10 - Bekanntschaft - David

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- Mittwoch, 17.04.2024 - Praise Jah In The Moonlight/YG Marley -

Der gesamte Tag lief schon ganz anders ab als gestern. Ich war fast schon überrascht, wie entspannt Juri mich heute Vormittag in der Kabine begrüßt hatte. Es wirkte schon beinahe so, als wäre er gut drauf. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, es wäre irgendwas passiert, das seine Stimmung seit gestern verbessert hätte... Aber vielleicht hatte er sich einfach auch noch einmal das gestrige Gespräch durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht hatte es ihm auch gut getan, mit noch jemand anderem als mir über Friederike sprechen zu können. Wer weiß.

Auf jeden Fall ist er heute mit einer ganz anderen Körperhaltung in die Umkleidekabine des Trainingszentrums gekommen, als er es noch die letzten Tage getan hatte. Die gesamten letzten zwei Wochen war er nicht mehr so aufgetreten. Heute wirkte es fast so, als wäre er wieder der Alte. Vor der Trennung. Vor dem Wechseldrama. Vor dem Umzug. Genau so war er damals auch. Und auch während des Trainings, in dessen Mitte wir gerade steckten, war seine Stimmung bislang nicht gekippt.

Ich glaube, nicht nur mir war das die letzten paar Stunden aufgefallen. Auch der Rest der Mannschaft wirkte beinahe überrascht von dem plötzlichen Energiewechsel, den unser junger Spielmacher an den Tag legte. Gleichzeitig funktionierte das heutige Spielzugs-Training um Welten besser als letzte Woche noch. Das machte tatsächlich Hoffnung darauf, dass das Spiel morgen gut laufen würde und ich konnte zumindest im Juri-Kontext ein wenig entspannen.

Auch heute war wieder Liv im Training mit dabei. Und seitdem sie in die Halle getreten war, hatten Juris Augen sie nicht mehr losgelassen, auch wenn ihr das anscheinend nicht bewusst war. Denn sie schaute ebenfalls regelmäßig zu meinem besten Freund hinüber und musterte ihn kritisch. Es wirkte wie ein Beschnuppern im Wildtier-Reich. In dieser Halle konnte man die Spannung über das ganze Feld hinweg spüren, wenn man darauf achtete. Das Eskalationspotential war riesig. Doch immerhin waren beide professionell genug, um sich nicht von so etwas ablenken zu lassen.

So stand ich die gesamte Zeit mit gemischten Gefühlen im Tor und wechselte mich mit Joel ab. An richtigen Fokus war leider immer noch nicht zu denken, musste ich zu meinem Bedauern feststellen. Dafür war die Stimmung in der Halle zu konfus und zu überraschend, zu spannungsgeladen und zu nervös.

In einer kurzen Trinkpause begab ich mich hinüber zu Juri und hakte mit einem Kopfnicken in Richtung Liv nach: "Und? Schon Gedanken gemacht?" Der Langhaarige zuckte mit den Schultern und antwortete vorsichtig: "Ich weiß ja nicht. Also inkompetent ist sie schonmal nicht, wenn ich das richtig mitbekommen hab. Aber so richtig verstehen, was ihr in ihr seht, tu ich noch nicht." Die Aussage entlockte mir ein kleines Lächeln. Natürlich tat er das noch nicht. Wenn der erste Eindruck so miserabel war, brauchte es seine Zeit, bis man sich besser verstand.

Ich sagte vorsichtig, darauf bedacht, dass sie nichts davon mitbekam: "Geduld, Kleiner. Das gibt sich schon noch mit der Zeit. Vertrau mir." Juri verdrehte über den neckenden Spitznamen die Augen, erwiderte dann aber mein Lächeln und reagierte mit: "Mal sehen." Entsprechend verdrehte ich nun grinsend die Augen und machte mich wieder daran, meine Wasserflasche zu leeren.

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Ziemlich verschwitzt schnappte ich mir mein Handtuch, das ich auf meiner Tasche deponiert hatte, und wischte mir damit einmal quer über mein Gesicht. Gerade waren wir fertig mit der letzten Trainingseinheit geworden und fühlten uns nun mehr oder weniger vorbereitet auf morgen. Das war gut, denn morgen würden wir uns erst wieder zum Aufwärmen vor dem Spiel sehen.

Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie sich Cheffe mit Liv an seiner Seite den Weg zum Ausgang bahnte. Die Tür zum entsprechenden Korridor lag direkt neben mir, sodass die zwei zwangsläufig an mir vorbei müssten. "Ist das okay für dich?", kam gerade aus Chefs Mund, als die zwei in Hörreichweite kamen. Liv zuckte mit den Schultern. "Ich... hab ja nicht wirklich eine Wahl, oder?" Neugierig legte ich den Kopf schief und hielt inne, um besser zuhören zu können.

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt