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Tommy

Ich wachte auf und stellte fest, dass ich allein im Bett war. Wo war Katherine? Ich hörte Finn lachend die Treppe hochrennen. „Du kriegst mich nicht!" Der kleine lachte schelmisch. „Na warte!", erklang Katherines Stimme mindestens genauso schelmisch. Gleich darauf ging die Tür auf und Finn rannte zum Bett, sprang hinein und versteckte sich hinter mir. Katherine kam im nächsten Moment ebenfalls herein und fragte verwundert: „Wo ist er denn hin? Hast du ihn gesehen Tommy?" Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Hinter mir kicherte Finn leise. Katherine kam langsam auf das Bett zu, blickte über mich und entdeckte Finn. „Hab ich dich!" Sie kitzelte ihn am Fuß und er lachte. „Das ist gemein! Hör auf!" „Niemals!" Die beiden lieferten sich eine regelrechte Kitzelschlacht und ich lag nun ebenfalls lachend mittendrin und machte fleißig mit.

Polly

Ich bereitete das Frühstück vor, während Evelynn und Finn sich gegenseitig durch das ganze Haus jagten. Einmal hätten sie mir beinahe den Küchentisch umgeworfen, was mich zum Lachen veranlasste. Dieses junge Mädchen brachte so viel Freude, Lachen und Wärme in unsere Familie, dass es kaum auszuhalten war. Mittlerweile liebte ich sie beinahe als wäre sie wirkliche meine Tochter. Als ich fertig war, ging ich nach oben um die Bande zusammenzutrommeln. Aus Tommys Zimmer konnte ich das Lachen von Evelynn und Finn hören. Und zu meiner Überraschung lachte Tommy ebenfalls lauthals, was mir die Tränen in die Augen trieb. Seit er aus Frankreich zurück war, hatte er sich verändert. Die Freude in ihm, vor der er vor dem Krieg nur so strotzte, war ausgelöscht worden. Was brachten also seine Orden, die sowieso auf dem Grund des Kanals lagen, wenn er aufgehört hatte, glücklich zu sein? Ich lehnte mich an den Türrahmen und sah den dreien dabei zu, wie sie sich gegenseitig kitzelten und lachten. Es war so ein herzzerreißend schönes Bild, dass ich sie gar nicht unterbrechen wollte. Nur würde das Rührei kalt werden... Ich räusperte mich.

Wir hörten das räuspern von Polly und sahen alle drei gleichzeitig in ihre Richtung. Es gab Frühstück. Wir nickten und standen auf. Polly klopfte währenddessen an die Türen von Arthur, John und Ada. Als wir am Frühstückstisch saßen, verkündete Tommy, dass wir heute auf den Jahrmarkt gehen würden und Finn strahlte bis über beide Ohren. Nun konnte er es kaum erwarten, aus dem Haus zu kommen. Kurze Zeit darauf saßen Tommy, ich, Arthur, John und Finn im Familienauto.

Mitten auf der Strecke hielt Tommy den Wagen an. Ich sah ihn an und Arthur fragte: „Wir wollten doch zum Jahrmarkt, dachte ich." Tommy stieg bereits aus und antwortete: „Ein kleines Geschäft vorher. Na los, helft mir." „Was für ein Geschäft?" „Das sind die Lees, glaube ich.", warf John ein. Ein Mann kam auf uns zu und begrüßte Tommy. „Tommy Mann, wie geht's dir?" „Gleich viel besser, wenn ich die Stadtluft aus den Lungen kriege." Er hatte recht, hier draußen war es schön. Tommy zündete sich eine Zigarette an und ging ein Stück vom Auto weg, neben dem Mann, mit Arthur und John im Schlepptau. Finn und ich blieben im Wagen sitzen. Sie steuerten auf ein Pferd zu. Ich schmunzelte. Tommy ging also wieder einmal seiner Leidenschaft nach und kaufte ein Pferd für die Rennen. Ich stieg aus und gesellte mich zu ihm. Ich wollte das Pferd ebenfalls ansehen und streicheln. Es war nämlich ein hübscher weißer Wallach. Als Tommy gerade die Hufe überprüfte, meinte Arthur: „Jetzt warte mal. Du tauschst doch wohl nicht das Familienauto gegen so ein dämliches Pferd." Ich sah Arthur an. „Es ist nicht dämlich." Arthur sah mich daraufhin beschämt an. „Bist du denn verrückt? Das wär ja vollkommen dämlich!", kam es von dem Fremden, der auf uns zukam, nachdem er das Auto studiert hatte. „Wir werfen eine Münze.", erklärte Tommy. Gesagt getan.  Die beiden beugten sich herunter und überprüften das Ergebnis. Nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatten, spuckten sie sich in die Hände und schlugen ein. Tommy gab dem Mann den Autoschlüssel. „Deiner." Arthur beobachtete das ganze und sagte: „Ich wusste es. Du verdammter Volltrottel du!" „Halts Maul Arthur, ich habe gewonnen." „Achso...", die Entrüstung war gänzlich aus Arthurs Stimme gewichen. „Aber ich hab Johnny versprochen, er darf eine Runde drehen, wenn er verliert." Ein paar Schritte von uns entfernt hörten wir lachen. Tommy sah die drei Männer an, von denen das Lachen kam. „Ihr lacht meinen Bruder aus, ihr Lees?", fragte er und ging auf die drei zu. „Ist das so?" Sein Ton wurde immer herausfordernder. „Huh?" Johnny kam auf die Gruppe zu und versuchte, Tommy zu beschwichtigen. „Ich hab euch was gefragt!" Nun stand Johnny vor ihm. „Tommy, das war doch nur Spaß! Fahr zum Jahrmarkt mit deiner Familie und amüsiere dich, anstatt einen Krieg anzuzetteln. Hm?" Und an die anderen gewandt: „Schluss jetzt! Die Brüder kommen aus einer guten Familie. Ihr Großvater ist sogar ein König gewesen! Ein echter Romakönig!" „Ja aber ihre Mutter war 'ne Wanderhure.", entgegnete einer der drei fremden Männer. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Tommy erstarrte und sein Blick wurde mörderisch. Er nahm seine Schiebermütze ab und holte damit aus. Warum nahm er nicht die Faust? Der Mann, der seine Mutter beleidigt hatte, ging zu Boden, mit Schnitten im Gesicht. Wie konnte das sein? Nun zogen auch John und Arthur ihre Mützen von den Köpfen. Auch sie holten aus und die Männer, die sie mit den Mützen trafen, hatten ebenfalls Schnitte im Gesicht. Das hier würde in einen schlimmen Konflikt ausarten. Ich entdeckte Finn etwas abseits auf der Wiese und rannte zu ihm. Ich musste ihn in Sicherheit bringen.

Me and the devilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt