Kapitel 11 - Irrwicht

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Nachdem ich meinen Griff wieder aus seiner Jacke löste, öffnete er das Klassenzimmer.
Lumos Maxima." zauberte er und löste eine Lichtkugel aus, welche er mit Hilfe seines Zauberstabes in der Mitte des Raumes platzierte.
Sie erleuchtete den Raum gerade so viel, dass man alles darin schwer erkennen konnte.
Remus lehnte sich gegen seinen Tisch und aß ein Stück Schokolade.
„Bereit?" fragte er und deutete auf den Schrank, in welchem sich der Irrwicht befand.
„Sag du's mir..." murmelte ich und errötete.
Ein sanftes Glucksen entwich ihm und er nickte mir zu.
„Zauberstab bereit." sagte er und öffnete den Schrank mit seinem Zauberstab.
Ich legte den Kopf schief.
Wovor hatte ich eigentlich am meisten Angst?

Remus Augen waren die ganze Zeit über auf mich gerichtet. Ein umsorgter und fragender Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
Der Irrwicht stolperte aus dem Schrank heraus, kniete am Boden und vergrub sein Gesicht in dessen Händen.
Remus hörte für einen Moment auf, seine Schokolade zu kauen und sah sich meine Angst genauer an, dann sah er mich an.
Ich war wie gefesselt von dem, was ich da sah.
Der Irrwicht hatte meine Gestalt angenommen.
Ich saß also dort vorn auf dem Boden und weinte.
Wieso weinte ich?
Wieso sah der Irrwicht aus, wie ich?!
„Lara?" fragte Remus sanft, doch ich konnte nicht wegsehen.
Der Irrwicht ließ Hermione und Ron erscheinen, welche sich küssten, zeigte Harry und Ginny, wie sich einander hatten.
Ich sah mir alles an.
Der Irrwicht saß da und weinte.
Es war beinah gespenstisch...
...bis das Schluchzen verstummte.
Quälend langsam nahm der Irrwicht seine Hände vom Gesicht und hob seinen Blick zu mir.
Ein dämonisches Grinsen lag auf seinem Gesicht.
Remus schluckte sein Essen in einem riesigen Brocken herunter und lief einen Schritt auf mich zu. Er war bereit, einzugreifen.
Der Irrwicht stand langsam auf und lief auf mich zu. Dabei wurde das bizarre Lächeln immer breiter.
Es sah unnatürlich aus.
„Wovor hast du Angst, Lara, hm?" fragte der Irrwicht in verzerrter Stimme und stand genau vor mir.
Wieso sprach er? Er hatte doch im Unterricht nie gesprochen?!
„Spinnen? Schlangen?" fuhr er fort und drehte seinen Kopf in abgehackten Bewegungen zu Remus. „Werwölfen?"
Auch hier wich mein Blick nicht von dem Irrwicht ab.
„Oder davor?" fragte er weiter und verwandelte sich in ein schlagendes, anatomisches Herz, bevor er sich zurück in mich verwandelte.
Ich zuckte zusammen bei den bebenden Geräuschen des Herzens.
„Weiß er davon? Weiß er, was da für Gedanken in dir lauern? Weiß er, weiß er, weiß er, weiß er?!" Der Irrwicht wurde lauter und schriller.
Ich ließ meinen Zauberstab aus lauter Angst fallen und wich einen Schritt zurück. Ich war wie paralysiert, Tränen brannten in meinen Augen.
Was passierte hier...

Hinter mir spürte ich die warme Hand von Remus auf meiner Schulter, welche er nach vorn über mein Schlüsselbein bewegte und schlussendlich seinen Arm vorn um mich legte. Seine Hand hielt meine Schulter fest.
Mein Herzschlag beschleunigte sich.
Riddikulus!" zauberte er und verfrachtete den Irrwicht zurück in den Schrank.
Mein Körper zitterte.
Ich konnte es nicht einmal genießen, dass er mich festhielt.
Es war so peinlich. Der Irrwicht...wieso machte er das?
Hoffentlich hatte Remus es nicht verstanden.

Eine Träne rann meine Wange herunter.
Er drehte mich zu sich herum und beugte sich hinab, um mir ins Gesicht zu sehen.
Ich war nicht besonders groß, doch so klein, wie jetzt, fühlte ich mich noch nie.
Seine Hände lagen auf meinen Schultern.
„Wie geht es dir...?" fragte er vorsichtig.
Ich fühlte mich unfähig, zu sprechen, versuchte vergeblich, meine Tränen wegzublinzeln.
Egal, wie sehr ich mich strebte, es nicht zu tun, warf ich meine Arme um seine Hüfte und weinte.
Ohne zu zögern, legte Remus seine Arme um mich und hielt meinen Kopf mit einer Hand an seinen Körper gedrückt.
„Es tut mir so leid...Ich hätte eher reagieren müssen." flüsterte er mir zu und lehnte seinen Kopf auf meinen.
Ich fühlte mich warm, geborgen und aufgehoben.
Seine Umarmung tat gut, beruhigte mich.
„Nein...Ich wollte es sehen..." murmelte ich gegen ihn.
„Es war nicht echt. Das weißt du, oder?" fragte er leise und löste sich langsam von mir, um mich anzusehen.
„Aber irgendwie ist es das ja doch. Es war wohl meine Angst...und die ist echt." antwortete ich und wischte mir eine letzte Träne von der Wange.
„Das stimmt..." gestand er und hielt mir eine kleine Tafel Schokolade hin. „Iss das. Du wirst dich besser fühlen."
Ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen. „Danke..." flüsterte ich.
Er hob meinen Zauberstab für mich auf und steckte ihn mir in meine Manteltasche.

„Morgen kann ich nicht hier sein, Lara..." erklärte er, als wir uns zurück zur Tür des Klassenraumes bewegten.
„Okay..." nickte ich und wurde traurig.
Das sah er mir an und lächelte aufmunternd.
„Ich gebe Bescheid, sobald es wieder möglich ist. Das heißt, du musst dich morgen vor anderen Professoren in Acht nehmen. Nochmal geht das nicht so gut aus, wenn du erwischt wirst." sagte er und lächelte mich an.
„Ich werde besser aufpassen." beschloss ich und erwiderte sein Lächeln.
„Komm morgen besser nicht bei meinem Büro vorbei, ja?" bat er mich zum Schluss und öffnete die Tür für mich. „Ich habe viel zu tun und Professor Trelawney hält davor gern Wache. Das ist ihr Abteil für die Nachtwache."
Ich nickte.
Etwas schmerzliches lag in seinem Gesichtsausdruck. „Schlaf gut..." flüsterte er mir zuletzt zu.
„Gute Nacht..." gab ich zurück und verließ das Klassenzimmer.

Etwas in mir schmerzte ein wenig, da ich ihn morgen nicht wiedersehen würde.
Doch er würde sich melden...
Er würde Bescheid geben und ich würde bald wieder auf seinem Sofa sitzen und Kakao trinken...

Mithilfe der Karte des Rumtreibers bahnte ich mir einen sicheren Weg zu Hermione und Ron und warm meinen großen Stein.
Es dauerte keine zwei Minuten, da kam Hermione und gab mir den Stein zurück.
„Guten Abend." kicherte ich leise und lief mit ihr zurück in unser Zimmer.

„Was macht ihr dort eigentlich immer?" fragte ich leise, als wir wieder nebeneinander lagen.
„Frag nichts nach, was du nicht wissen möchtest." kicherte Hermione.

Miss Belladonna//Remus Lupin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt