23 - Unschuld in Person - David

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- Samstag, 27.04.2024 - Toxic/Britney Spears -

Mal wieder war ich einfach neugierig und definitiv interessiert an der "Freundschaft", wie Juri das bezeichnete, was zwischen ihm und Liv da lief. Schon das ganze Training beobachtete ich die zwei, wie sie sich gegenseitig neckten oder Liv Juri zu persönlichen Höchstleistungen anstachelte. Liv war heute mit einer brandneu aussehenden Videokamera im Training aufgelaufen und Cheffe hatte sie einfach mal machen lassen, was ich so interpretierte, dass sie ihm von unserem Plan erzählt hatte.

Seit Beginn des Trainings war Juri tatsächlich immer mal wieder hinüber zu unserer Fotografin gelaufen und hatte mit ihr ein paar Worte gewechselt. Ich wusste zwar nicht, was genau die zwei miteinander besprachen, aber es hatte definitiv den Detektiv-Persönlichkeitszug in mir geweckt. Die zwei wirkten nach außen hin einfach wie Freunde, aber ich erkannte Juris Gesichtsausdruck, wenn es um sie ging. Da war definitiv noch etwas anderes in der Luft als pure Professionalität.

Aber ich wollte auch nicht so direkt sein und nachfragen. Er hatte es ja schon einmal abgestritten, überhaupt nur mit ihr geflirtet zu haben. Wenn ich da noch tiefer nachbohrte, wusste ich einfach instinktiv, dass er da komplett zu machen würde. Und da ich es nicht bis zu dem Punkt treiben wollte, dass er mir gar nichts mehr erzählte, musste ich wohl oder übel warten, bis er selbst mit der Wahrheit aus sich herauskam.

Gleichzeitig interessierte es mich auch immer mehr, wie Liv zu der ganzen Sache stand. Mir gefiel es sehr, wie leicht sie mit der ganzen Sache umging. Sie nahm Juri nicht zu ernst und hatte genau das Quäntchen Selbstbewusstsein und Dreistheit, dass man für Juri auch brauchte. Bei ihr konnte ich es mir sehr gut vorstellen, dass sie gerade wirklich versuchte, eine Freundschaft mit Juri und dem Rest von uns aufzubauen. Doch so gut kannte ich sie dann doch nicht, als dass ich das mit einer hundertprozentigen Sicherheit wusste, weshalb ich irgendwann nachfragen wollte.

Eigentlich hätte sich das ganze Thema damit gegessen, dass ich die zwei mal über eine längere Zeit beobachten konnte. Dann konnte ich vermutlich auch besser einschätzen, wie die zwei übereinander dachten, ohne, dass ich tatsächlich nachfragen musste. Und mit dieser Klarheit entwickelte sich wieder mal aufs Neue ein Plan in meinem Hinterkopf, der auch mit Leichtigkeit in die Tat umgesetzt werden konnte.

So joggte ich während einer kurzen Trinkpause hinüber zu Liv und fragte sie: "Hast du Lust, nachher mit uns Jungs eine Runde einen Kaffee trinken zu gehen? Wenn wir schon den ganzen Nachmittag freihaben..." Dabei setzte ich ein Lächeln auf, das mich laut Katja wie die 'Unschuld in Person' aussehen ließ.

Zu meinem Glück zuckte Liv nur mit den Schultern und antwortete: "Gerne! Ich hab' heute sonst sowieso nicht viel vor... Wenn ihr euch filmen lasst, umso besser." Sie setzte den letzten Teil noch hinzu und lachte leise. Ich nickte grinsend. Es war nur fair, dass für sie auch etwas aus dem Nachmittag heraussprang. Dann beobachtete ich, wie sie kurz hinüber zu Cheffe lief und ihm Bescheid gab, dass er nicht mit dem Zurückfahren nach Mannheim auf sie warten musste.

Danach machte ich mich schnurstracks auf den Weg zu Juri, der gerade mit Flipse sprach. Die zwei sahen mich bereits kommen und Flipse witzelte: "Na, du Garnele?" Ich verdrehte die Augen. Wir hatten gestern wieder eine doppelte Trainingseinheit gehabt, weshalb wir wie so oft Bowls zum Mittagessen gestellt bekamen. Ich hatte die Angewohnheit, mir immer die Bowl mit Garnelen auszusuchen, was mir unter anderem diesen Spitznamen eingebracht hatte und ein kleiner Insider unserer Gruppe war.

Ich grinste die zwei an und meinte betont gelangweilt: "Na, ihr Garnelen? Wilde Frage, aber habt ihr nachher noch Lust auf einen Kaffee? Katja hat noch Training und dann muss ich daheim nicht putzen." Beide erwiderten mein Grinsen und sagten nach meiner vorgeschobenen Halbwahrheit zu. Erleichtert verbreiterte sich mein Grinsen noch einmal und setzte hinzu: "Okay, dann würde ich sagen, wir fahren direkt nach dem Training nach Heidelberg?"

Flipse nickte und fragte nach: "Nimmst du mich dann mit? Dann lass ich mein Auto einfach hier stehen bis Montag." Ich bestätigte ihm die Anfrage und meinte betont gleichgültig: "Klar, kann ich machen. Achso, und Liv würde auch mitkommen. Ist das okay?" Mein Blick glitt zu Juri, dessen Gesichtsausdruck von verwirrt zu erfreut wechselte, auch wenn er es mit aller Kraft versuchte zu verbergen. Doch mich konnte er nicht so leicht durch eine aufgesetzte Maske täuschen, dafür kannte ich ihn schlichtweg zu gut.

Ich grinste verstohlen in mich hinein und auch Philipp hatte anscheinend Juris Gesichtsausdruck gelesen, weshalb er für sie beide antwortete: "Klar, gerne! Solange wir nicht wieder Mario Kart spielen, ist sie immer gern gesehen." Ich lachte über seinen Witz und zog ihn noch ein bisschen auf: "Ach, war sie etwa zu gut für dich? Na dann lad ich sie am besten mal zum Fifa ein, dann haben wir den Beweis dafür, dass du nicht nur gegen mich so schlecht bist."

Während Flipse protestierte, beobachtete ich im Augenwinkel immer noch Juri, der sich bislang noch nicht zur Tatsache geäußert hatte, dass Liv nachher mitkommen würde. Auch wenn sein Gesichtsausdruck wahrlich mehr gesagt hatte als tausend Worte, war mir trotzdem nicht ganz wohl dabei, dass er heute so schweigsam war. Ihn trieb irgendetwas herum und er wollte nicht erzählen, was es war. Aber mit ein bisschen Feinfühligkeit würde ich es schon noch aus ihm herausbekommen. Spätestens beim Kaffee nachher, so nahm ich mir vor, würde ich mal vorsichtig nachfragen.

Ich witzelte weiter mit Flipse, bis uns Sebastian für die nächste Einheit zu sich holte und meine Konzentration wieder voll auf das Training fokussiert war. So rückte auch die Vorfreude auf nachher und die Gespanntheit in den Hintergrund meiner Gedanken und verschmälerte sich zu Motivation und Antrieb, das Training so effektiv zu gestalten wie möglich. Ich sollte häufiger in anderer Leute Probleme und Sorgen eingreifen. Es machte zu viel Spaß, um es nicht zu tun. Und wenn dabei noch ein bisschen Entertainment für mich heraussprang, umso besser.


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Ein kurzes, knackiges Kapitel für euch! Ich liebe Davids Charakter einfach. Dieses unglaublich Verlässliche und gleichzeitig das Talent, so geschickt Fäden zu ziehen, hatte ich ursprünglich gar nicht für ihn vorgesehen. Eigentlich sollte er zu dem Golden Retriever-Charakter heranwachsen, der jetzt Flipse mehr oder weniger ist. Aber naja, das macht die ganze Charakterentwicklung ja auch zu einer so individuellen Thematik und bringt noch ein bisschen Spice in die ganze Sache, weshalb es auch eigentlich eine angenehme Entwicklung für mich ist.

Ich hoffe, es gefällt! Alles Liebe und bis morgen,

eure Ella <3


121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt