kinn und hob meinen Kopf sanft an.

Tommy

Ich stellte erschrocken fest dass sie weinte. Ich wischte ihr die Tränen mit dem Daumen weg und nahm sie in den Arm. Meinen Kopf ließ ich auf ihren sinken. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht an den Schmerz erinnern." So standen wir einige Minuten da, bis John um die Ecke kam. Er kam zu uns und sah, dass Katherine weinte. „Was ist los, Tommy?" „Nichts..." „Es sieht aber absolut nicht so aus." „Was ist? Warum bist du hier?" „Wir halten in einer Stunde einen Familienrat. Sei pünktlich." Ich nickte. John streichelte kurz sanft Katherines Schulter und ging. Einige Minuten später hatte sie sich beruhigt und sah mich an. „Danke... Tommy." Ich tupfte mit meinem Einstecktuch ihre Wangen trocken und wir machten uns auf den Weg nach Hause, Hand in Hand.

Me and the devilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt