Kapitel 22 - sanfte Blicke

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„Ich bin wach..." lächelte ich und setzte mich vollkommen auf, um ihn besser sehen zu können. Er stand noch immer, wo er stand und hielt das Buch fest in seinen Händen.
„Jetzt komm schon her!" lachte ich und hielt ihm eine Hand entgegen.
Sofort setzte er seinen Weg zu mir fort und ergriff sogar meine Hand, um dieser einen Kuss zu geben. Er war so ein Gentleman...
Jetzt war ich die Ungläubige mit großen Augen. Mein Herz flatterte, wie eintausend wilde Schmetterlinge.
„Wie geht es dir?" fragte er und setzte sich nun zu mir ans Bett.
Meine Hand hielt er in seinen Händen fest.
Wieder konnte ich nur sagen, wie wunderschön seine Hände waren.
„Mir geht es gut...Wie geht es dir?" wollte ich nun wissen und lächelte ihn mit Tränen in den Augen an.
„Jetzt viel besser..." antwortete er und sah mich im trüben Licht an. „Weinst du?"
Eine Träne fiel meine Wange hinunter.
„Nein..." murmelte ich und wischte sie mir schnell mit der anderen Hand weg.
„Lügst du mich wirklich an?" fragte er sanft und zog die Augenbrauen nach oben.
„Ich freue mich nur, wieder hier zu sein...also wieder wach zu sein, viel mehr..." antwortete ich und fragte mich selbst, ob das die Wahrheit gewesen war...
Vielleicht freute ich mich, dass er da war.
Vielleicht wollte ich nur so sehr herausfinden, wie sich sein Oberlippenbart bei einem Kuss anfühlte, dass mein Herz es nicht mehr ertragen konnte.
...oder vielleicht freute ich mich über die Blumen...
„Du trägst die Haare anders..." grübelte ich und fühlte einen Drang, diese zu berühren.
Ich konnte nicht widerstehen, hob langsam meine freie Hand zu seinen Haaren und strich sanft hindurch. Er hätte es unterbinden können, wenn er gewollt hätte.
Remus trug sie jetzt nach hinten gelegt und nicht mehr strähnenweise auf seiner Stirn.
Sie waren so weich.
Mein Herz raste wie verrückt...Es klopfte so stark und laut, dass er es hätte hören können.
„Warst du jeden Abend hier...?" fragte ich jetzt, bevor er darauf reagieren konnte.
„Jeden Abend...wie wir es vorher gemacht haben..." antwortete er und sah mich sanft an.
Jetzt fiel sein Blick auf meine Krücken.
„Kannst du schon aufstehen?" hakte er nach und griff danach. Dabei ließ er meine Hand, zu meinem Bedauern, los.
Ich nickte nur und errötete etwas. Gut geklappt hatte heute das ja schon mal nicht.
„Zeig her." lächelte er, stand auf und hielt mir die Krücken hin.
„Remus...so gut war das gar nicht, heute Nachmittag." gab ich nun zu und setzte mich an den Bettrand.
„Ich bin hier...komm, komm. Das schaffst du." sagte er sanft und machte mir damit Mut.
Ich lachte ein wenig und griff in meine Krücken.
„Ich weiß nicht, Remus..." murmelte ich unsicher und stemmte mich mit aller Kraft nach oben.
„Wer drei Wochen nur im Bett lag...muss schwach sein, Lara. Deswegen schaffen wir das jetzt zusammen." erklärte er und lächelte mich aufmunternd an, als ich stand. „Geht doch!"
Doch genau in diesem Moment sackte ich auf der rechten Seite zusammen.
Sofort reagierte er und packte mich an den Hüften, damit ich stehen blieb.
„Langsam...bist du müde geworden und wolltest dich schon hinlegen?" fragte er scherzhaft, um die Anspannung aus der Situation zu holen.
Sein Griff...seine wunderschönen, großen Hände lagen auf meinen Hüften und hielten mich fest. Ich fühlte mich noch nie so schmächtig, wie in diesem Moment.
Aber ja, er schaffte es, die Anspannung aus der Situation zu bekommen. Ich lächelte ihn wieder an.
„Ich lasse los, ja? Achtung..." sagte er sanft und nahm langsam seine Hände von meiner Taille.
Ich stand nun sicher und fest auf dem Boden.
Vorsichtig machte ich ein paar Schritte, wenn man es so nennen konnte. Ich stützte mich wohl eher vom Boden ab, und landete einen halben Meter weiter wieder.
„Das klappt perfekt, Lara...Damit kannst du bestimmt zum Weihnachtsball gehen..." entgegnete er und lächelte breit.
Ich lächelte nicht.
Der Weihnachtsball...
Remus verging das Lächeln langsam und er runzelte die Stirn. „Was ist los?" fragte er vorsichtig und beugte sich ein wenig zu mir hinab.
„Ich hätte wirklich gern auf dem Ball getanzt. Mein Onkel hat mir ein Kleid geschenkt, weißt du? Und jetzt habe ich ein gebrochenes Bein und Krücken...Was habe ich verbrochen, um das zu verdienen..." murmelte ich traurig und sah zu Boden.
Er sah mich ebenso bedrückt an.
Doch es vergingen keine zehn Sekunden, bis er mich plötzlich hoch hob und zurück auf mein Bett setzte.
„Jetzt hör mal zu.", begann er und kniete sich vor mich hin, damit ich ihn unter jeglichen Umständen ansehen musste. „Du gehst da hin, Lara, und du wirst bezaubernd aussehen...Der Glückliche, mit dem du dort erscheinen wirst, wird das verstehen. Und deine Freunde werden dir den Abend unvergesslich machen...und dich nicht im Stich lassen...Es wird andere Anlässe geben, um zu tanzen. Und du hast nichts verbrochen...und das hier nicht verdient...Das muss dir klar sein..."
Mein Blick wechselte zwischen seinem linken und rechten Auge hin und her, wurde ab und zu von seinem Mund abgelenkt und schweifte letztendlich über sein ganzes Gesicht.
Er hatte ein wunderschönes Gesicht. Die Narben gaben ihm etwas ganz eigenes. Etwas besonderes. Seine dunklen Augen waren so sanft. Seine Stimme strotzte nur so vor Ruhe...und Wahrheit...
Ich konnte mein Herz verstehen, dass es so viele unstillbare Gefühle für ihn hegte und nicht wusste, wohin damit.
Er hatte es geschafft. Mein Lächeln kam zurück auf meine Lippen. „Remus...vielen Dank." flüsterte ich und spielte nervös mit meinen Fingern.
„Wofür denn?" fragte er, doch wollte keine Antwort. Ihm genügte mein Lächeln.
Langsam setzte er sich wieder auf mein Bett, neben mich.
„Möchtest du nicht langsam schlafen?" fragte er und sah mich an.
Ich lachte ein wenig. „Ich habe drei Wochen lang geschlafen..."
„Punkt für dich..." lächelte er und senkte seinen Blick hinunter über meinen Körper.
Er betrachtete meinen Oberkörper.
Und ganz langsam fuhren seine Augen auch meine Beine ab.
Ich wurde nervös, doch genoss es zugleich.
Seine Blicke erwärmten mich.
„Was möchtest du dann tun?" fragte er mit rauer Stimme und sah mir wieder in die Augen.
Oh, was ich alles tun möchte...
Es kostete mich Überwindung, doch was ich jetzt tat, wollte ich so sehr. Schon so lang.
Ich griff sanft nach seiner Hand und legte sie auf meinen Oberschenkel.
Er zog nicht zurück. Im Gegenteil.
Zärtlich strich er mit seinem Daumen über die nackte Haut meines Beines, unterhalb meiner kurzen Hose.

Miss Belladonna//Remus Lupin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt