Kapitel 52 - Vollmond

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Ich hatte meinen Tee getrunken und Hagrid hielt es für nötig, mich bis zu meinem Zimmer zu begleiten.
Ich sah zu ihm nach oben.
„Danke..." murmelte ich schwach und öffnete die Tür zu meinem Zimmer.
Ich redete zwar sonst mit keinem, doch hier hielt ich es für nötig, mich zu bedanken.
„Aber natürlich...gern. Pass auf dich auf." gab Hagrid zurück und verließ mich wieder.

Hermione war noch wach. Natürlich war sie das. Immerhin war ich nicht da gewesen.
„Wo warst du?", fragte sie nervös und legte ihre Hände auf meine Wangen. „Was ist passiert?"
Mit einem schwachen Lächeln deutete ich ihr an, dass alles in Ordnung war.
„Du machst Sachen...Ich habe mir Gedanken um dich gemacht...Komm her...lass uns schlafen gehen..." murmelte sie und hielt mir das Fläschchen Traumlosen Schlaf hin.
Ich seufzte und starrte es an.
Sollte das jetzt für immer so weitergehen?
Hörte es irgendwann auf, so doll weh zu tun? Würde der Schmerz erträglicher werden?

Das war eine Frage der Zeit.
Doch so viel Zeit aufbringen zu müssen, konnte ich noch nicht wahrhaben.
Zeit heilt alle Wunden...nicht wahr?
Wieso fühlte es sich dann nicht so an...?

Der nächste Tag strich ins Land.
Ein Tag voller Schweigen.
Ein Tag voller Schmerzen.
Dieses Mal sogar nicht nur in mir drin, sondern auch an meinem Hinterkopf, welchen ich mir am Vortag gestoßen hatte.

Meine Gedanken kreisten um den blauen Wolf, welchen ich gesehen hatte.
Ich musste Sirius darauf ansprechen.

„Was war sein Patronus?" fragte ich bei einer Tasse Tee.
Sirius war für die Zeit, in welcher ich ihn brauchte, in das Büro von Remus gezogen.
Es war schwer hier drin zu sein.
Doch es fühlte sich ebenso wohlig an.
Warm...
„Ein Wolf.", antwortete er und überschlug die Beine. „Wieso fragst du?"
Ich starrte in meine Teetasse und nickte unscheinbar.
„Ich muss dir etwas erzählen..." murmelte ich und fing seinen Blickkontakt wieder auf.
„Bitte...nur zu..." entgegnete Sirius und lehnte sich nun doch nach vorn auf seine Knie.

„Ich kompensiere meine Trauer...meine Depressionen...mit dem Rauchen. Das hatte mir Remus verboten. Ich habe ihm sogar versprechen müssen, es nie wieder zu tun. Gestern wurde mir alles zu viel. Ich habe mir im Wald eine Zigarette angezündet. Und jedes Mal...wenn ich die Augen schloss...kam ein einzelner Windzug und löschte die Glut von meiner Zigarette. Das ganze dreimal. Dann habe ich etwas erkannt. Hinter einem Baum, etwas weiter weg von mir, war ein Patronus. Und es war ein Wolf, Sirius.", erzählte ich und spürte, wie meine Hände dabei zitterten.
„Bitte denk nicht, ich sei verrückt oder bilde es mir ein..."

„Das würde ich nie denken..." erklärte er und nahm meine Hände in seine. „Ich möchte nicht, dass du dir große Hoffnungen machst...Aber sollte es der Patronus von Remus sein, bedeutet das, dass er am Leben ist..."
Mein Herz setzte einen großen Schlag aus.
In meinen Augen füllten sich sofort die Tränen.
„Ich vermisse ihn so sehr..." wimmerte ich und kämpfte gegen die Tränen an.
„Halte sie nicht zurück...komm her..." murmelte Sirius und setzte sich neben mich.
Fürsorglich zog er mich in eine Umarmung.
Und ein weiteres Mal brach es aus mir heraus.
Ich weinte bitterlich um ihn.
Ich vermisste ihn so sehr.
Er durfte doch nicht tot sein...
Er hatte niemandem etwas getan...

„Der Patronus wird dich beschützen..." flüsterte Sirius und strich über meinen Rücken.
Ich nickte wimmernd und schloss meine Augen.
„Kannst du mir eine Geschichte erzählen...? Von früher...?" fragte ich und lehnte mich auf der Couch zurück.
„Natürlich..." antwortete er und lächelte ein wenig.
Er erzählte mir in letzter Zeit immer wieder Geschichten über Remus und ihn früher, zu deren Schulzeit.
Mir gefielen die Geschichten.

Für einen Moment konnte ich in eine andere Realität eintauchen und zuhören, ohne meine Gedanken an Trauer und Tod zu verlieren.

Die Zeit verstrich.
Es wurde Abend.
„Ich gehe auf mein Zimmer..." entgegnete ich und stand auf.
„Wir wissen beide, dass du das nicht tun wirst, Lara." gab Sirius zurück und stellte sich mir gegenüber.
Ich schluckte schwer.
Er hatte recht.
„Gute Nacht..." flüsterte ich und schenkte ihm ein trauriges Lächeln.
„Gute Nacht..." erwiderte er und legte mir für einen Moment die Hand auf die Schulter, bis ich den Raum verließ.

Natürlich ging ich nicht in mein Zimmer.
Ich lief geradewegs hinaus zum verbotenen Wald.

Und noch im Laufen zog ich eine neue Zigarette aus meiner Packung.
Ich musste es einfach wissen...
...ob er wiederkommen würde.

Müde nahm ich den ersten Zug.

Nichts.

Nervosität schlich sich ein.
Vielleicht hatte ich mir zu doll den Kopf gestoßen und mir den Wolf nur eingebildet und es war eigentlich eine Hirschkuh und Snape hatte mich ausspioniert...

Ich beschloss, einen kleinen Spaziergang am Rand das Waldes entlang zu machen.
Wollte mich immerhin nicht mit Zentauren oder sonst wem anlegen...

Mein Spaziergang brachte mich an eine Klippe.
Von hier aus hatte man einen wunderschönen Blick auf den kleinen See und den Vollmond vor mir...
Der Vollmond...

Mit einem erdrückenden Empfinden, setzte ich mich an die Klippe und ließ die Beine baumeln.
Mit dem brennenden Gefühl des Rauches in meinen Lungen, versuchte ich, zu entspannen.
„Wo immer du bist...Ich bin hier...und ich warte auf dich. Ich werde alles versuchen, damit du zurück zu mir kommst...", sagte ich leise zum Vollmond und seufzte.
„Das ist doch Bullshit. Du hörst mich doch eh nicht. Ich mache mir sinnlose Hoffnungen, suche mir einen Grashalm, an dem ich mich festhalten kann, damit der Sturm mich nicht erwischt..."

Ich senkte meinen Blick auf die Zigarette in meiner Hand und seufzte...

Als ein heller Schein hinter mir aufging...und meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Ich drehte mich um und erblickte einen Patronus...
In Form eines Wolfes.

Miss Belladonna//Remus Lupin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt