61 - Verabschiedung - Liv

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- Donnerstag, 30.05.2024 - Let It Go/James Bay -

Mein Herz schmerzte stark. Der Tag der Verabschiedungen war gekommen. Alle Gefühle in meiner Seele waren übereinander geworfen und alles, was ich final aus meinen Emotionen herausziehen konnte, war der bittersüße Beigeschmack.

Es war mein letztes Heimspiel, das ich mitbegleiten durfte. Allein das war schon schwer genug zu verdauen. Gleichzeitig würde ich heute absolut doppelbelastet sein. Denn es war nicht nur mein letztes Heimspiel, es war auch das erste und somit einzige Heimspiel, dass ich ohne Cheffes Hilfe begleiten würde. Cheffe hatte heute Hochzeitstag und hatte mir, anstatt selbst da zu sein, nur einen Zettel hingelegt, worauf ich alles achten sollte heute.

Entsprechend nervös war ich auch. Ein Spiel mitzubegleiten war eine riesige Verantwortung und ich wollte dieser auch komplett nachkommen. Also würde ich heute viel Energie investieren, um möglichst viele möglichst gute Fotos zu schießen. Die Jungs und meine persönliche Verabschiedung von der Halle würde also erst an zweiter Stelle heute stehen.

Gleichzeitig war es ja auch das Verabschiedungsspiel für einige. Dieser Fakt war es auch, warum ich schon heute Morgen zwei Tempo-Packungen in meine Tasche geschmissen hatte. Es würde ein schwerer, emotionaler Abend werden. Ich und vor allem die Fans müssten sich von gefühlt der halben Mannschaft verabschieden. Da waren Tränen vorprogrammiert. Aber, wie Cheffe es so schön formuliert hatte: Tränen geben gute Motive ab. Also würde ich wahrscheinlich wirklich pausenlos hinter der Kamera hängen.

Ich lächelte Nick breit zu, aber trotzdem war diese Vorfreude in meinem Herzen gemischt mit Nostalgie und Nervosität. "Hey, Nick!" Der Mann, der sich neulich selbst als 'Mädchen für alles' bezeichnet hatte, erwiderte mein Grinsen und meinte neckend: "Na du? Ready für deinen Alleingang?" Ich lachte leise und schüttelte den Kopf. "Woher weißt denn du bitte davon?" Doch Nick hielt nur den Zeigefinger an die Lippen und erwiderte: "Pscht, das darf ich doch nicht erzählen. Ich darf doch meine Informanten nicht verraten."

Daraufhin lachte ich wirklich. "Okay, ich werde deine Informanten in Ehren halten. Was ich nicht alles für dich tu." Er lachte ebenfalls und spielte mit: "Hach, ich weiß doch, für mich würdest du alles tun." Ich schlug ihn daraufhin breit grinsend gegen die Schulter. Dann nickte ich auf seinen Laptop und er hob beschwichtigend die Hände. "Ja ja, ich mach ja schon. Warum so ungeduldig?" Ich seufzte leise und der Ernst kehrte wieder zurück. "Ich hab' ein bisschen Schiss vor heute. Ist einfach ein wichtiger Tag."

Nick grinste mich gequält an und sorgte dann dafür, dass der Drucker und Laminierer ansprangen und mir meinen Akkreditierungsausweis ausspuckte. "Verständlich", meinte er, während er mir den Ausweis lochte und an einem RNL-Schlüsselband befestigte. Dann seufzte er und reichte mir den Ausweis. "Dann ist das ja für dich auch das letzte Mal Akkreditierung, oder?"

Ich schluckte und nickte. "Ja, leider. Glaub mir, wenn ich könnte, würde ich das hier auf ewig machen." Er nickte und lächelte mich an. "Dann machen wir es doch so...", schlug er schließlich vor, "... wenn du das nächste Mal zu einem Spiel kommst, kommst du hier vorbei. Dann schau ich mal, ob ich dich nicht irgendwie hintenrum reinschleusen kann."

Geschockt huschte ein echtes Lächeln über meine Lippen. "Das würdest du für mich tun?", fragte ich ehrlich überrascht nach. Doch Nick nickte nur gelassen. "Klar doch. Ich mein, du kennst die Jungs doch eh gut. Ich kann ja einfach draufschreiben, dass Juri oder David dich eingeladen hat oder so." Mein Gesicht nahm einen leichten Rosaton an und ich nickte lächelnd. "Das wäre mega. Danke dir!" Er lachte leise und winkte nur ab. "Ach was. Aber dann auf, du hast immerhin noch einen Spieltag mitzubegleiten!"

Ein letztes Mal lächelte ich den jungen Mann dankbar an und winkte ihm noch ein letztes Mal, ehe ich durch die Tür in den Halleninnenraum trat.

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121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt