16 - Darmstadt unsicher machen - Liv

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- Sonntag, 21.04.2024 - glaubst du/Provinz -

Ich brauchte nur die Beifahrertür schließen, und schon wusste ich, dass Meyra mich mit einem schiefen Grinsen ansah. "Und?", fragte sie herausfordernd, als ich mich anschnallte. Ich verdrehte grinsend die Augen und antwortete: "Was genau meinst du jetzt?", obwohl ich genau wusste, was sie meinte. Sie parkte aus der Parklücke vor meinem Haus aus und schlug den Weg in Richtung Darmstadt ein. "Juri also. Ich glaube, ich kann überall deine Handschrift erkennen." Ich schwieg aktiv, um ihr zu signalisieren, dass sie schon konkreter werden musste.

"Der Insta-Post?", hakte sie schließlich spezifisch genug nach. Ich seufzte und winkte ab. "Ach das. Das, das war... ach, das war eigentlich nichts." Überrascht sah mich meine beste Freundin vom Fahrersitz an. "Ahja." Den sarkastischen Unterton konnte ich förmlich durch die Luft schweben sehen. Abwehrend hob ich die Hände an. "Wirklich! Juri ist... eigentlich ganz nett. Ich hab' ihn am Montag einfach auf dem falschen Fuß erwischt." Meyra zog eine Augenbraue hoch, ließ meine Aussage aber unkommentiert.

Da ich das Gefühl hatte, meine Aussage verteidigen zu müssen, fuhr ich fort: "Inzwischen haben wir ein paar Mal geredet. Und auch am Donnerstag war er cool. Also am Interview. Irgendwie hat er mich davon überzeugt, dass er eine zweite Chance verdient hat. Und die hab' ich ihm am Freitag gegeben." Meyra nickte, um zu zeigen, dass sie verstand, worauf ich hinauswollte. "Und da hat er dich nach deiner Hilfe für den Insta-Post gefragt?" Ich nickte. "Genau. Da haben wir zum ersten Mal so richtig gebondet, weißt du?"

Meyra grinste wieder breit. "Ahja, gebondet." Ihr Ton suggerierte mal wieder mehr als ihre eigentlichen Worte. Ich verdrehte die Augen. "Da läuft aber nichts oder so, falls du das jetzt denkst." Ihr Grinsen wurde noch breiter, wenn das noch überhaupt möglich war. "Ja ja." Ich seufzte. "Wirklich, man. Ich will nichts von dem." Sie gab nach und lachte, nickte dann aber. "Okay. Aber halt' mich bitte auf dem Laufenden in dem Kontext!" Ich nickte. Das war ich ihr tatsächlich schuldig.

Meine besten Freundinnen wussten natürlich, dass ich bislang noch nie in einer richtigen Beziehung war. Ich hatte einfach nie einen Mann gebraucht, um mich von meinem Selbstwert zu überzeugen. Dafür waren sie beziehungsweise ich selbst immer genug gewesen. Klar, ein paar unreife Crushes hier und da hatten auch meine Jugend geprägt. Aber auch diese Jungs hatten mich nie genug von sich überzeugt oder nur widergespiegeltes Interesse an mir geäußert, weshalb daraus auch nichts wurde.

Inzwischen war ich mal wieder in einer Phase, in der ich mir nur selten über solche Themen Gedanken machte. Und wenn, dann wollte ich die zwei auf jeden Fall mit den neuesten Informationen füttern. Sie erzählten mir auch immer von ihrem momentanen Single-Leben, da wollte ich das Gleiche für sie tun.

Ich seufzte leise. Meyra warf mir einen fragenden Blick zu, bevor sie sich wieder auf die Straße vor ihr konzentrierte. "Alles gut?" Ich nickte, erklärte dann aber: "Lilly wird nur wahrscheinlich alles über meine Woche wissen wollen." Meyra nickte verstehend. "Ja, das wird sie wahrscheinlich. Denk dran, dass du nur bestimmte Dinge erzählen darfst. Aber wenn du das nicht wollen würdest, hättest du dir eben andere beste Freundinnen aussuchen müssen." Diese Aussage untermalte sie mit einem Schulterzucken und einem gespielten Zwinkern in meine Richtung. "Du, hätte ich eine Wahl gehabt...", ärgerte ich sie ein wenig, doch im Endeffekt mussten wir beide lachen. Dafür hatte ich die zwei einfach zu gern.

Gemeinsam lachend und redend fuhren wir so in Richtung Darmstadt und für eine halbe Stunde war das Thema Rhein-Neckar-Löwen vom Tisch. Stattdessen dominierte die Vorfreude auf den heutigen Tag das Gespräch und dadurch, dass ich sowohl das Interview bereits fertig geschnitten und eingereicht als auch die erste Woche meines Praktikums für die Uni zu Protokoll gebracht hatte, schwenkten meine Gedanken auch schnell weg von Mannheim und hin zum kommenden Tag.

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt