42 - Energie, was ist das? - David

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- Montag, 13.05.2024 - Blue Spirits/DWLLRS -

Hatte ich nicht letzte Woche erst gesagt, dass ich kaum noch Energie für das Training hatte? Ja? Das hab' ich da definitiv nicht so ernst gemeint wie heute. Ich war bereits mit Kopfschmerzen aufgewacht, hatte aber keine andere Wahl gehabt, als einfach eine Aspirin einzuwerfen und irgendwie zu versuchen, halbwegs sinnvoll in den Tag zu starten.

Das Spiel gestern war für uns alle grottig gelaufen und so gab es am Frühstückstisch auch kaum Gespräche. Normalerweise würde ich in solchen Situationen das Wort ergreifen, aber auch ich hatte heute Morgen einfach nicht die Energie, irgendetwas anderes zu tun als auf die Tischplatte zu starren. Der Heimflug danach hatte sich ähnlich angefühlt.

Irgendwie hatte ich inzwischen das Gefühl, dass sich der Lehrgang überhaupt nicht gelohnt hat. Ich konnte nicht wirklich irgendetwas Neues oder Relevantes daraus mitnehmen und er hatte nicht einmal geholfen, das Spiel gestern zu gewinnen. Entsprechend hatte ich den ganz leisen Anflug an Gefühl, dass es sich mehr gelohnt hätte, in Heidelberg zu bleiben und mit den Löwen zu trainieren. Aber das würde ich natürlich niemals laut aussprechen.

Immerhin war Sebastian so freundlich gewesen, heute nur ein Nachmittagstraining anzusetzen. Auch wenn ich trotzdem keine Minute Zeit für mich hatte, hatte ich so immerhin nicht komplett das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Es war ohnehin schon genügend Zeit vor Donnerstag verstrichen, in der die Jungs ohne Jannik, Juri und mich trainiert hatten, da war ich dankbar, dass ich immerhin nicht auch heute eine ganze Trainingseinheit verpasste.

Donnerstag stand nämlich auch schon direkt das nächste Bundesliga-Spiel an. Und der Gegner war kein Geringerer als der THW Kiel. Rekordmeister und vierter Platz hin oder her, das würde so oder so ein schweres Spiel für uns werden - nicht zuletzt, weil die Wunderino-Arena die Heimmannschaft echt pushen konnte. Wir mussten uns warm anziehen, die Kieler hatten momentan echt einen Lauf, der nur schwer zu unterbrechen sein würde. Jede Minute des Trainings die nächsten paar Tage war also entscheidend.

Juri hustete einmal neben mir. Zu allem Übel hatte der Arme sich auch noch irgendetwas in Schweden eingefangen. Eigentlich hatte ich ihn dazu zwingen wollen, heute zu Hause zu bleiben, aber so stur, wie unser Spielmacher nun mal war, war er trotzdem mit mir mit nach Kronau gefahren. Immerhin hatte er sich vorher von mir dazu breitschlagen lassen, nach dem Training direkt zum Arzt zu gehen.

Gemeinsam stiegen wir aus meinem Auto aus und machten uns wortlos auf den Weg zum Trainingszentrum. Direkt im Gang vor der Halle standen bereits David und Lion und redeten laut. Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange und zwang mich dazu, freundlich zu sein. Es half niemandem etwas, wenn ich heute nur alle anmaulte, weil ich Kopfschmerzen hatte und keine Energie für irgendetwas aufbringen konnte.

Es musste aber für heute genügen, wenn ich mal nicht als der Sonnenschein auftrat, der ich sonst war. So lächelte ich die zwei nur müde an und wurde direkt mit einem "Alter, seht ihr scheiße aus" von David begrüßt. Ich seufzte und lächelte gezwungen. "Was, wie war das? Ich finde es schön, euch wiederzusehen, David? Ja, ich finde es auch schön, euch wiederzusehen, Möhre", zog ich ihn ein bisschen auf. Für eine intelligentere Retourkutsche fehlte mir die Kraft.

Lion lachte trotzdem leise auf und antwortete: "Sorry, man. Aber David hat recht, ihr seht echt nicht geil aus. Juri, bist du krank?" Juri, der direkt neben mir zum Stehen gekommen war, hatte gerade eben nämlich gehustet.

Mein bester Freund zuckte mit den Schultern und antwortete heiser: "Kein Plan. Ich geh nachher mal zum Arzt. Aber ich wollte das Training heute auf jeden Fall noch mitnehmen." Lion nickte verstehend und bedeutete uns mit einem Kopfnicken, dass wir als Gruppe reingehen sollten. So setzten wir uns gemeinsam in Bewegung und traten durch die Glastür in die Halle ein.

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt