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John

Endlich hatten wir die verdammte Liege in Tommys Zimmer verfrachtet. „Das Ding ist schwerer, als ich in Erinnerung hatte." „Oder wir sind schwächer geworden.", meinte Arthur mit einem Augenzwinkern. „Den Rest schaffe ich wohl alleine. Danke." „Alles klar, Bruder." Arthur und ich zogen uns zurück. Ich war etwas müde also entschuldigte ich mich auf mein Zimmer. Arthur ging nach unten. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und die Zeit seit gestern Abend Revue passieren. Evelynn war absolut bezaubernd, das stand außer Frage. Nur war sie für meinen Geschmack zu rein. Sie konnte doch nicht diese nahezu unmenschliche Schönheit besitzen und völlig unschuldig sein. Denn dass mehr in ihr steckte, merkte man daran, dass sie nicht zögerte, sich gegen meinen älteren Bruder aufzulehnen. Was ich ihr hoch anrechnete. Das haben sich bisher nicht viele getraut und erst recht haben sie es über kurz oder lang nicht überlebt. Aber natürlich würde er sie nicht umbringen, nein er lud sie in sein Zimmer und wahrscheinlich auch in sein Bett ein. Die Frage war nur, war sie dumm genug, sich darauf einzulassen?

Arthur und Tommy kamen die Treppe herunter und nahmen am Tisch Platz. Diesmal saß mir Arthur gegenüber. Polly stellte den beiden ein Glas Whiskey vor die Nasen. „Würdest du uns kurz alleine lassen, Evelynn?", wandte sich Arthur an mich. „Aber natürlich. Habt ihr zufällig Bücher im Haus?" „Nebenan im Wohnzimmer ist ein großes Regal voll davon.", antwortete Polly. Ich stand auf und verließ die Küche mit der Tasse in der Hand. Ich schloss die Tür und fand das Wohnzimmer hinter einem kunstvoll verzierten Bogen aus Holz durch den ich hindurch trat. Sogleich erblickte ich das große Bücherregal, welches fast die ganze Wand einnahm. Belesen waren sie also auch noch alle. Wundervoll. Ich suchte mir ein interessant klingendes Buch raus und setzte mich auf die Couch in der Mitte des Raumes. Das Buch war von Edgar Allan Poe und hieß Die Maske des Roten Todes. Ich hatte schon von dem Autor gehört und wusste, dass er unheimliche Geschichten schrieb. Ich begann zu lesen und war irgendwann so vertieft, dass ich die Welt um mich herum ausblendete. Nach einer Weile krachte es in der Küche nebenan. Ich fuhr vor Schreck so zusammen, dass ich ein wenig Tee über das Buch schüttete. „Verdammt!", entfuhr es mir. Ich tupfte mit dem Zipfel meines Kleides über die Tropfen und zu meinem Glück hinterließ der Tee keine Spuren, abgesehen davon, dass die Seite etwas aufgeweicht erschien. Ich stand von der Couch auf und nahm das Buch mit, um Polly mein Missgeschick zu gestehen. Ich hörte über mir, wie sich eine Tür öffnete und kurz darauf kam John die Treppe heruntergestürzt. Er sah mich an und fragte: „Was ist passiert?" „Ich weiß es nicht, ich bin selbst gerade fast zu Tode erschrocken." „Willst du etwa in die Küche? Davon würde ich dir jetzt wirklich abraten." Die Küchentür öffnete sich und Tommy stürmte wutentbrannt heraus. Er schnappte sich im Vorbeigehen seinen Mantel und verließ das Haus. Ich drückte John das Buch in die Hand, nahm meinen Mantel und lief Tommy hinterher. Ich hörte John noch sagen: „Nicht!" Dafür war es jedoch zu spät, ich war Tommy schon auf den Fersen. „Stop!", rief ich. Er blieb tatsächlich stehen. Ich holte ihn ein und stellte mich vor ihn. „Was ist da drin passiert, dass du so wütend bist?" „Das geht dich nichts an, Prinzessin." „Wie immer." Ich nahm seine Hand in meine Hände und drückte sie ein wenig. „Was auch immer es ist, es lässt sich doch bestimmt regeln, hm?" Endlich sah er mir in die Augen. Er nickte. „Du hast Recht. Mit einer Kugel im Kopf sicherlich."

Tommy

Als dieser Satz meine Lippen verließ, ließ sie meine Hand fallen als hätte sie sich daran verbrannt. Ich bereute meine Aussage sofort. Am liebsten hätte ich mir die Zunge herausgeschnitten. „Das kann nicht dein Ernst sein... Du kannst doch nicht alle erschießen, deren Meinung dir nicht passt..." Sie sah mich fassungslos an, drehte sich um und ließ mich stehen. Verdammt. Ich zündete mir eine Zigarette an und machte mich auf den Weg zum Garrison.

Me and the devilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt