Kapitel 60 - Funken

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„Das wirst du nicht. Und das kannst du auch nicht, Lara." gab er zurück und sah nun auf mich nieder. Im hellen Schein des Mondes erkannte ich Fassungslosigkeit in seinem Blick.

„Kannst du es denn wirklich nicht verstehen, wo dieser Gedanke herkommt?" fragte ich und wich mit meinem Oberkörper ein Stück zurück.
„Natürlich, kann ich das. Aber es wäre Selbstmord. Und ich möchte nicht, dass du das tust." antwortete er und sah mich auch jetzt nicht an.
„Sieh mir in die Augen." forderte ich ihn auf und ballte Fäuste.
Er seufzte.
Natürlich wusste er, was jetzt kam.
Er schloss für einen Moment die Augen und öffnete sie so, dass sein Blick sofort meinen traf.
„Würdest du es so hinnehmen, hätten sie mir das angetan, was sie dir angetan haben?" wollte ich wissen und starrte fast durch ihn hindurch.
„Lara-..." begann er und wollte seinen Kopf wegdrehen, als ich meine Hand unter sein Kinn legte und ihn zurück zu mir schob.
„Würdest du?!" wiederholte ich mich, als sein Blick meinen wieder treffen musste.
Ich wurde lauter.
Aber das musste ich auch werden.
„Nein. Ich würde jeden einzelnen aufschlitzen und ausbluten lassen." antwortete er jetzt doch und sah mir fest in die Augen.
Mein Griff an seinem Kinn war straff.

Er legte seine Hand an mein Handgelenk und drückte so zu, dass ich sein Kinn loslassen musste, damit es nicht wehtat.
„Doch ich wäre nicht so dumm und naiv und würde eine Selbstmordmission antreten dafür. Ich würde mich zusammensetzen und einen Plan ausarbeiten, damit es ein Sieg wird. Und keine peinliche Niederlage, die noch viel mehr anrichtet, als das, was bis zu dem Zeitpunkt passiert ist."
Er war streng.
Ich zuckte sogar ein wenig zusammen.
Das kam noch nie in dieser Art und Weise vor.
Doch die Sturheit siegte.

„Dann trommeln wir doch ein Selbstmordkommando zusammen. Oder noch besser, wir lassen es einfach ganz sein und warten darauf, dass sie uns alle töten. Ich weiß doch noch nicht mal, was in dieser Prophezeiung war, die Harry zerbrochen hat. Vielleicht warten sie nur darauf, dass sie mich bekommen und töten. Dann kürzen wir das ganze ab." entgegnete ich und wurde kindlich und dumm in meinen Argumenten.
Und das wusste ich genau.
„Hörst du dir gerade selbst zu?" fragte Remus jedoch nur ruhig und schüttelte den Kopf.
Er sah enttäuscht aus.
Und das war der wohl schlimmste Gesichtsausdruck, den es gab.

Ich stand auf.
Wollte gehen.

Doch Remus packte mich am Arm und hielt mich fest, bis er ebenso aufgestanden war.
„Du wirst nirgendwo hingehen. Schon gar nicht allein. Wir sprechen mit Dumbledore." versuchte er, an meine Vernunft zu appellieren.
„Dumbledore?!", doch er machte mich nur noch wütender. „Derjenige, wegen dem du überhaupt dahin gekommen bist? Gute Idee. Vielleicht liefern wir den Todessern gleich den nächsten."
Remus schüttelte den Kopf.
Er ließ meinen Arm los.
„Du denkst nicht rational. Du lässt dich von deinen Gefühlen zu stark leiten. Du bist eben noch zu jung..." entgegnete er und seufzte.
„Was?!", stieß ich aus und wich einen Schritt zurück. „Das hättest du dir vielleicht überlegen sollen, bevor du mich geküsst hast..."
Ich war verletzt und es schmerzte bitterlich.
„Darling, so meinte ich das doch nicht. Ich würde doch niemals-..." begann er und wollte nach mir greifen, doch ich wich aus, verlor die Balance und rutschte mit meinem Fuß den Felsen hinab.
Ich landete unbequem im flachen Wasser und prellte mir wahrscheinlich noch den Steiß.

Meine erste Reaktion war nicht, aufzustehen und aus dem Wasser zu flüchten.
Nein.
Ich blieb sitzen und schloss meine Augen.
Heiße Tränen rannen meine Wangen hinab und ich holte schmerzlichst Luft.
Es war eine Mischung aus Peinlichkeit und Schmerz, die meinen Körper durchdrang.
Ich zog zittrig die Luft durch meine trockenen Lippen und wagte mich dann doch zurück auf die Beine.
„Lara, geht es dir gut...?!" rief Remus sofort und lief zu mir herum, reichte mir eine Hand entgegen.
Ich nahm sie tatsächlich an und warf sofort meine Arme um seinen Körper.
Es war mir egal, dass ich ihn nass machte. Ich musste einfach seine Nähe spüren.
„Es tut mir leid..." wimmerte ich gegen seine Brust und ließ mich von ihm halten.
„Ist schon in Ordnung...komm her..." flüsterte er und legte seinen Kopf auf meinen.
Ihm war es ebenso egal, dass ich nass war.
Er streichelte meinen Rücken und drückte mich fest an sich.
„Ich meinte das nicht so...Du bist nur sehr impulsiv. Aber das ist in Ordnung...Lass dich davon nur nicht ins Unglück drängen...und wenn du dort allein aufkreuzen würdest, wäre das Unglück näher, als du es gewollt hättest...Wenn du tot wärst, wäre ich unglücklich und viele, viele andere Menschen auch...Ist es das wert? Denk mal drüber nach..." erklärte er sanft und streichelte zärtlich meinen Rücken entlang.

Natürlich hatte er recht.
Aber ich wollte mich so sehr rächen.
Dieses Gefühl brannte wie ein Feuer in mir.
Und ich war nur trockenes Holz, was durch den Funken das ganze Land niederbrennen könnte.
Wenn ich nur wollte und den Funken überspringen ließe.

Doch fürs erste nickte ich nur.
Für jetzt reichte es mir, dass er wieder da war.
Bei mir.
Ich wollte die erste Nacht genießen.

„Bringst du mich ins Bett?" fragte ich müde und traurig.
„In deins oder meins?" erkundigte er sich mit einem Lächeln auf den Lippen, da er genau wusste, was ich antworten würde.
„In deins natürlich..." antwortete ich, genau nach seinen Erwartungen.

Und der Funke war erloschen.

Fürs erste...

Denn das Feuerzeug war noch immer voller Propan, welches nur darauf wartete, sich erneut zu entzünden...

Miss Belladonna//Remus Lupin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt