Kapitel 30 - Obliviate

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Es dauerte Stunden, bis ich in den Schlaf fand.
Ich lag ewig lange wach.
Hermione hatte sich vorgenommen, mit mir wach zu bleiben, doch auch sie verlor sich in ihre Träume, nachdem sie es zwei Stunden lang mit mir durchgehalten hatte.
Ich verlor eine Träne nach der anderen, während ich den Vollmond anstarrte.
Dann...irgendwann, lag ich nur noch da.
Ich wusste, es würde sich ab jetzt vieles ändern.
Und ich dachte, die einzige Schwierigkeit würde der Altersunterschied werden. Oder, dass er mein Professor war.
Aber das hier waren ganz andere Dimensionen.
Etwas in mir wollte zu ihm, ihm sagen, dass es okay ist.
Er würde verletzt sein, erschöpft.
Ich wollte bei ihm sein, mit ihm ins Bett gehen und ihm sagen, dass es okay ist.
Ich wollte ihm durch die Haare streichen, seine Wunden verarzten und ihm sagen, dass es okay ist.
Es war okay, Remus.

Und dann...irgendwann, fielen meine roten, schweren Augen zu und ich schlief ein.

Am nächsten Morgen fühlte ich mich leer, müde und als hätte mich jemand mit einem Bus angefahren.
Ich wusch mein Gesicht sämtliche Male mit eiskaltem Wasser. Nicht einmal die Lust, etwas mit meinen Haaren zu machen, war an diesem Morgen da.

Auch im Unterricht fielen mir meine Augen mehrere Male fast zu.
„Ja, Miss Torres. Ihre Mimbulus Mimbletonia sieht ja schon sehr gut aus." lobte mich Professor Sprout und lief weiter.
Ich starrte sie mit halb geschlossenen Lidern an.
„Du siehst gar nicht gut aus..." flüsterte mir Hermione zu und ich sah sie nur für einen Moment an, bis ich meinen Blick wieder auf meine Pflanze richtete.
Hermione strich mir aufmunternd über den Rücken.
Es half alles nichts.
Ich aß nichts, ich trank nichts.
Ich existierte nur.
Mir würde es solange nicht gut gehen, bis ich nicht mit Remus sprechen konnte.

In Zaubertränke sollten wir heute einen blutbindenen Trank herstellen.
„Miss Torres. Arbeiten Sie mit oder muss ich das mit Minuspunkten für Gryffindor bewerten?" fragte Snape streng und stand vor meinem Kessel.
„Nein, entschuldigen Sie..." murmelte ich müde und begann, den Trank zu brauen.
Natürlich missglückte er.
Mir missglückte so gut wie nie ein Zaubertrank. Das wusste, glücklicherweise, auch Snape.
Er strafte mich nur mit einem bitteren Gesichtsausdruck.

Nach der Schule aßen wir gemeinsam in der großen Halle.
Ich aß nichts. Mein Kopf ruhte auf meinen Armen auf der Bank.
Meine Augen waren geschlossen und ich fiel in den Sekundenschlaf.
„Miss Torres?" fragte eine Bekannte, freundliche Stimme und ließ mich nach oben sehen.
Es war Dumbledore. „Hier...Trinken Sie das. Es macht Sie wach."
Ich lächelte müde und nahm die Tasse entgegen, welche er mir bot.
„Danke..." murmelte ich und trank einen Schluck. Dumbledore sah alles...und er hatte immer eine Lösung. Er war der beste Schulleiter, den Hogwarts je hatte.
Es war extrem starker Kaffee in der Tasse.
Aber ich beschwerte mich nicht.
So überlebte ich es bis zum Abend.

„Es wird alles gut werden..." murmelte Hermione und wirkte etwas weniger überzeugt, als sonst.
Draußen schüttete es wie aus Kannen.
Es war ungewöhnlich warm für den Januar. Wir hatten zwölf Grad draußen.
Die Temperaturen reichten sogar für ein Gewitter.
„Was immer du sagst..." gab ich zurück und lief zu Remus Büro.
Es war zwar erst gegen 19 Uhr, doch es war bereits dunkel und die meisten Schüler waren aufgrund des Wetters bereits auf ihren Zimmern.

Ich wollte zuerst an seiner Tür klopfen, doch diese war bereits geöffnet.
Ich konnte es nicht länger ertragen und musste ihn bereits jetzt schon sehen.
Doch, was ich vorfand, ließ mich erschrecken.
Seine Sachen waren weg.
Er hatte sie in seine Koffer gepackt und verschloss gerade einen weiteren.
„R...Remus...?" fragte ich verletzt und fühlte ein flaues Gefühl in meinem Magen.
Ich wusste, was hier los war.
Er wollte Hogwarts verlassen.
„Was machst du da..." fuhr ich fort und lief zu ihm an den Schreibtisch.
Jetzt sah er mich an. Auf die schlimmste Art und Weise, mit der er mich jemals angesehen hatte.
„Ich packe, Lara. Ich werde Hogwarts noch heute verlassen..." antwortete er mir.
Er würde was...?
Sein Gesicht war blass, er hatte neue Wunden am Hals und stützte sich auf einen Stock. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen.
Er bemerkte, dass ich ihn musterte.
„Ich sah schon schlimmer aus, glaub mir...", erklärte er knapp und stützte sich schwach auf seinen Schreibtisch. „Aber sieh dich an. Hast du nicht geschlafen?"
Ich konnte ihm gar nicht weiter zuhören.
Ich stand, wo ich stand und fühlte mich, als hätte man mir mit einem Holzbrett vor das Gesicht geschlagen.
„Du verlässt Hogwarts...?" wiederholte ich wimmernd.
„Ja, Lara...Es dauert nicht mehr lange, bis es jeder weiß, was ich bin. Und wer möchte sein Kind schon von einem Werwolf unterrichtet haben. Und du...möchtest dich sicher nicht mit einem Werwolf treffen. Es ist zu riskant zwischen uns..." antwortete er mir sah mich gequält an.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf.
Jetzt erwachte ich aus meiner Starre.
„Das kannst du nicht ernst meinen! Es wird keiner erfahren! Du willst das hier alles wegschmeißen?! Mich? Nach allem, was wir uns gesagt haben? Hast du gelogen? Hast du mich angelogen, als du mir gesagt hast, du fühlst auch so? Denn ich könnte dich nicht einfach so verlassen!" stieß ich aus und gestikulierte wütend dazu. Eine Träne fiel bereits aus meinem Auge.
„Ich mach das für dich...Du verstehst nicht, wie gefährlich ich bin..." seufzte er und stellte sich aufrecht hin.
„Für mich?! Du hast mich noch nie verletzt! Du bekommst die Tränke! Es wird niemand rausfinden...Dumbledore hält großes auf dich..."
Er unterbrach mich.
„Er hat schon zu viel für mich getan."
Meine Unterlippe zitterte. Ich konnte nicht fassen, was er vorhatte.
„Hör auf, so zu denken! Endlich hast du jemanden gefunden, der dich nimmt, wie du bist! Nämlich mich! Und du haust ab! Du scheiß Feigling, haust einfach ab! Du verlässt mich, bevor es-..."
Wieder unterbrach er mich.
Mit einem schnellen Gang, lief her hervor zu mir. Er ignorierte seine Verletzungen.
Ich konnte nicht so schnell reagieren.
Dieser leidende Gesichtsausdruck auf seinem Gesicht...
Remus streckte seine Hände zu mir aus, umfasste meine Wangen und meinen Kiefer und sah mir für einen kurzen Moment fest in die Augen.
Mein Puls überschlug sich.
In meinem Kopf machte ich ihm noch immer Vorwürfe.
Doch er...?
Er beugte sich zu mir hinab, schloss die Augen und legte seine Lippen auf meine.

Ich zog die Augenbrauen nach oben, doch ließ die Augen geschlossen, legte meine Hände auf seine Arme und krallte mich in seine Jacke.
Ich erwiderte seinen Kuss.
Er küsste mich nur einmal, als er sich langsam trennte und ich nur noch dem Geräusch des Kusses lauschen konnte.
Ich öffnete meine Augen und sah ihn einfach an.
Zittrig fühlte ich mit meinen Fingerspitzen meine Lippen nach und sah ihm dabei weiter in die Augen.
„Verdammt..." wimmerte Remus und hob zittrig seinen Zauberstab.
„Remus...was machst du..." flüsterte ich gebrochen und sah ihn mit flehenden Augen an.
„Es tut...mir so leid...", sagte er mit zittriger Stimme und verlor eine Träne.
Er fasste mir an die Schulter und deutete seinen Zauberstab nun auf mich. „Obliviate..."

Miss Belladonna//Remus Lupin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt